Ein Netflix-Abo mit Werbung wurde in der Vergangenheit intensiv diskutiert. Seit November 2022 steht das neue Abo-Modell zur Verfügung, sogar früher als erwartet. Was es kostet, wie lange und häufig Werbung eingeblendet wird und worauf Abonnenten verzichten müssen, verrät TECHBOOK.
Das Jahr 2022 war für Netflix kein einfaches. Nachdem die Streaming-Abonnements bereits im Frühjahr um 200.000 zurückgegangen sind, musste der Anbieter auch im zweiten Quartal sinkende Zahlen hinnehmen. Satte 970.000 Abonnenten hat Netflix demnach in Q2 2022 verloren. Dennoch zählt der Dienst noch immer zu den beliebtesten Streaming-Plattformen weltweit. Ein neues, günstigeres Netflix-Abo-Modell soll neue Nutzer anlocken, kommt allerdings mit Werbung.
Übersicht
Netflix-Abo mit Werbung gestartet
In Deutschland können Nutzer das Netflix-Abo mit Werbung seit dem 3. November buchen. Das Paket nennt sich „Basis-Abo mit Werbung“ und kostet 4,99 Euro im Monat. Das reguläre Basis-Abo ohne Werbung gibt es weiterhin für 7,99 Euro, die Ersparnis liegt also bei monatlich 3 Euro. Einige der Anpassungen im Vergleich zum regulären Abo dürften vielen Kunden dabei trotz der Ersparnis nicht gefallen.
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So viel Werbung gibt es zu sehen
Denjenigen, die das Basis-Abo mit Werbung gebucht haben, zeigt Netflix sowohl vor und während dem Streamen von Filmen und Serien Werbung an. Insgesamt, so der Anbieter, werden pro Stunde etwa vier bis fünf Minuten Werbung ausgestrahlt. Dabei sind die einzelnen Werbespots jeweils 15 bis 20 Sekunden lang.
Bei der Umsetzung des Werbeangebotes arbeitet Netflix mit Microsoft zusammen. Das Unternehmen soll demnach nicht nur die Technik betreuen, sondern auch den Verkauf von Werbeanzeigen auf Netflix. Zuvor hatte Netflix „The Wall Street Journal“ zufolge auch mit Google und NBCUniversal Gespräche geführt. Beide Unternehmen haben bereits viel Erfahrung mit entsprechender Technik und strebten eine exklusive Partnerschaft mit dem Streaming-Giganten an. Doch die Wahl fiel am Ende auf Microsoft.
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Günstiger, aber mit Einschränkungen
Neben der Werbung müssen Netflix-Kunden beim neuen Abo noch eine Besonderheit hinnehmen. Anders als das reguläre Basispaket kommt das werbefinanzierte Angebot nämlich ohne die Download-Funktion aus. Für diejenigen, die gerne unterwegs streamen und sich, um Datenvolumen zu sparen, vorab Filme und Serien herunterladen, ist das Basis-Abo mit Werbung somit nicht geeignet. Der Hintergrund ist, dass für das Ausspielen von Werbung eine Internetverbindung nötig ist.
