8. Oktober 2020, 17:36 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Nachdem Microsoft gezeigt hat, wie die kommende Xbox von Innen aussieht, folgt Sony diesem Beispiel. Eigentlich gibt es keine Geheimnisse mehr, was die Innereien der PS5 angeht – trotzdem ist das Unternehmen noch für eine Überraschung gut.
Sogenannte „Teardowns“, also das gezielte Auseinandernehmen von Geräten, ist in der Tech-Community beliebt. Damit lässt sich wie mit keiner anderen Methode herausfinden, was tatsächlich in einem Gerät steckt. Außerdem gibt es Hinweise auf die Entscheidungsprozesse und die Design-Philosophie – und die PlayStation 5 steckt voll davon.
Das komplette Video zum Auseinanderbau der PlayStation 5 ist gut sieben Minuten lang. All diejenigen, die es sich ansehen möchten, finden es hier:
Auseinanderbau offenbart Sonys Liebe zum Detail
Verantwortlich für das Auseinandernehmen im Video ist Yasuhiro Ootiro, Vizepräsident der Hardware-Design-Abteilung bei Sony. Gleich am Anfang des etwa siebenminütigen Videos fällt auf, wie groß die Konsole im Vergleich zum Vorgänger PS4 – aber auch zur kommenden Xbox – ist.
Ootiro beginnt das Auseinandernehmen mit einem sehr japan-typischen Detail: Das Aufbewahrungsfach für die Schraube im Standfuss der Konsole. Stellt man die PS5 horizontal auf, muss man den Standfuss abschrauben und kann die Schraube in dem Fach lagern. Mit einem Dreh am Fuss verschwindet die Schraube unter einer Abdeckung. In dem Fach liegt sogar noch ein kleiner Gummipfropfen, der das Lock verschließt, in dem sonst die Schraube sitzt.
PS5-Besitzer können selbst an der Konsole tätig werden…
Nutzer können die Seiten-Panele selbst entfernen. Dafür reicht es aus, die obere Kante anzuheben und das Panel zur Seite zu schieben. Darunter sind auf beiden Seiten der nun offenen Konsole die riesigen Lufteinlässe für den einzelnen, großen Lüfter zu sehen. Auch zeigt Sony zwei Staubkanäle, in denen angesaugter Schmutz gesammelt wird. PS5-Besitzer können dadurch den Dreck, der die Frischluftzufuhr beeinträchtigen kann, einfach mit einem Staubsauger absaugen.
PS5-Besitzer können außerdem selbst den Speicher ihrer Konsole erweitern. Das war bereits bei der PS4 möglich, allerdings kommt in der neuen Konsole moderne Technik zum Einsatz. Unter einer kleinen, mit einer Schraube gesicherten Abdeckung, liegt ein Steckplatz für eine SSD-Festplatte im M.2-Format, das bereits seit einiger Zeit in Laptops und Desktop-PCs zum Einsatz kommt. Der Steckplatz in der PS5 nutzt als Schnittstelle den superschnellen PCI-Express-Standard in Version 4.0. Dadurch kann eine M.2-SSD in der Konsole deutlich höhere Übertragungsgeschwindigkeiten als herkömmliche 2,5-Zoll-SSDs erreichen.
Wo und wann kann ich die PlayStation 5 vorbestellen?
…aber nur in begrenzter Form
Damit hört jedoch der für den Verbraucher zugängliche Teil der PlayStation 5 auf. Sony weist am Anfang des Videos ausdrücklich darauf hin, dass Nutzer die Herstellergarantie verwirken, wenn sie ihre Konsole weiter auseinandernehmen. (Hinweis: Die in der EU erforderliche, zweijährige Gewährleistung bleibt davon unberührt. Allerdings müssen Nutzer nachweisen können, dass etwaige Schäden nicht durch ihren Eingriff entstanden sind. Nur die Garantie, die Sony zusätzlich einräumt, erlischt mit dem Auseinandernehmen der Konsole.) Auch warnt Sony vor Verletzung durch Laser (nur in der PS5-Variante mit optischem Laufwerk), Elektroschocks oder anderem.
Riesiger Lüfter und erster Blick auf die Platine
Als nächstes entnimmt Ootori den 120-Millimeter-Lüfter, der mit 45-Millimetern Dicke gut und gerne doppelt so breit wie ein herkömmlicher CPU-Lüfter in Desktop-PCs ist. Durch eine Trennplatte in der Mitte kann der Lüfter von beiden Gehäuseseiten Luft ansaugen und durch einen Kanal an der Rückseite der Konsole warme Luft abführen.
Nach Entfernen einer großen Plastikabdeckung folgt das Blu-ray-Laufwerk, das als einzelne Einheit aus der Konsole kommt. Ebenfalls unter der Abdeckung sind die feinen Antennenkabel zu finden, die an das Modem angeschlossen sind, das für Wifi 6 und Bluetooth 5.1 verantwortlich ist.
Danach folgt eine große Metallschicht, das sogenannte Heat Shield (Hitzeschild). Die Schicht stellt Kontakt zu den Komponenten auf dem Mainboard her und nutzt seine große Fläche, um Hitze effektiver abzustrahlen. Im Video gut zu erkennen sind die Kontaktpunkte, an denen das Schild die verschiedenen Chips und Kondensatoren berührt. Die Stellen sind anhand der Reste von Wärmeleitpaste zu sehen.
