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Neue Smartphones vorgestellt! Ist Huawei wieder so gut wie früher?

Huawei bringt das Nova 9 nach Europa
Huawei bringt das Nova 9 nach Europa Foto: TECHBOOK
Adrian Mühlroth
Redakteur

25.10.2021, 07:57 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten

Auf seinem Oktober-Event hat Huawei Smartphones und Smartwatches für Europa angekündigt. TECHBOOK erklärt, ob sich das chinesische Unternehmen damit hierzulande wieder behaupten kann.

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Es ist weiterhin auf der sogenannten „Entity List“ der Unternehmen, die vom Handel mit den USA ausgeschlossen sind. Trotzdem bringt Huawei nun zwei neue Smartphones nach Deutschland, darunter das Nova 9. Kann es dabei helfen, den europäischen Markt zurückzuerobern.

Guter Bildschirm, optisch ansprechendes Äußeres

Von außen sieht das Nova wie viele High-End-Android-Smartphones aus. Zum Rand gewölbtes Glas an Vorder- und Rückseite, dünne Displayränder und Punch-Hole-Kamera im Bildschirm. Das um die Kante gebogene „Waterfall“-Display macht zwar optisch was her, ist aber in der Nutzung eher unpraktisch. Nicht nur, weil Text dadurch nicht gut lesbar ist, sondern auch weil Fehleingaben mit der Handfläche keine Seltenheit sind. Das Smartphone ist mit 175 Gramm Gewicht und 7,77 Millimetern Dicke relativ leicht und flach. Obwohl die Rückseite als Glas ist, fühlt sie sich durch die stark mattierte Oberfläche und das geringe Gewicht eher nach Plastik an. Das Gehäuse hat – entgegen dem Industrie-Trend – keinerlei IP-Rating zum Schutz vor Staub und Wasser.

Der Bildschirm misst 6,57 Zoll in der Diagonale und hat Full-HD+-Auflösung (1080 x 2340 Pixel). Das OLED-Panel unterstützt HDR10 für kontrastreiche und helle Bilder. Außerdem hat es eine Bildwiederholrate von 120 Hertz, wodurch es Scrollen, Animationen und Spiele besonders flüssig darstellt. Das Display hat eine Always-on-Funktion.

Das Nova 9 macht optisch was her
Das Huawei Nova 9 macht optisch was her Foto: TECHBOOK

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Immer noch ohne Google-Apps

Auf dem Nova 9 sind einige Huawei-Apps vorinstalliert, die die nicht vorhandenen Google-Apps ersetzen sollen. Darunter etwa die AppGallery anstelle des Play Stores, Petal Maps anstelle von Google Maps, Petal Search anstelle von Google-Suche, usw. Daneben sind auch einige Apps von Microsoft und Snapchat bereits auf dem Smartphone installiert. Hinzu kommen noch mehrere Ordner wie „Unterhaltung“, „Social“ und „Spiele“, die zwar keine Apps, dafür aber Shortcuts zur Installation der Apps enthalten. Insgesamt wirkt das Nova 9 dadurch recht überladen, die sogenannte „Bloatware“ bringt für die meisten Nutzer zudem keinen Mehrwert.

Das Smartphone läuft mit EMUI 12 auf Basis von Android 11. Huawei möchte in Deutschland weiterhin auf die EMUI-Oberfläche setzen, obwohl auf dem heimischen Markt in China immer mehr Nutzer auf HarmonyOS wechseln. Das Unternehmen gab bei der Vorstellung des Nova 9 jedoch zu verstehen, dass EMUI besser für europäische Nutzer geeignet sei. HarmonyOS sei vor allem für die Nutzung von mehreren Huawei-Geräten praktisch.

App-Suche birgt Risiken

Diejenigen, die bereits Android nutzen, sollten schnell mit EMUI 12 zurecht kommen. Die Menüführung und Systemlogik weichen kaum von anderen Android-Smartphones ab. Allerdings müssen sich Nutzer mit den Huawei Mobile Services (HMS Core) vertraut machen, die anstelle der Google Play Services Funktionen wie Synchronisation, Updates und sonstige Dienste übernehmen. Für die Nutzung ist analog einem Google-Konto eine Huawei-ID erforderlich. Umstellen muss man sich auch auf die AppGallery zur Installation von Apps. Nicht nur sind die bekannten Google-Apps dort nicht zu finden. Auch viele andere Apps, die es im Play Store gibt, sind dort nicht verfügbar. Generell gestaltet sich die Suche nach Apps ziemlich unübersichtlich. Denn nicht nur in der AppGallery, sondern auch bei Petal Search soll man nach Apps suchen können. Denn viele Apps sind nicht in der AppGallery verfügbar, dafür aber auf Internetseiten wie „Apkpure“. Petal Search verweist auf solche Seiten etwa für Apps wie Instagram. Die Installation von solchen Seiten ist zwar an sich in Ordnung. Sie birgt jedoch potenziell Gefahren, da sie leichtere Angriffsflächen für Phishing-Betrüger darstellen. Huawei gibt deshalb explizit den Hinweis „AppGallery ist nicht für Drittanbieterinhalte verantwortlich“. Nicht gerade ein Vertrauenszeichen für Nutzer, die ihre Lieblings-Apps installieren möchten.

