
9. Juli 2025, 10:44 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Viele DSL-Kunden sind derzeit in Sorge. Werden alle Kupferkabel ab dem Jahr 2030 gekappt? Die Bundesregierung hat kürzlich das Tempo beim Netzausbau angezogen. Umständlich formuliert heißt es aus Berlin: „Mobilfunk- und Glasfaserausbau (werden) als überragendes öffentliches Interesse definiert.“ Was kommt da auf die vielen DSL-Kunden zu? TECHBOOK hat sich für diesen Artikel umgehört und nachgefragt.
Zunächst einmal steht ein DSL-Aus zum Ende des Jahres 2030 in Deutschland gar nicht zur Debatte. Es handelt sich um ein Zieldatum der EU, nicht um eine konkrete Vorgabe. „Einen Tag X, an dem DSL abgeschaltet wird, gibt es nicht“, betont Sven Knapp vom Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko). Der Branchenverband repräsentiert einen Großteil der deutschen Telekommunikationsunternehmen. „Die DSL-Abschaltung ist ein schrittweiser Prozess, der jetzt und mit Weitblick im Sinne der Verbraucher gestaltet werden sollte.“
Glasfaserausbau lahmt in Deutschland
Denn beim Ausbau von Internet-Alternativen wie beispielsweise Glasfaser hinkt Deutschland im europäischen Vergleich noch etwas hinterher. Spanien ist nahezu komplett auf Glasfaser umgestellt. In Schweden liegt die Ausbauquote bei 87 Prozent. Der Breko hat für Deutschland zum Ende des Jahres 2024 einen Wert von 48,8 Prozent ermittelt. Die Bundesregierung möchte bis zum Jahresende eine Quote von 50 Prozent erreichen. Das scheint machbar zu sein.
Dennoch gehört Deutschland zusammen mit Ländern wie Belgien, Griechenland und Tschechien zu den Nationen, die beim Internetanschluss noch stark von Kupferkabeln abhängig sind. Darüber gelangt DSL in die Haushalte.
In diesem Zusammenhang gibt es immer wieder Kritik an der Telekom. Im Kern lautet der Vorwurf: Als alteingesessener DSL-Betreiber habe das Unternehmen kein großes Interesse daran, den Glasfaserausbau voranzutreiben und das Kupfernetz abzuschalten, solange sich mit DSL-Anschlüssen noch gutes Geld verdienen lässt. Branchenverbände wie der Breko fordern deswegen von der Politik ein Konzept für den verbraucher- und wettbewerbsfreundlichen Übergang von DSL auf Glasfaser.
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Handlungsbedarf für DSL-Kunden
Unabhängig vom Säbelrasseln im Hintergrund: Was sollten DSL-Endkunden tun? „Am besten sondieren Kunden schon jetzt den Markt nach passenden Alternativen“, empfiehlt Sven Knapp von Breko. „Kein DSL-Kunde muss befürchten, dass er auf einmal ohne Internetanschluss dasteht. Wenn die Kupfer-Abschaltung irgendwann ansteht, werden alle betroffenen Haushalte rechtzeitig informiert und haben, gesetzlich vorgeschrieben, mindestens 12 Monate Zeit zur Umstellung. Wir gehen davon aus, dass der Zeitraum sogar 24 Monate betragen wird.“
Die eigentliche DSL-Abschaltung erfolgt dann regional oder lokal und nicht auf Bundesebene. Niemand legt also einfach irgendeinen Schalter um, und plötzlich sind sämtliche DSL-Anschlüsse lahmgelegt. Es wird regional geschaut, wie sieht die Versorgung mit Glasfaser aus. „Eine Abschaltung kommt nur in bereits gut ausgebauten Gebieten in Betracht“, unterstreicht Sven Knapp vom Breko.
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Kein Zwangswechsel auf Glasfaser
Von Kundenseite taucht teilweise die Kritik auf, die Anschlusspreise für Glasfaser seien zu hoch. Deswegen scheuen viele bislang den Umstieg. Die Bundesregierung unterstützt zwar den Glasfaserausbau. Das bedeutet allerdings nicht, dass Verbraucher auf Glasfaser umsteigen müssen. „Es wird keinen Zwangswechsel auf Glasfaser geben. Das ist reine Panikmache und realitätsfern“, betont Sven Knapp vom Branchenverband Breko.
Eine mögliche Alternative bietet schon heute der Kabelanschluss. Filme streamen, Musik hören oder größere Dateien hin- und herschieben geht damit an vielen Orten genauso zügig oder sogar schneller als per DSL.
Allerdings bietet Glasfaser im Vergleich zu DSL und TV-Kabel eine deutlich stabilere Verbindung bei einer gleichbleibend hohen Bandbreite. Besonders beim Internetanschluss per Kabel kommt es regelmäßig in Spitzenzeiten zu Schwankungen oder kompletten Ausfällen. Hier verfügt Glasfaser über deutlich mehr Netzstabilität.

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Keine Preisexplosion zu erwarten
„Deswegen sollten Glasfaser-Anbieter weniger mit der hohen Bandbreite werben und dafür den Aspekt der deutlich besseren Stabilität der Internetverbindung in den Fokus rücken“, erklärt Sven Knapp.
Der Branchenverband Breko rechnet nicht mit steigenden Preisen durch den Wechsel auf Glasfaser. „Aufgrund des gut funktionierenden Wettbewerbs gehen wir von einem ähnlichen Preis wie für einen DSL-Anschluss aus. Eine Preisexplosion wird es nicht geben“, vermutet Sven Knapp.
Bleibt festzuhalten: DSL-Kunden müssen wegen einer möglichen Abschaltung nicht in Panik verfallen. Sie erfolgt in einem längeren Prozess und nicht zum Stichtag Ende 2030. Niemand wird gezwungen, auf Glasfaser zu wechseln. Schon heute gibt es leistungsfähige Alternativen zum DSL-Anschluss wie beispielsweise über das TV-Signal. Langfristig wird Glasfaser jedoch die beste Zugangsmöglichkeit sein, um im Internet stabil und zügig unterwegs zu sein. Vor allem für gewerbliche Kunden in Regionen, in denen die Netzabdeckung derzeit noch lückenhaft ist, bedeutet der Anschluss ans Glasfasernetz einen Quantensprung.