30. September 2022, 11:33 Uhr | Lesezeit: 11 Minuten
Google stellt seinen Cloud-Gaming-Dienst Stadia nach nur drei Jahren auf dem Markt komplett ein. Diesen und 13 weitere, kolossale Technik-Fails hat TECHBOOK für Sie zusammengetragen.
Ob zur falschen Zeit erschienen, von der Konkurrenz verdrängt oder schlichtweg einfach zu schwach – auch Tech-Giganten haben in ihrer Laufbahn mit ihren außergewöhnlichen Ideen das eine oder andere Mal daneben gegriffen. Einige technische Neuerungen wurden für ihr jeweiliges Unternehmen zum riesigen Flop. Hier sind die 14 größten Technik-Fails von Google, Microsoft, Apple, Nintendo und Co..
Übersicht
Google Stadia
Schon als Google Ende 2019 seinen Cloud-Gaming-Dienst Stadia gestartet hat, stellten sich viele die Frage: Warum? Anders als etwa Nvidias GeForce Now, Microsofts Xbox Cloud Gaming und Sonys PlayStation Now (jetzt PlayStation Plus) konnten Spieler nicht einfach die Games über die Cloud spielen, die sie eh schon besaßen. Sie mussten entweder alle Titel für Stadia neu kaufen oder für ein monatliches Abo bezahlen. Als gänzlich neue Plattform mussten Entwickler zudem ihre Spiele erst dafür optimieren. Das dauerte und das Angebot wuchs nur langsam.
Zwar war die technische Basis für den Cloud-Dienst durchaus solide. TECHBOOK konnte Stadia auf der Gamescom 2019 vor dem Launch testen – „Mortal Kombat X“ lief damals ohne Probleme und Verbindungsabbrüche. Das allerdings mit der stabilen Internetverbindung in den Messehallen. Viele Nutzer in Deutschland und anderswo auf der Welt haben einfach keinen ausreichend schnellen und verlässlichen Zugang zum Internet. Damit macht Game-Streaming durch die Cloud keinen Spaß.
Erste Anzeichen, dass Stadia den Weg von so vielen Google-Projekten geht, die auf das Abstellgleis geraten, gab es bereits Anfang 2021. In einem Post auf dem Keyword-Blog kündigte Google an, das eigene Stadia-Entwicklerteam SG&E einzustellen. Dadurch wurde das Tempo von neuen Spieleveröffentlichungen nur noch langsamer. Noch im Juli 2022 beteuerte Google auf Twitter, dass „Stadia nicht geschlossen wird“:
Mit dieser Beteuerung ist es allerdings nicht weit her. Denn nun hat Google auf seinen Blog angekündigt, Stadia bis zu Januar 2023 komplett herunterzufahren. Damit ereilt es das gleiche Schicksal wie etwa Hangouts, Play Music und Google+, die auf dem Google-Friedhof begraben sind. Immerhin versichert das Unternehmen, die Kosten für gekaufte Spiele, Erweiterungen, In-App-Käufe und Hardware in vollem Umfang zu erstatten.
Als Begründung für das Aus nennt Phil Harrison, Generaldirektor bei Google, die unerwartet niedrige Nachfrage für den Cloud-Gaming-Dienst. Wir glauben, dass Stadia einfach zu früh gestartet ist, denn erst jetzt nimmt die zukunftsweisende Technologie richtig Fahrt auf. Da wir aber Googles Angewohnheit kennen, früh neue Technologie zu adaptieren, nur um sie dann nach ein paar Jahren einzustellen, wundert uns gar nichts mehr. Ruhe in Frieden, Stadia, wir haben dich kaum gekannt.