AMD-Chip mit ausgeklügeltem Kühlsystem
Ryzen-CPU
Nachdem Ootori das Mainboard im Video umgedreht hat, sehen wir das eigentliche Herzstück der Konsole: die CPU/GPU-Kombination aus dem Hause AMD. Wie TECHBOOK bereits berichtete, setzt sich die CPU (der „Prozessor“) aus 8 Kernen (16 Threads) zusammen, die auf AMDs Zen-2-Architektur basieren. Die Kerne erreichen bis zu 3,5 Gigahertz (GHz) Taktfrequenz.
Radeon-GPU
Die Radeon-GPU (die „Grafikkarte“) basiert auf AMDs neuer RDNA-2-Architektur. Sie hat eine Taktfrequenz von bis zu 2,23 GHz und eine theoretische Rechenleistung von 10,3 TFLOPs (10,3 Billionen Gleitkomma-Operationen pro Sekunde). Zum Vergleich: Das entspricht in etwa 7 Prozent mehr Leistung als die Nvidia Geforce RTX 2080 Super für Laptops erreicht – die bis dato stärkste Laptop-GPU auf dem Markt. Erste AMD-Grafikkarten mit der RDNA-2-Architektur sollen noch Ende Oktober auf den Markt kommen, Sony wird also nicht als erster Hersteller mit ihr brillieren können.
Aufwendiges Kühlsystem
Die direkte Integration von CPU und GPU auf einem Chip erfordert ein ausgeklügeltes Kühlsystem, um die Wärmeentwicklung einzudämmen. Sony greift deshalb auf einen extrem effizienten Wärmeleiter zurück, der die Abwärme des Chips auf den Kühlblock überträgt. Die Rede ist von „Liquid Metal“ (Flüssigmetall), das eine sehr hohe Wärmeleitfähigkeit besitzt.
Einige PC-Enthusiasten verwenden Liquid Metal in High-End-Computern anstelle von herkömmlicher Wärmeleitpaste. Die Verwendung von Flüssigmetall birgt aber große Gefahren, weil es anders als die meisten Wärmeleitpasten elektrischen Strom leitet. Kommt es in Kontakt mit offenen Kontakten – von denen es eine Vielzahl auf jeder Platine gibt – erzeugt es einen Kurzschluss. Beim Auftragen ist deshalb extreme Vorsicht geboten. Sony ist sich dessen bewusst und hat deswegen gleich zwei Dichtungen um die Kontaktfläche gelegt, die ein Überlaufen des Metalls verhindern sollen. Das ist eine beeindruckende Ingenieurs-Leistung und unseres Erachtens das erste mal, dass ein in Masse produziertes Verbrauchergerät auf diese High-End-Komponente zurückgreift. Sie sollte exzellente Kühlleistung garantieren und deutlich länger als normale Wärmeleitpaste effizient bleiben.
Nicht weniger beeindruckend ist der riesige Kühlblock („Heatsink“), der die gesammelte Wärme ausstrahlt, damit sie der Lüfter abtragen kann. Der Kühlblock verwendet herkömmliche „Heat Pipes“ – mit Flüssigkeit gefüllte Kupferröhrchen, die Wärme sehr effektiv von einem Ende zum anderen abführen können. Microsoft hat uns bereits den Kühlblock der neuen Xbox gezeigt, welche eine neuartige „Vapor Chamber“ verwendet. Diese basiert auf dem gleichen Prinzip wie Heat Pipes, ist aber auf gleichem Raum deutlich effektiver. Aber durch die schiere Größe und Anordnung der Heat Pipes soll der Kühlblock der PS5 laut Sony die gleiche Kühlleistung wie eine Vapor Chamber erreichen.
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Massiger und schneller Speicher
Dem System stehen 16 Gigabyte (GB) GDDR6-Arbeitsspeicher zur Verfügung, der eine Bandbreite von 448 GB pro Sekunde erreicht. 8 GB davon kann die GPU als Videospeicher (VRAM) verwenden.
Der 825 GB große SSD-Massenspeicher der Konsole ist fest auf der Hauptplatine verlötet. Durch einen angepassten SSD-Controller erreicht der Speicher laut Sony eine Datentransferrate von bis zu 5,5 GB pro Sekunde. Das lässt selbst schnelle M.2-SSDs alt aussehen! Spiele sollten damit um ein Vielfaches schneller laden als Gamer es von der PS4 gewohnt sind.
Zuletzt folgt das eingebaute Netzteil, das eine Leistung von 350 Watt hat. Damit nimmt die PS5 deutlich weniger Strom auf als moderne High-End-Gaming-PCs, bei denen um die 600-700 Watt mittlerweile Standard sind.
Sony verrät uns mit dem Auseinanderbau-Video viele Details, die in die Produkentwicklung mit eingeflossen sind. Vor allem überrascht hat mich die Verwendung von Flüssigmetall als Wärmeleiter. Die Verwendung des Mediums erfordert eine zu Hundert Prozent gesicherte Auftragungsmethode, denn selbst das kleinste Leck kann potenziell tödlich für das System sein. Dass Sony trotzdem die komplizierte Route geht, zeigt, dass das Unternehmen einen leisen und kühlen Betrieb der PS5 garantieren will. Auch die Staubsammelfächer sind eine gute Art und Weise, den Nutzern die einfache Wartung der Konsole zu ermöglichen. Ohne, dass sie dafür alles in die Einzelteile zerlegen müssen – wie es bei der PS4 der Fall war.