16. Mai 2018, 11:10 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Nach dem Urteil des EUGH im April fragen sich viele Nutzer: Was darf ich eigentlich noch streamen – und was nicht? TECHBOOK erklärt die rechtliche Lage beim Streaming, Geoblocking oder P2P.
Es ist eine gute Zeit, um Serienjunkie oder Filmfreund zu sein: Bei allen Anbietern locken exklusive Eigenproduktionen, großartige Lizenzen und vieles mehr. Aber wie viele Streaming-Dienste kann ein einzelner Mensch eigentlich gebrauchen und bezahlen? Zum Glück gibt es im Netz ja so ziemlich alles auch gratis – aber was ist erlaubt und was nicht? Wir erklären die aktuelle Rechtslage.
P2P: Oft ein teurer Spaß
Über Programme wie BitTorrent lässt sich so ziemlich jeder Film und jede Serie innerhalb kürzester Zeit aus dem Netz beziehen. Viele Fußball-Fans setzen statt eines Sky-Abos inzwischen auf Programme wie Sopcast oder den TVU-Player. Hier werden die Live-Übertragungen der Bundesliga-Spiele kostenlos von russischen oder chinesischen Seiten gestreamt.
Das vermeintliche Gratis-Vergnügen kann allerdings schnell zum teuren Spaß werden, denn bei BitTorrent, Sopcast und ähnlichen Programmen handelt es sich um sogenannte Peer-to-Peer-Software (P2P). Das heißt: Wer eine Übertragung empfängt, bietet sie zumindest in Teilen auch anderen Nutzern im Netzwerk an. Jeder Nutzer wird so gleichzeitig zum Anbieter – und beteiligt sich so an der illegalen Verbreitung urheberrechtlich geschützten Materials. Hier drohen hohe Bußgelder! Ein Abo bei einem kostenpflichtigen Streaming-Dienst kommt da vermutlich doch günstiger.
Illegale Streams: Raus aus der Grauzone
Aber wie sieht es aus, wenn ich einen Stream nur empfange, ohne selbst Daten herunterzuladen oder anzubieten? Auf Webseiten wie Kinox oder BS gibt es aktuelle Kino-Hits und Serien-Highlights im Stream zu sehen. Dass diese Portale widerrechtlich handeln, steht außer Frage. Dennoch galt die Nutzung noch bis vor kurzem als rechtliche Grauzone.
Zwar werden auch beim Streamen kurzzeitig Datenpakete auf dem eigenen Gerät zwischengespeichert, die so entstehenden „flüchtigen Kopien“ genügten den Gerichten aber nicht, um eine Urheberrechtsverletzung auf Seiten der Nutzer festzustellen. Daher gingen die Rechteinhaber in der Vergangenheit vor allem gegen die Betreiber der illegalen Portale vor.
Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 26. April 2017 könnte dies zukünftig aber ändern: Das Gericht vertritt hier die Auffassung, dass die Nutzung eines offensichtlich rechtswidrigen Streams eine illegale Handlung darstellt. Was „offensichtlich rechtswidrig“ ist, bleibt Auslegungssache – wer allerdings die neuesten Blockbuster gratis auf dem heimischen Rechner ansieht, dürfte es im Ernstfall schwer haben, sein Unwissen glaubhaft zu machen.
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Vieles, was hierzulande nicht zu sehen ist oder hinter einer Paywall wartet, wird im Ausland völlig legal kostenlos angeboten. Viele Fernsehsender stellen beispielsweise ihr Programm online zur Verfügung. Auch der US-amerikanische Streaming-Dienst Hulu lockt mit einem riesigen Serien-Angebot.
Auf Nutzer außerhalb der USA wartet hier allerdings eine böse Überraschung: Sie werden nämlich kurzerhand ausgesperrt. Die Technik nennt sich Geoblocking – und lässt sich in vielen Fällen mit ein paar einfachen Tricks umgehen. In der Regel braucht es nur einen Proxy-Server, der die eigene IP-Adresse verschleiert und vortäuscht, man befinde sich im selben Land wie der gewünschte Dienst. Das Umgehen solcher Geo-Sperren hat sich inzwischen zu einem eigenen Geschäftszweig im Netz entwickelt. Professionelle Umgehungsdienste ermöglichen es auch technisch unversierten Nutzern, auf gesperrte Dienste zuzugreifen. Aber sind solche Tricks legal?
„Ich wüsste nicht, wo das Problem liegen sollte“, meint Bjoern Krass, Medienexperte und Lehrbeauftragter an der Hochschule der populären Künste in Berlin gegenüber TECHBOOK. „Es gibt kein Gesetz, das es mir verbieten würde, mich beispielsweise über einen Server in den USA irgendwo anzumelden. Ich denke, im Zweifel sind hier die Anbieter in der Pflicht, ihr Online-Angebot besser abzugrenzen. Dass das möglich ist, sehen wir zum Beispiel an Netflix: Die haben den Umgehungsdiensten den Kampf gesagt – seitdem ist es fast unmöglich geworden, etwa von Deutschland aus auf die US-Mediathek zuzugreifen.“
So viel Datenvolumen verbrauchen Streaming-Dienste
Ob das Umgehen von Geo-Sperren tatsächlich legal ist, hängt letztlich davon ab, ob diese als „wirksame technische Schutzmaßnahmen“ im Sinnes des Gesetzes gelten. Einschlägige Urteile zu diesem Thema fehlen bisher. Rechtliche Konsequenzen dürfte die Umgehung insofern zunächst nicht nach sich ziehen. Wer sich allerdings auf diesem Wege bei einem ausländischen Dienst anmeldet, verstößt damit in der Regel zumindest gegen die AGB des jeweiligen Dienstes. Fliegt der Schwindel auf, droht schlimmstenfalls die Sperrung.
Wer auf dieses Katz-und-Maus-Spiel keine Lust hat, dem bleibt immerhin der Trost, dass früher oder später doch so ziemliche jede Serie bei den großen Streaming-Anbietern landet. Dem nächsten Serienmarathon sollte insofern nichts im Wege stehen.