Eyetop Wearable DVD Player
Dieses Gadget dürfte wohl zu den unpraktischsten der Technikgeschichte zählen: Die hässliche Plastikbrille ist mit einem niedrig aufgelösten Display ausgestattet und soll im Jahr 2004 den Genuss von DVDs auch unterwegs ermöglichen. Dafür müssen der DVD-Player und ein Akku selbstverständlich auch noch mitgeschleppt werden. Das kennen die Nutzer damals zwar schon vom Discman, was sie aber wahrscheinlich nicht kennen ist das Übelkeitsgefühl, das der Eyetop Wearable DVD Player verursachen soll.
Sony Betamax und Video 2000
Die Videoformate Sony Betamax Video 2000 müssen sich in den 70ern im Formatkrieg der Videorekorder dem Video Home System (VHS) von Hersteller JVC geschlagen geben. Während Sony Betamax genau wie VHS bereits 1975 (in den USA und Japan) auf den Markt kommt, gibt es Video 2000 erst ab 1979 in den Läden. Obwohl beide Systeme VHS technisch überlegen sind, schafft JVC es mit seinem Format den Markt zu beherrschen. Konkurrent Betamax wird der Rang abgelaufen, da JVC im Gegensatz zu Sony seine Technologie auch anderen Herstellern zugängig macht. Als Video 2000 auf den Markt kommt, hat VHS schon einen uneinholbaren Vorsprung. Nichtsdestotrotz hält sich Betamax noch über 10 Jahre auf dem Markt.
Samsung Galaxy Note 7
Mittlerweile hat Samsung die Krise ganz gut ausgesessen, aber 2016 brannte es förmlich in der Konzernzentrale in Seoul. Grund war das berühmt-berüchtigte Galaxy Note 7, das sich schon kurz nach dem Marktstart als buchstäbliche Zeitbombe enttarnte. Zwar bekam das Smartphone sehr gute Testnoten und war damals sicher eines der besten Geräte auf dem Markt, wären da nicht der Batteriedefekt gewesen, der dazu führte, dass die Galaxys überall auf der Welt reihenweise explodierten. Samsung versuchte, schnell Ersatzgeräte mit neuen Akkus zu fertigen und an Nutzer zu verteilen, diese gingen jedoch ebenfalls in Flammen auf. Das führte dazu, dass Note-7-Besitzer mit ihrem Smartphone keine Busse, Flugzeuge und Geschäfte mehr betreten durften. Insgesamt verursachte das Note 7 einen wirtschaftlichen Schaden in Höhe von 17 Milliarden US-Dollar für das Unternehmen. Samsung erholte sich jedoch schnell davon, denn das Note 8 und Note 9 verkauften sich besser denn je zuvor.
Apple Newton
Der Newton stammt aus einer Zeit, in der Tablets noch PDAs hießen und kleine Mini-Computer waren, mit denen man unterwegs auf Kalender, Adressen und Notizen zugreifen konnte – und in der Apple weit davon entfernt war, das wertvollste Unternehmen der Welt zu sein. Der 700 Dollar teure Newton erscheint ab 1993 fünf Jahre lang in verschiedenen Ausführungen, bis Steve Jobs das Gerät im Zuge seiner Umstrukturierung von Apple im Jahr 1998 einstampft. Hauptgrund für das Scheitern des Newtons ist neben seinem hohen Preis die miserable Handschriftenerkennung der ersten Modelle.
Google+
Als Google+ 2011 als Konkurrenz für Facebook an den Start ging, bekam es Mark Zuckerberg mit der Angst zu tun. Der Suchmaschinengigant hätte mit seinen Milliarden Nutzern weltweit als potentielle Mitglieder für ein soziales Netzwerk spielend Facebook ausstechen können. Anfänglich stiegen die Nutzerzahlen rasant an, mit hunderten Millionen Anmeldungen im ersten Jahr und über zwei Milliarden Nutzer im Jahr 2015. Diese Zahlen stellten sich jedoch als Farce heraus, da Google für die Nutzung seiner Dienste die Anmeldung bei Google+ voraussetzte. Tatsächlich aktiv waren nur ein paar Millionen Nutzer, die auch tatsächlich was auf dem sozialen Netzwerk posteten. Da diese Zahlen für ein soziales Netzwerk nicht der Rede wert sind, kündigte Google 2018 die Einstellung der öffentlichen Google+ Version an. Aufgrund eines 2018 entdeckten Datenlecks, das über 50 Millionen Nutzer betraf, wurde der Endtermin auf April 2019 vorgezogen. Nutzer können jedoch noch auf ihr altes Konto zugreifen und ihre Daten herunterladen.