Und noch etwas unterscheidet das Abo mit Werbung vom regulären Basis-Paket – der Umfang der verfügbaren Filme und Serien. Bereits im Vorfeld zum Start gab Netflix bekannt, dass „eine begrenzte Anzahl von Filmen und Serien aus Lizenzgründen nicht verfügbar sein“ würde. Wie sehr der Streaming-Dienst dann aber den Rotstift ansetzt, hätten viele nicht erwartet. TECHBOOK hat sich einmal auf der Seite JustWatch umgesehen, auf der übersichtlich gelistet ist, welche Inhalte bei welchem Streaming-Anbieter verfügbar sind. Auffallend dabei ist, dass im regulären Netflix-Abo 6991 Titel gelistet sind, im Abo mit Werbung jedoch nur 5320. Ganze 1671 Serien und Filme fehlen somit im günstigeren Angebot. Mit dabei sind zahlreiche hochkarätige Titel. Hier eine kleine Auswahl:
- Downton Abbey
- Brooklyn Nine-Nine
- New Amsterdam
- Zurück in die Zukunft
- Suits
- Vikings
- American Psycho
- Minions & More
- Sing
- House of Cards
Wir haben bei Netflix angefragt, warum so viele der beliebten Titel nicht im Werbe-Abo von Netflix enthalten sind. „Bestimmte Inhalte fehlen aufgrund von Lizenzbeschränkungen im Tarif Basis-Abo mit Werbung. Es wird daran gearbeitet, diese freizuschalten“, so die Antwort des Streaming Dienstes. Netflix habe sich dazu entschlossen, auch diese Titel in der Benutzeroberfläche anzuzeigen, weil sich die Zuschauer Transparenz wünschen. Möglicherweise könnte das Angebot im Werbe-Abo somit in Zukunft noch wachsen.
Einen kleinen Lichtblick gibt es dann aber doch. Netflix stuft das Basis-Abo zum Start des neuen Angebotes auf HD hoch. Das betrifft sowohl das werbefreie Paket für 7,99 Euro, als auch das Werbeangebot für 4,99 Euro. Bislang war über das Basispaket lediglich das Streamen in SD-Qualität auf nur einem Gerät möglich.
Streaming-Dienst rechnete zum Start mit großem Interesse
Netflix setzt große Hoffnungen in das Basis-Abo mit Werbung. Das Hauptpotenzial sieht der Dienst demnach in den USA; dort rechnet Netflix bis zum dritten Quartal 2023 mit über 13 Millionen Abonnenten, die dann weniger zahlen und dafür schauen. International gesehen erwartet der Anbieter hingegen bis Mitte 2023 bis zu 27 Millionen Nutzer. Ob dadurch auch die Gesamtzahl der Abonnements zunimmt oder einfach viele vom normalen Abo zum Werbeangebot wechseln, ist in den Prognosen noch völlig unklar. Netflix kalkuliert aber durchaus ein hohes Interesse mit ein.
Netflix-Abo mit Werbung floppt zum Start
Zumindest in der Startphase haben sich Netflix‘ Hoffnungen allerdings nicht erfüllt – im Gegenteil. Über das Warum kann man nur spekulieren. Ob die Nutzer von den fehlenden Inhalten, dem Preis oder dem Umfang der Werbung abgeschreckt sind, muss man noch auswerten. Fakt ist aber, dass die Zahlen hinter den Erwartungen zurückbleiben. Und das teilweise so deutlich, dass Werbekunden ihr Geld zurückverlangen können.
Über die genauen Zahlen kann man nur Mutmaßungen anstellen; Netflix hat bisher nichts Genaues bekannt gegeben. Allerdings haben sich mehrere Führungskräfte des Unternehmens dem Branchenmagazin Digiday gegenüber geäußert. Demnach sei man bei manchen Werbekunden bis zu 20 Prozent unter den erwarteten Zuschauerzahlen geblieben.
Netflix kündigt weitere Maßnahmen an
Eine weitere Maßnahme, um künftig Kosten zu senken und weitere Abonnenten abzuholen, sieht Netflix in der Anpassung des Programms. Das bedeutet laut Netflix-Vorstand Reed Hastings: weniger und dafür hochwertige Produktionen, kürzere Serien und kürzere Folgen. Wie genau die Programmgestaltung dann aussehen soll, ist allerdings noch nicht bekannt. Aktuell liest sich die Liste der Neuheiten jedenfalls noch genauso umfangreich wie sonst auch. Außerdem will Netflix gegen illegales Account-Sharing härter durchgreifen, wie auch TECHBOOK berichtete.
Bereits vor Netflix hat Amazon Anfang August mit Freevee sein werbefinanziertes Streaming-Abo eingeführt. Auch Konkurrent Disney+ möchte noch in diesem Jahr ein entsprechendes Paket starten.