
13. Mai 2025, 17:03 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Netflix hat „Black Mirror: Bandersnatch“ von seiner Plattform entfernt und setzt damit ein falsches Zeichen, wie TECHBOOK-Autor Woon-Mo Sung denkt.
Bei Netflix gibt es bekanntermaßen zahlreiche Filme und Serien zu sehen und jeden Monat kommen neue hinzu. Öfter als Fans lieb ist, setzen die Verantwortlichen beim Streaming-Dienst Serien frühzeitig ab, noch ehe sie ihre Geschichten zufriedenstellend erzählen konnten. Das sorgt seit jeher für wiederholten Frust innerhalb der Nutzerschaft. Dass Netflix nun „Black Mirror: Bandersnatch“ entfernt hat, stellt die nächste Stufe der fragwürdigen Content-Entscheidungen dar.
Netflix streicht interaktive Filme
In einer vor Kurzem veröffentlichten Auflistung bei „What’s on Netflix“ fällt auf, dass unter anderem „Black Mirror: Bandersnatch“ sowie „Unbreakable Kimmy Schmidt: Kimmy vs the Reverend“ von Netflix verschwinden beziehungsweise jüngst verschwunden sind. Die Liste gilt zwar für den US-Markt, doch eine kurze Überprüfung bestätigt das Fehlen auch für Deutschland.
An und für sich sollte das keine Überraschung darstellen. Bereits im Herbst 2024 zeichnete sich eine derartige Entwicklung ab, wie TECHBOOK berichtete. Denn bei beiden Titeln handelt es sich um interaktive Filme, zu denen vormals noch einige mehr gehörten. Nachdem Netflix im vergangenen Jahr mehrere Titel löschte, gibt es nun die letzten verbliebenen dieser Sparte ebenfalls nicht mehr. Damit endet ein technisches Erzählexperiment, noch ehe es wirklich Fuß fassen konnte.
Netflix leistete Pionierarbeit
Filme sind für gewöhnlich eine rein lineare Angelegenheit: Die Geschichte kann zwar mitunter wilde raumzeitliche Haken schlagen. Aber am Ende gilt trotzdem, dass der Film einmal anfängt und irgendwann aufhört und in vorher festgelegten Bahnen verläuft – abgesehen von der etwaigen Pause. Das gilt fürs Kino und fürs Fernsehen und ist noch immer die Art und Weise, wie man sie produziert.
Doch Streaming als noch junge Technologie bietet mehr Möglichkeiten, nicht nur zur Bereitstellung von Inhalten, sondern auch um Geschichten zu erzählen. Netflix‘ „Black Mirror: Bandersnatch“ bewies das eindrucksvoll, indem der Film Zuschauern die Wahl über den Fortgang der Geschichte überließ.
Videospiele, die wie Filme inszeniert sind, gibt es etliche. Aber ein interaktiver Film, der auch zuallererst auch als Film wahrgenommen wird und funktionieren soll? In den Mainstream ist das noch nicht übergegangen. Netflix kann man deshalb eine gewisse Pionierarbeit attestieren und Mut zum Experiment.
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Netflix gibt besonderes Potenzial auf
Die Zahl der interaktiven Filme mag bis zuletzt überschaubar gewesen sein und vielleicht war nicht jeder Titel ein großer Wurf. Aber in meinen Augen gibt Netflix auch nach mehreren Jahren immer noch zu früh auf. Nicht nur denke ich, dass hier noch spannendes Potenzial vorhanden gewesen wäre. Auch geht ein kleines, aber trotzdem vorhandenes Alleinstellungsmerkmal verloren.
Selbst wenn sich die Produktion von Titeln wie „Bandersnatch“ oder „Kimmy vs the Reverend“ am Ende nicht rentiert haben soll, so stellen sie eine Sparte dar, die es in der Form bei der Konkurrenz nicht gibt. Ob jahrelange Netflix-Kunden oder neue Abonnenten, sie alle könnten langfristig einen Blick riskieren und die interaktive Erzählung für sich einmal ausprobieren.

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Denn das Publikum besteht nicht nur aus sogenannten Early Adoptern, also jenen Innovations-Enthusiasten, die immer gleich von Anfang an zur Stelle sind. Bei vielen Menschen dauert es einfach deutlich länger, bis sie sich einer neuen Entwicklung annehmen. Das geht aber nur, solange diese auch verfügbar bleibt.
Netflix beraubt mit der Löschung von „Black Mirror: Bandersnatch“ und anderen interaktiven Filmen vielen Menschen der Möglichkeit zur Entdeckung dieses Formats. Und setzt damit seine Entwicklung selbst wieder zurück. Stattdessen, so schreibt das US-Branchenmagazin „Variety“, möchte Netflix verstärkt auf Videospiele setzen – also einem bereits stark gesättigten Markt mit dominanten Playern wie Sony und Nintendo.
Schade. Vom möglichen Innovationstreiber weg bewegt sich Netflix in puncto Interaktivität doch nur zum langweiligen Mitläufer.