28. Februar 2024, 15:14 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Nach transparenten Fernsehern, die wir Jahr für Jahr auf den Technikmessen der Welt sehen, ist die Technologie nun erstmals in einem Laptop zu sehen. Der Name ist passenderweise ThinkBook Transparent, der Hersteller: Lenovo.
Das „Lenovo ThinkBook Transparent Display Laptop Concept“, wie das Gerät offiziell heißt, könnte direkt aus einem Sci-Fi-Streifen stammen. Durchsichtige Displays faszinieren und sind ein erprobtes Mittel, um Zukunftstechnologie darzustellen. Hersteller versuchen, diese Idee seit Jahren zu verwirklichen. Lenovo ist dem Ziel mit seinem transparenten Laptop nun deutlich näher gekommen. Das Konzept zeigt jedoch eindrücklich, warum durchsichtige Displays in der Realität kaum einen Nutzen haben.
Hier sehen Sie das ThinkBook Transparent im Video:
Übersicht
Lenovo zeigt den ersten transparenten Laptop der Welt
Durchsichtige Displays sind keinesfalls eine Neuheit auf dem Markt. Bereits 2009 veröffentlichte Sony das Xperia Pureness – das erste kommerziell verfügbare transparente Gerät der Welt. Das Feature Phone mit gerade einmal 1,8 Zoll Bilddiagonale und klassischen Tasten war von schlechter Ablesbarkeit im Freien und sogar Innenräumen geplagt.
2011 stellte Samsung das erste großformatige, massenproduzierte Transparent-Display vor. Damals sah das Unternehmen vor allem Werbung als ein Einsatzgebiet. Seitdem sehen wir auf fast jeder Technikmesse transparente Fernseher von Marken wie LG, Xiaomi und sogar Metz.
Mit dem ThinkBook Transparent Display Laptop Concept bringt Lenovo die Technologie auf dem MWC 2024 jedoch zu einem neuen Formfaktor. Wie das Unternehmen auf der Messe verrät, soll das die Interaktion mit physischen Objekten ermöglichen, indem sich digitale Informationen darüber legen. Auch wenn Lenovo es nicht explizit beim Namen nennt, ist damit nichts anderes als Augmented Reality (AR) gemeint. Könnte das Gerät also Konkurrenz für AR-Brillen oder -Headsets sein? Wir haben unsere Zweifel.
Laptop mit randlosem und transparentem Display
An Lenovos Messestand auf dem MWC 2024 ist von früh bis spät eine Traube von Menschen zugegen, die einen Blick auf das wohl futuristischste Gerät des ganzen Events erhaschen wollen. Kein Wunder, denn der Laptop mit seinem transparenten Display wirkt, als hätte ihn jemand direkt aus einem „Star Trek“-Film mit auf die Messe gebracht.
Der Bildschirm ist randlos, misst 17,3 Zoll in der Diagonale und verwendet Micro-LED-Technologie. Ähnlich wie bei der OLED-Alternative leuchten die Pixel – bzw. die Subpixel für Rot, Grün und Blau – in Micro-LED-Panels selbst. Eine Hintergrundbeleuchtung, die die Sicht versperren würde, ist damit nicht notwendig. Stattdessen ist die Pixel-Schicht von zwei Glasplatten auf beiden Seiten eingefasst.
Aus einem frontalen Blickwinkel wirkt es daher, als schweben die gezeigten Bildschirminhalte in der Luft. Laut Lenovo erlaubt das dem transparenten Laptop, sich „natürlich in seine Umgebung zu integrieren“. Nutzer sollen so in der Lage sein, Inhalte basierend auf physischen Objekten zu kreieren – oder mithilfe von Künstlicher Intelligenz zu generieren. Die Interaktion erfolgt über eine ebenfalls (halb-)transparente, beleuchtete und touch-sensitive Tastatur sowie über Stift-Eingabe.
