
16. Mai 2025, 11:13 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Netflix-Preiserhöhungen der jüngeren Vergangenheit waren einem neuen Gerichtsurteil zufolge rechtswidrig. Das könnte Folgen für Millionen von Kunden haben.
Die verschiedenen Streaming-Dienste auf dem Markt haben über die Jahre allesamt ihre Preise nach und nach erhöht und das sogar mehrmals. Auch Branchenprimus Netflix bildet da keine Ausnahme. Bislang blieb Kunden nichts anderes übrig, als diese entweder hinzunehmen oder gleich ganz auf das Angebot zu verzichten. Doch nun liegt ein neues Gerichtsurteil vor, das die Netflix-Preiserhöhungen der Vergangenheit für nichtig erklärt.
Netflix-Preiserhöhungen sorgen für juristische Schlappe
Das geht jedenfalls aus einer neuen Pressemitteilung der Anwaltskanzlei WBS.LEGAL hervor. Demnach hat das Landgericht Köln geurteilt, dass Netflix seine Preiserhöhungen wieder zurücknehmen muss. Konkret geht es um Preissteigerungen aus den Jahren 2017, 2019 und 2022, die der Streamer zu Unrecht vorgenommen hat.
Als Begründung heißt es, dass Netflix Preiserhöhungen nicht einseitig vornehmen darf. Der Mandant der Anwaltskanzlei soll dem Urteil nach nie zur Zahlung höherer Beiträge verpflichtet gewesen sein. Diesbezüglich soll es an einer wirksamen Vertragsänderung gefehlt haben, wie es in der Urteilsverkündung steht.
„Unangemessene“ Preispraxis
Konkret geht es in dem Gerichtsverfahren um die Erhöhung des Abo-Preises von 11,99 auf 17,99 Euro im Monat zwischen 2017 und 2022. Diese hatte der Streamer über Pop-up-Fenster angekündigt. Darin hieß es, dass sich zu einem bestimmten Zeitpunkt der Preis erhöhe und man mit einem Klick auf einen Button zustimmen solle. Die Alternative war ein Downgrade. „Ohne die eine oder Variante auszuwählen, hätte er [der Mandant, Anm. d. Red.] Netflix nicht mehr nutzen können“, steht in der Mitteilung.
Auch interessant: So radikal drängt Netflix Nutzern die Preiserhöhung auf
Genau hierin sieht das LG Köln unzulässiges Verhalten, da es in diesem Kontext an einer echten Willenserklärung des Nutzers fehlt. „Er hatte die Einblendung nicht als freiwilliges Vertragsangebot verstanden, sondern als bloße Information über eine bereits beschlossene Preisänderung. Somit handele es sich nicht um ein Angebot von Netflix und es sei kein Änderungsvertrag zustande gekommen, so das LG [Landesgericht, Anm. d. Red.].“
Ein Klick auf den Zustimmungsbutton stellt tatsächlich keine rechtlich wirksame Zustimmung dar. „Wer den Eindruck erweckt, der Preis werde ohnehin erhöht, der kann sich nicht hinter einem Zustimmungs-Button verstecken.“ Auch eine entsprechende AGB-Klausel von Netflix zu einseitigen Preiserhöhungen hat das Gericht für unwirksam, da „unangemessen“ erklärt – sie benachteilige Kunden. Für das Urteil schloss sich das Gericht der Rechtsauffassung des Kammergerichts (KG) Berlin von 2023 an. Zusätzlich stützte man sich auf Beschlüsse des Bundesgerichtshofs (BGH) aus Januar und Februar 2025.
So reagiert Netflix
TECHBOOK hat Netflix um ein Statement gebeten und gefragt, ob man den Rückzahlungsforderungen auch nachkommen wird. Der Streamer hat mit folgender Antwort reagiert:
„Die Entscheidung des Landgerichts Köln fällt aus dem Rahmen. Andere Gerichte haben bei derselben Sachlage Gegenteiliges entschieden und unsere bisherigen Preiserhöhungen in Deutschland aufgrund ausdrücklicher Einwilligungen unserer Mitglieder als wirksam anerkannt.“
Eine Netflix-Sprecherin

Waren Netflix-Preiserhöhungen rechtswidrig?

Große Sammelklage gegen Mobilfunkanbieter könnte drohen

Klauseln zur Preiserhöhung bei Netflix und Spotify sind unwirksam
Das können Kunden jetzt tun
Laut WBS.LEGAL muss Netflix nun etwa 200 Euro an den Mandanten zurückzahlen. Dies gilt für alle überhöhten Netflix-Preiserhöhungen seit 2019 inklusive Zinsen. Ansprüche aus vorherigen Jahren sind leider bereits verjährt, da die Regelverjährung für Rückzahlungsansprüche drei Jahre beträgt.
Die Kanzlei betont, dass das Urteil nicht einzig dem Mandanten zugutekommt. „Millionen Netflix-Nutzer sind von der Entscheidung betroffen und können nun ihre zu viel gezahlten Beiträge der letzten Jahre zurückfordern“, heißt es. WBS.LEGAL bietet hier ein kostenloses Musterschreiben an, um Geld von Netflix zurückzufordern. Kunden sollten der darin enthaltenen Anleitung folgen. Ob dies tatsächlich auch zum Erfolg führen wird, ist aber unklar.
Laut Anwalt Christian Solmecke ist jedenfalls mit dem Urteil klar: „Die Zeit der stillschweigenden Preisänderungen ist vorbei. Auch Streaminganbieter müssen sich an geltendes Recht halten und können ihre Preise nur mit Zustimmung der Kunden oder bei Neuverträgen erhöhen. Wer einen Streamingvertrag abschließt, darf darauf vertrauen, dass sich die Konditionen von Anbietern wie Netflix nicht einseitig verändert werden.“