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Mittelklasse-Technik ohne 5G

Im Huawei Nova 9 steckt ein Snapdragon 778G System-on-a-Chip (SoC) von Qualcomm. Das SoC ist nicht 5G-fähig, da Huawei nur 4G-fähige Produkte von US-Herstellern kaufen darf. Immerhin ist der Chip relativ leistungsfähig, mit vier hoch getakteten CPU Kernen und vier energieeffizienten kernen. Eine Qualcomm Adreno 642L sorgt für die Grafikleistung, die für Mobile Gaming nötig ist. Das Smartphone kommt mit acht Gigabyte RAM und entweder 128 GB oder 256 GB Speicher.

Huawei hat ursprünglich seine eigenen Smartphones-Chips entworfen. Durch den Handelskonflikt mit den USA hat es jedoch den Zugriff auf die Halbleiterhersteller verloren. Seitdem hat das Unternehmen nur noch Zugriff auf begrenzte Stückzahlen seiner eigenen Produkte. Ein Schlupfloch in den US-Handelsrestriktionen erlaubt Huawei jedoch, beim amerikanischen Hersteller Qualcomm einzukaufen. Denn verboten ist nur der Kauf von 5G-fähigen Chips. Zwar unterstützen praktische alle High-End- und Mittelklasse-Modelle mittlerweile den Funkstandard. Aber Huawei hat es geschafft, sie von Qualcomm mit 4G-Fähigkeit zu bekommen. So hat etwa das aktuelle Flaggschiff-Smartphone P50 Pro einen Qualcomm Snapdragon 888 ohne 5G.

 Huawei Nova 9
Display6,57 Zoll, OLED, 120 Hz, HDR10
Auflösung1080 x 2340 Pixel, 392 PPI
SoCQualcomm Snapdragon 778G 4G (6 nm)
Octa-Core (4 x 2,4 GHz Kryo 670 + 4 x 1,8 GHz Kryo 670)
Adreno 642L
Speicher8 GB RAM
128 GB, 256 GB internet Speicher
Hauptkamera50 MP (Weitwinkel), f/1.9, 23 mm, PDAF
8 MP (Ultraweitwinkel), f/2.2
2 MP (Tiefensensor), f/2.4
2 MP (Makro), f/2.4
Frontkamera32 MP, f/2.0
Akku4300 mAh
Schnellladen mit 66 Watt, in 38 Minuten auf 100 Prozent
SoftwareAndroid 11 mit EMUI 12
KonnektivitätWi-Fi 802.11 a/b/g/n/a/6
4G LTE
Bluetooth 5.2
GPS
USB-C (USB 2.0)
Abmessungen160 x 73.7 x 7.77 mm
175 Gramm
FarbenBlau, Schwarz
Preise128 GB für 499 Euro

Quad-Kamera und großer Akku

Die Kamera besteht aus vier Sensoren, die Huawei als „Quad AI Camera“ bezeichnet. Der relativ große 1/1,56-Zoll-Hauptsensor hat eine Auflösung von 50 Megapixel und f/1.9 Blende. Unter der Hauptkamera sitzen außerdem eine 8-Megapixel-Ultraweit-Kamera, eine 2-Megapixel-Makrokamera und eine 2-Megapixel-Tiefenkamera. Keine der Kameras kommt mit optischer Bildstabilisierung (OIS). In einer kreisrunden Aussparung im Bildschirm sitzt zudem eine 32-Megapixel-Selfie-Cam. Sowohl Haupt- als auch Selfie-Kamera unterstützen 4K-Videoaufnahmen mit 30 Bildern pro Sekunde (FPS).

Die Quad-Kamera im Huawei Nova 9
Die Quad-Kamera im Huawei Nova 9 Foto: TECHBOOK

Das Nova 9 hat eine 4300 Milliamperestunden (mAh) große Batterie. Laut Huawei kann das Smartphone innerhalb von 38 Minuten voll aufladen. Ein entsprechendes 66-Watt-Ladegerät ist erfreulicherweise im Lieferumfang enthalten. Kabelloses Laden unterstützt das Smartphone nicht.

Der Fingerabdrucksensor ist wie bei vielen Android-Smartphones unter dem Bildschirm versteckt. Bei unserem Testgerät hat das Entsperren schnell und zuverlässig geklappt. Allerdings hätten wir uns eine Entsperr-Bestätigung in Form einer Vibration gewünscht.