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Hohe Helligkeit, kaum Kontrast
Der Lenovo-Konzept-Laptop ist jedoch von den gleichen Problemen wie alle bisherigen transparenten Displays geplagt: Kontrast und Helligkeit. Selbst mit der maximalen Helligkeit von bemerkenswerten 1000 Nits lassen sich Inhalte auf dem Display nur mäßig erkennen. Zum Vergleich: Die aktuellen MacBook-Pro-Modelle kommen gerade mal auf 600 Nits und gehören damit zu den hellsten Mainstream-Laptops auf dem Markt. Ein derart helles Display benötigt viel Energie, aber das ist zumindest ein Problem, das Lenovos Ingenieure mit größeren Akkus lösen können.
Kontrast hingegen ist ein viel größeres Problem. Denn ohne Kontrast kann das Display noch so hell sein – Farben verlieren ihren Glanz und wirken daher ausgeblichen. Der Farbkontrastwert eines Displays ist so wichtig, weil Farben nur durch ihr Verhältnis zueinander ihren präzisen Wert erreichen können. Im transparenten Konzept-Laptop von Lenovo bleiben die Farben jedoch nicht stabil. Dahinter liegende Objekte und deren eigene Farben sind durch das Display sichtbar und ändern somit die Färbung der Pixel.
Das ist weniger ein Problem bei sehr hellen Farben, etwa Weiß, weil das Display den Hintergrund dadurch praktisch ausblenden kann. Aber dunkle Grautöne etwa liefern nicht genug Licht dafür. Vor allem reines Schwarz (Farbcode #000000) stellt ein Problem dar, weil dabei die Pixel einfach ausgeschaltet bleiben. Überall dort, wo Schwarz in der Nutzeroberfläche erscheint, ist das Display daher komplett durchsichtig.
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Ein Zukunftsversprechen, das keinen praktischen Nutzen hat
Diese Tatsache beweist Lenovo recht eindeutig mit seiner eigenen Demo auf dem MWC. Die Demo soll zeigen, wie die Lenovos „AI Now“ Objekte identifizieren und auf dem Display beschreiben soll. Hinter dem Laptop steht eine Vase mit Sonnenblumen. Auf dem Display erscheint ein leuchtender Rahmen um die Vase herum, von dem kleine Informationstexte zu Name, Saatwert und Pflanzenart abgehen. Die Pixel um die Vase herum bleiben ausgeschaltet, um den Blick darauf freizugeben. Lediglich eine Spalte auf der rechten Seite mit mehr Text über die Pflanze soll suggerieren, dass die AI diese Informationen generiert hat. Die hellen Farben des Rahmens und der Textspalte zeigen den Idealfall für das transparente Display. Sie setzen sich effektiv vom Hintergrund ab und sind dadurch gut sichtbar.
Als die staunenden Besucher die Lenovo-Ausstellerin jedoch darum beten, ein YouTube-Video abzuspielen, zeigen sich die Schwächen der Technologie. Schon in der Nutzeroberfläche der Videoplattform erscheinen die eigentlich grau gefärbten Elemente in grellen Pink-Tönen. Das geöffnete Video offenbart das gleiche Problem: Hauttöne sind kaum erkennbar und das ganze Bild wirkt zuweilen, als hätte jemand den Farbkontrast verstellt. Dazu erscheint permanent – mal mehr, mal weniger sichtbar – die Vase im Sonnenblumen im Hintergrund.
Vor allem bei Gebrauch im Freien und hell ausgeleuchteten Räumen dürfte die Ablesbarkeit des Displays gegen null gehen. Die Nutzung ist daher nur unter kontrollierten Bedingungen möglich. Die versprochene natürliche Integration in die Umgebung rückt damit in weite Ferne. Lenovo selbst gibt zu, dass es weiter an der Technologie arbeiten muss, um die Lichtdurchlässigkeit des Displays regeln zu können. LGs transparenter Fernseher nutzt etwa einen schwarzen Film, der hinter dem Displaypanel hochfährt, um es undurchsichtig zu machen. In seiner jetzigen Form ist der transparente Laptop jedoch kaum mehr als eine Idee, die zwar durchaus interessant, aber kaum praktikabel ist.