Erst vor wenigen Tagen präsentierte der erfolgsverwöhnte Internetgigant Google neue Hard- und Software. Doch echte Produktinnovationen waren nicht zu sehen. Und auch über die lang erwartete Google Glass 2 hat man kein Wort verloren. Wurde das Projekt jetzt doch klammheimlich beerdigt?
Als Google Glass Mitte 2012 vorgestellt wurde, war der Hype um sie groß. Viele haben in ihr das „Next Big Thing“ gesehen und sie als erste bedeutende Innovation nach dem iPhone und iPad eingestuft. Plötzlich galt Apple als entzaubert, während Google als neuer Innovationsführer angesehen wurde.
Prinzipiell war das Datenbrillen-Konzept vielversprechend: Über ein kleines Display an einem brillenähnlichen Rahmen wurden dem Nutzer Informationen direkt im Sichtfeld eingeblendet. Anders als bei Smartphones konnte man auf das Internet und Applikationen zugreifen, während die Hände für andere Dinge frei blieben. Schnell wurde die Arbeitswelt als eines der größten Potenziale für die Datenbrille identifiziert. So könnten Techniker beispielsweise Wartungs- und Reparaturanleitungen einblenden lassen und gleichzeitig die Arbeit ausführen.
Im privaten Bereich sollte die Brille vor allem von dem nervigen Blick auf das Smartphone befreien und einen besseren Bedienkomfort bieten. So konnte man sich beispielsweise Wetter-, Navigations- oder Ortsdaten problemlos als Zusatzinformationen anzeigen lassen – was auch als erweiterte Realität oder auch Augmented Reality (AR) bezeichnet wird.
Das Datenschutzproblem der Google-Brille
Doch Google Glass wurde schon bald kontrovers diskutiert – vor allem die Gesichtserkennungs-Software. Denn über die eingebaute Kamera könnten Menschen gescannt und kategorisiert werden, befürchteten Datenschützer.
Besonders die Polizei hätte durch das Identifizieren von Verdächtigen aus Fahndungslisten zwar profitieren können, doch die Kamera- und die damit verbundene Aufnahmemöglichkeit von Bild und Ton war und ist vielen Menschen suspekt, denn so kann praktisch jeder im öffentlichen Raum unbemerkt von einem Google-Glass-Nutzer aufgenommen werden.
All die Experten-Kritik und die öffentlichen Befürchtungen scheinen Google den Wind aus den Flügeln genommen zu haben, denn die Lebensspanne des ersten Google Glass war überschaubar. Von April 2014 bis Januar 2015 war die Datenbrille über das Google-Beta-Programm lediglich in den USA in einer begrenzten Anzahl erhältlich. Offiziell in den Handel schaffte es die Brille nie. Schließlich bezeichnete sie der damalige Google-Finanzvorstand Patrick Pichette kurz nach dem Aus als einen Flop.
Wie geht es weiter mit der Google Glass?
Doch vom Ende der Google Glass war noch lange nicht die Rede. Stattdessen sollte nach dem Verkaufstopp Anfang 2015 die Datenbrille unter der Führung vom iPhone-Erfinder Tony Fadell weiterentwickelt werden. Besonders erfolgreich scheint auch er nicht gewesen zu sein, denn er verließ den Konzern im Juni 2016.
Den letzten Hoffnungsschimmer gab es Ende Dezember 2015. Damals tauchten zum ersten Mal „echte“ Produktfotos von dem Nachfolger, der sogenannten „Enterprise Edition“, auf – veröffentlicht von der US-amerikanischen Telekommunikationsaufsicht FCC (Federal Communications Commission). Das Besondere an den Fotos war ein klappbares Gestell sowie ein deutlich größeres Display. Gerüchten zufolge sollte sie stabiler gebaut sein, über schnelles WLAN sowie einen Intel-Atom-Prozessor verfügen, sich dadurch weniger aufheizen und länger bei der Akkuleistung durchhalten.
Wie die Bezeichnung Enterprise Edition schon vermuten lässt, setzt Google auf den zukünftigen Einsatz der Datenbrille im Business-Bereich. Doch bis jetzt ist daraus nichts geworden und der Internetriese verliert kein Wort mehr über das Projekt.