Aus einem unerfindlichen Grund hat Huawei nur einen Lautsprecher im Nova 9 verbaut. Während mittlerweile sogar Budget-Smartphones Stereo-Lautsprecher haben, fehlt dieses Feature hier komplett. Zur Videowiedergabe ohne Kopfhörer ist das Nova 9 deshalb nicht wirklich zu empfehlen. Immerhin unterstützt das Smartphone den aktuellen Bluetooth-Standard 5.2. Außerdem sind Wifi 6 und NFC mit an Bord.

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Das chinesische Unternehmen war in Deutschland und Europa generell auf dem Vormarsch. Mit den hervorragenden Geräten der Mate- und P-Reihe konnte Huawei von 7 Prozent Markanteil im Jahr 2017 auf 17 Prozent im Jahr 2020 aufsteigen. Gelobt wurden die Geräte vor allem für die gute Leistung der von Huawei selbst entworfenen Chips und die hervorragenden Kameras.

Auswirkungen der Handelsbeschränkungen

Der Handelskonflikt mit den USA hat dem Hersteller aber schwer zugesetzt. Mitte 2020 konnte Huawei 20 Prozent des weltweiten Smartphone-Markts für sich beanspruchen. Schon Ende 2020 waren es nur noch knapp 8 Prozent. In der aktuellen Statistik ist der Hersteller lediglich unter der Angabe „Weitere“ zu finden. Der Hauptgrund dafür ist sicherlich, dass die Smartphones nicht mehr mit Google-Software kommen. Wer ein Android-Smartphone kauft, tut das in der Mehrheit der Fälle, um auf Google-Apps wie Gmail, Maps und den Play Store für noch mehr Apps und Spiele zuzugreifen. Das können Huawei-Smartphones nicht mehr bieten.

Außerdem kann das Unternehmen nicht mehr so viele Smartphones anbieten wie zu seinen Bestzeiten. Da ihm der Zugriff auf 5G-fähige Chips fehlt und es keine eigenen Chips mehr fertigen lassen kann, muss sich Huawei auf ausgewählte Geräte konzentrieren. Deshalb ist unter anderem das aktuelle Flaggschiff P50 nur in China, nicht aber in Europa verfügbar.

Huawei muss mehr tun, um Käufer zu überzeugen

Das Nova 9 soll zeigen, dass das Unternehmen dem europäischen Markt trotzdem nicht den Rücken kehren möchte. Es soll durch Premium-Optik und guten Bildschirm zum Kauf überzeugen. Tatsächlich macht das Äußere was her, mit 120-Hertz- und HDR10-Technik im Display, sowie Glas an Vorder- und Rückseite. Im Inneren fällt das Nova 9 allerdings auseinander. Es fehlen 5G, kabelloses Laden, Stereo-Lautsprecher, OIS und andere Dinge, die wir von einem Mittelklasse-Smartphone mittlerweile erwarten.

Und auch wenn die neue EMUI-12-Oberfläche auf dem noch aktuellen Android 11 basiert, merkt man dem Nova 9 sofort an, dass die stabile Grundlage der Google-Dienste fehlt. Einiges kann man durch Apps aus der AppGallery ersetzen, die tiefe Integration in das System fehlt jedoch. Außerdem ist es wenig erfreulich, dass so viele unnötige Apps und App-Vorschläge vorinstalliert sind. Für Käufer hat das keinen Mehrwert und hinterlässt den faden Beigeschmack, dass Huawei für die prominente Platzierung ein wenig Geld nebenbei kassiert.

Huawei setzt immer noch den Fokus auf die Kamera und verbaut deshalb gleich vier Sensoren. Allerdings sieht die Quad-Cam nur auf dem Papier wirklich gut aus. Dem Hauptsensor fehlt OIS und die beiden 2-Megapixel-Sensoren für Tiefenerkennung und Makro sind wie so oft in günstigeren Smartphones kaum brauchbar. Immerhin ist der Hauptsensor relativ groß und kann dadurch mehr Licht einfangen. Ingesamt reicht es aber nicht aus, um die Kamera wirklich besonders zu machen.

Insgesamt ist das Nova 9 ein ehrenhafter Versuch von Huawei, sein Smartphone-Geschäft in Europa wieder zu befeuern. Es machen sich jedoch zu viele Unzulänglichkeiten bemerkbar – ein Folge der Schwierigkeiten, die das Unternehmen bei der Fertigung hat. Für den Preis von 499 Euro gibt es schlichtweg zu viele großartige Alternativen. Google Pixel 5a 5G, Samsung Galaxy A52 5G, OnePlus Nord 2, iPhone SE (2020) und sogar iPhone 11 liefern allesamt mehr Leistung für das Geld oder sind deutlich günstiger.

Themen Huawei
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