Nintendo Virtual Boy
Ach Nintendo, wie hast du die Videospiel-Gemeinde mit deinen Konsolen geprägt. Ob NES, Super Nintendo oder N64, du hast die Gamer in den 90er-Jahren verwöhnt und ihnen die Mario-DNA eingepflanzt. Aber wo Licht ist, ist auch Schatten – ein kleiner Schatten, aber trotzdem ein Schatten. Nach lange bevor HTC und Oculus Virtual Reality salonfähig gemacht haben, lieferte Nintendo mit dem Virtual Boy im Jahr 1995 seinen größten Konsolenflop in Form einer VR-Brille ab. Nur in Japan und den USA erschienen, bringt es die „Tauchmaske“ gerade einmal auf 22 Spiele. Der angestrebte 3D-Effekt ist wenig spektakulär und die zweifarbigen Games mit grellem Rotstich sorgen höchstens für Kopfschmerzen, aber nicht für Spielspaß. Heutzutage ist der Virtual Boy zumindest bei Sammlern gefragt.
Microsoft Zune
Mit dem Zune lieferte Hersteller Microsoft zwar ein technisch einwandfreies Gerät ab – das aber keine Neuheiten bot. Der Zune ist 2006 Microsofts vergeblicher Versuch, Apples etablierten Verkaufsschlager iPod Konkurrenz zu machen. Zum Bedauern der Windows-Macher hat das Gerät aber kaum Argumente, die den Kauf rechtfertigen. Apple blieb im Mp3-Player-Geschäft König und Microsoft zog sich still und leise wieder zurück.
HD-DVD
Das Schicksal des Sony Betamax ereilt gut 30 Jahre später auch die HD-DVD. Im zweiten großen Formatkrieg duellieren sich die Disks im Jahr 2006 mit der Blu-ray um die Nachfolge der DVD. Microsofts Spielekonsole Xbox 360 bietet damals ein externes HD-DVD-Laufwerk an, Sonys Playstation 3 verfügt über einen eingebauten Blu-ray-Player. Die Japaner behalten die Oberhand und verhelfen der Blu-ray zum Sieg. Spätestens als Warner Bros. der HD-DVD im Jahr 2008 den Rücken kehrt, gehört das Format der Vergangenheit an.
„E.T. the Extra-Terrestrial“-Videospiel
Schon 1982 gab es das passende Videospiel zum Film – allerdings in 8-Bit-Grafik und für den Atari 2600. Atari-Entwickler Warshaw hatte großes vor mit der Adaption des berühmten E.T.-Films, die Lizenzierungsgespräche zogen sich jedoch so lange, dass am Ende nur noch fünfeinhalb Wochen Zeit waren, das Spiel bis zur Weihnachtsverkaufssaison auf den Markt zu bringen.
Die Folge war einer der größten Flops, den die Videospielindustrie jemals gesehen hat, mit einer negativen Rezension nach der anderen. Die finanziellen Auswirkungen haben Atari hart getroffen und der Crash der Videospielindustrie im Jahr 1983 ist zu einem nicht unerheblichen Teil auf E.T. zurückzuführen. 1983 kamen Berichte auf, dass Atari aufgrund von Überproduktion und Retouren tausend Kopien des Spiels in der Wüste in New Mexico vergraben habe, was sich lange als urbane Legende hielt. 2014 entdeckten beauftragte Ausgräber in einer Mülldeponie in Alamogordo, New Mexico unter einer Betonschicht begraben mehrere Videospielkassetten – darunter auch E.T. James Heller, der Atari-Manager, der für das Vergraben verantwortlich war, bestätigte daraufhin, dass ganze 728.000 Kassetten dort entsorgt wurden – wow.
