2. Oktober 2024, 18:00 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Mit der Pico 4 Ultra bringt der Hersteller ein VR-Headset, das es mit der namhaften Konkurrenz von Meta aufnehmen soll. Das gelingt auch – allerdings nur bedingt. TECHBOOK hat das Gerät getestet.
Meta ist auf dem VR-Markt ganz klar der Platzhirsch. Das begrenzt für die einen die Auswahl angenehm, aber bekanntlich ist Konkurrenz am Ende auch nichts Schlechtes. Daran nimmt sich Pico ein Beispiel und versucht ein ums andere Mal, den Branchenprimus anzugreifen. Der aktuelle Versuch heißt Pico 4 Ultra und kann tatsächlich einiges. Aber reicht das am Ende auch?
Pico als Alternative zu Meta?
Wichtig für die Transparenz: Hinter Pico steht der chinesische Bytedance-Konzern, dem beispielsweise auch TikTok anteilig gehört. Zuletzt sind sowohl die Videoplattform als auch Bytedance in die Kritik geraten. Die EU stufte Bytedance als sogenannten Gatekeeper ein, denen laut Gesetzgebung aufgrund ihrer Marktmacht eine besondere Rolle zukommt, die deshalb aber auch besondere Regularien erfüllen müssen. Dagegen ging Bytedance erfolglos vor. Zusätzlich gibt es immer wieder Konflikte mit den USA; deren Regierung forderte gar einen Verkauf an ein US-amerikanisches Unternehmen, andererseits würde man die App in den Staaten verbieten. Der Hintergrund ist, dass die USA Bedenken äußerten, China könne über die Plattform an Nutzerdaten gelangen und politischen Einfluss nehmen.
Das alles betrifft Pico nur indirekt, ist aber für den wirtschaftlichen Kontext wichtig. Im großen chinesischen Markt ist Pico nämlich mit etwas über 50 Prozent führend, wohingegen das US-amerikanische Unternehmen Meta die meisten anderen Märkte dominiert. Bereits 2022 wollte man mit der Pico 4 eine Alternative zur Meta Quest 2 bieten – mit überschaubarem Erfolg, zumindest außerhalb von China. Die Pico 4 Ultra soll es nun besser machen. Dabei sticht vor allem eine Sache hervor: das Motion Tracking.
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Motion Tracking und Tragekomfort
Dem VR-Headset liegen nämlich, neben den Controllern, auch elastische Bänder mit einem Tracker für die Beine bei. Beides wiegt nicht viel und behinderte die Bewegung im Test überhaupt nicht. Die Kopplung erfolgt via App. Gerade für Spiele, in denen es auf die Bewegung ankommt, ist das ein echter Pluspunkt. Damit schafft Pico für seine 4 Ultra tatsächlich eine sinnvolle Erweiterung.
Ansonsten bietet das Headset selbst beim Tragen einen guten Komfort und drückt auch Brillenträgern nicht unangenehm auf die Seiten. An dieser Stelle muss aber unbedingt erwähnt werden, dass gerade das Tragegefühl bei VR-Headsets natürlich sehr subjektiv ist. Die Kopfgröße des insgesamt sehr stabilen Kunsttoffrings kann man über ein Drehrad einstellen. Für den besseren Sitz ist oben noch ein elastisches Band mit Klettverschluss angebracht.
Technische Specs der Pico 4 Ultra
Ansonsten bietet die Pico 4 Ultra eine Auflösung von 2.160 x 2.160 und somit sehr ähnliche Werte wie die Meta Quest 3. Im Gegensatz zu beispielsweise Valve setzt man nicht auf Fresnel-, sondern auf Pancake-Linsen. Der Vorteil: das Headset ist kleiner und leichter. Das ist nicht nur angenehmer, sondern verbessert auch das VR-Erlebnis, weil ein deutlich geringeres Gewicht auf dem Kopf lastet. Das hat der Test der Pico 4 Ultra einmal mehr bestätigt.
Einige Abstriche muss man dafür bei der Edge-to-Edge-Clarity machen. Das Bild an sich ist gut und scharf bei dem Pico-Gerät. An den Rändern wirkte es allerdings mitunter verzerrt. Das bedeutet in der Praxis, dass man den Kopf mehr bewegen muss, um die Ränder auszuloten. Bei Spielen hat das eher weniger gestört, bei Office-Anwendungen schon eher.
Wie die meisten anderen VR-Headsets kommt auch die Pico 4 Ultra mit einem Passthrough-Modus. Mit diesem kann man per Kamera auch die Umgebung sehen. Beim Pico-Headset kommen dabei zwei Kameras mit je 8 MP zum Einsatz. Bei uns im Test war das Ergebnis bis auf vereinzelte Wölbungen, die durchaus üblich sind, einwandfrei. Ein echtes Plus war dabei die gute Kombinierbarkeit. So konnte man auch im Passthrough-Modus problemlos Mixed-Reality-Anwendungen nutzen.
Die Pico 4 Ultra bietet einen internen Speicher von 256 GB und ganze 12 GB RAM. Beim Chip kommt im Übrigen der gleiche zum Einsatz, wie auch in der Quest 3: der Snapdragon XR2 Gen 2. Dafür ist die Refresh-Rate mit 90 Hz etwas geringer als die 120 Hz von Meta. Der Akku wird per USB-C aufgeladen und hielt im Test ordentlich durch, wobei die Laufzeit natürlich stark von den Tätigkeiten abhängt. Zweieinhalb bis drei Stunden bei moderater Nutzung waren aber durchaus möglich. Ein weiteres Plus des USB-C-Anschlusses: wie auch bei der Meta Quest 3 kann man die Pico 4 Ultra mit dem PC verbinden. Das dürfte vor allem Fans von VR-Spielen interessieren.
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Lohnt sich die Pico 4 Ultra?
Apropos Meta: Was die Bedienoberfläche und die generelle Nutzbarkeit angeht, hat man sich scheinbar ein Beispiel an dem US-amerikanischen Konkurrenten genommen. So dürften sich Umsteiger gut zurechtfinden. Allerdings wirkt die Software in Gänze noch etwas unfertiger als die von Meta. Das liegt auch daran, dass Picos Betriebssystem auf den chinesischen Markt ausgelegt ist – auch sprachlich. Es kam immer wieder vor, dass einzelne Elemente auf Chinesisch abgebildet wurden. Das waren allerdings Einzelfälle.
Ansonsten hat Pico seinen App-Store ordentlich aufgefüllt. Zwar kann das Angebot natürlich nicht mit dem von Meta mithalten. Die Auswahl ist aber ordentlich und bietet alles Wesentliche. Die Pico 4 Ultra liegt preislich zum Start bei 599 Euro und somit auch im Vergleich absolut im Rahmen.
Insgesamt bietet die Pico 4 Ultra im Test ein rundes Ergebnis mit kleineren Abstrichen, vor allem was die Edge-to-Edge-Clarity und das OS angeht. Dafür punkten der Passthrough-Modus, der Akku und auch technische Details wie die Verfügbarkeit von WiFi 7.