iSmell
Mit Apple hat diese schräge Erfindung nichts gemeinsam: Der iSmell stammt definitiv aus dem Kuriositäten-Kabinett der Technikerfindungen. Über die Prototypenphase nie hinaus gekommen, will der iSmell kurz nach der Jahrtausendwende Gerüche an die Rechner bringen. Das USB-Gadget besitzt eine Kartusche mit über 200 Geruchsstoffen, die in verschiedensten Kombinationen freigesetzt werden sollen, um Düfte zu imitieren. So sollte einer Email beispielsweise ein Parfümsample beigelegt werden können. Das System funktioniert überraschenderweise sogar! Das Problem: Der iSmell löste kein wirkliches Problem und interessierte deshalb kaum jemanden.
Amazon Fire Phone
Auch Versandriese Amazon findet seinen Platz auf dieser Liste: Im Jahr 2014 scheiterte das Unternehmen von Jeff Bezos am Versuch, sich am Smartphone-Markt zu etablieren. Nur 13 Monate dauert die Vertriebszeit des Smartphones, das keiner will. Die integrierte Foto-Software, die Gegenstände erkennt und direkt zum Kauf bei Amazon anbietet, kommt einfach zu früh, um wirklich als Feature ernst genommen zu werden. Außerdem war Amazons Kalkül, dass Nutzer mit dem Smartphone noch mehr beim Online-Riesen einkaufen sollen, zu offensichtlich. Amazon konzentriert sich hardwareseitig seitdem auf das Fire TV, das Tablet Fire HD und Amazon Echo.
Sehen Sie sich auch unsere Reportage an. TECHBOOK war in einem riesigen Amazon-Lager:
Disneys „The Lion King“-CD-ROM
Die Geschichte um das Computerspiel „König der Löwen“ aus dem Jahr 1994 ist mehr als kurios. Ausgerechnet zur beschaulichen Zeit im Jahr 1994 liegt das virtuelle Abenteuer um den jungen Löwen Simba unter den Weihnachtsbäumen der Amerikaner. Kurz zuvor veröffentlicht Computerhersteller Compaq seinen PC namens Presario. Das Spiel benötigt die damals neue Windows-Grafikengine WinG – die Treiber des Presario sind aber noch nicht dafür ausgelegt. Das Ergebnis ist katastrophal: Wer die „Der König der Löwen“-CD-ROM in den PC einlegt und startet, sieht nur noch einen blauen Bildschirm und hat sich erst mal den Rechner ruiniert.
Rückblick So oft hat Microsoft schon Apple kopiert
Wahre Ladenhüter Die 5 größten Flops in der Geschichte von Nintendo
Cloud-Gaming-Services Amazon oder Google – wo liegt die Zukunft des Gamings?
Windows 10 Mobile
Mit der Smartphone-Version von Windows 10 wollte Microsoft den Markt von hinten aufrollen. 2015 wurde das Betriebssystem als Nachfolger von Windows Phone 8.1 eingeführt und gegen Android und iOS ins Rennen geschickt. Ob die Integration mit dem Windows-OS für den Rechner ihrer Zeit voraus und die Oberfläche flüssig und schnell war, wollte Windows 10 Mobile nicht so richtig in Fahrt kommen. Das lag vor allem an fehlenden Funktionen, die Microsoft nur schleppend nachreichte und einer sehr begrenzten App-Auswahl im Microsoft Store. Das OS hat 2017 sein letztes großes Update bekommen und wird seitdem praktisch nur noch mit Sicherheitspatches versorgt. Viele App-Entwickler wie etwa WhatsApp unterstützen jedoch jetzt schon nicht mehr Windows 10 Mobile. Ende 2019 beendet Microsoft den Support dann endgültig.