12. September 2024, 15:40 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Gegen Disney wurde bei einem britischen Gericht Klage eingereicht. Der Grund: Die CGI-Wiederbelebung eines Schauspielers in einem „Star Wars“-Film. TECHBOOK erklärt, worum es dabei genau geht.
Moderne Technik ermöglicht es, bereits verstorbene Schauspieler für neue Rollen wieder aufleben zu lassen. Ein prominentes Beispiel ist etwa Paul Walker, der während der Dreharbeiten zu „Fast & Furious 7“ verstarb. Für einige Szenen wurde der Hollywood-Star deshalb postum von seinen Brüdern gedoubelt, es kam auch Archivmaterial zum Einsatz. Stellenweise wurde Walker aber auch durch CGI wieder „zum Leben erweckt“, um seiner Filmrolle Brian O’Conner einen würdigen Abgang zu ermöglichen. Ähnlich erging es beispielsweise auch Philip Seymour Hoffman in „Die Tribute von Panem: Mockingjay“ oder Brandon Lee in „Die Krähe“ – übrigens dem ersten Fall dieser Art. Während der Dreharbeiten Verstorbene auf diese Weise in den Film einzubinden, wird gesellschaftlich – und juristisch –weitestgehend akzeptiert. Anders sieht der Fall aber bei der aktuellen Klage gegen Disney aus.
Übersicht
Disney holte bereits verstorbene Schauspieler zurück
Der Film-Gigant setzte schon mehrfach entsprechende Techniken ein. Damit Carrie Fisher in ihrer Rolle als Leia Organa in „Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers“ auftreten konnte, griff man auf Tricks zurück. Denn Fisher verstarb bereits 2016; die Dreharbeiten begannen 2018. Laut Regisseur nutzte man für den Film dann altes Bildmaterial aus „Das Erwachen der Macht“ sowie „Die letzten Jedi“, das im Nachhinein bearbeitet wurde.
Und scheinbar hat Disney aus dem Ganzen gelernt. Denn bereits 2022 übertrug Darth-Vader-Darsteller James Earl Jones Disney die Rechte an seiner Stimme. So kann der Konzern auch für künftige Projekte die ikonische Figur einbinden, obwohl der Schauspieler vor wenigen Tagen, am 9. September 2024, verstarb. Ganz anders verhält es sich allerdings in dem Fall, der nun zur Klage führte. Dabei geht es nämlich um den verstorbenen Schauspieler Peter Cushing.
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Klage wegen Peter Cushing in „Rogue One“
Die Klage wurde von einem Freund Cushings, dem Filmproduzenten Kevin Francis, sowie von dessen Firma Tyburn Film Productions eingereicht. Cushing spielte im allerersten „Star Wars“-Film aus dem Jahr 1977 den Großmoff Wilhuff Tarkin. Diese Figur kehrte Jahrzehnte später in „Rogue One“ (erschienen 2016), einem Prequel zur Original-Trilogie, zurück.
Da sich in „Rogue One“ alles um den Bau des Todessterns dreht und Cushings Figur diesen später kommandiert, wollte Regisseur Gareth Edwards Wilhuff Tarkin unbedingt im Film unterbringen. Da Cushing bereits 1994 verstorben war, wurde er durch Guy Henry ersetzt, dessen Gesicht nachträglich digital bearbeitet wurde. Das Problem ist aber wohl eine Vereinbarung, die Cushing vor seinem Tod unterschrieb. Diese bestand zwischen Peter Cushing und Tyburn, Kevin Francis‘ Firma, und sie untersagt die Verwendung seines Bildes für Spezialeffekte ohne Zustimmung.
Die Vereinbarung kam zwar damals im Rahmen eines Projekts zustande, das dann nie umgesetzt wurde. Dennoch argumentieren die Anwälte im Fall der Klage gegen Disney nun damit. Der Vorwurf: Lucasfilm und die damals mitproduzierende Firma Lunak Heavy Industries hätten sich somit unerlaubt bereichert. Lucasfilm, das inzwischen zu Disney gehört, widerspricht dem. Durch die digitale Nutzung habe man gegen keine Vereinbarung verstoßen, heißt es von den Unternehmen. Man würde die Rechte an der Figur des Großmoff Wilhuff Tarkin besitzen, die Teil der ursprünglichen „Star Wars“-Filme sei. Das reiche in diesem Fall aus. Zudem wird angeführt, dass man rund 33.000 Euro in Peter Cushings Nachlass eingezahlt habe.
Eine ethische, rechtliche und auch eine politische Frage
Die Klage gegen Disney wurde jetzt offiziell von Tom Mitcheson, Richter am High Court, zugelassen. Allerdings findet Mitcheson keines der angeführten Argumente bisher überzeugend. Der Ausgang des Verfahrens scheint somit offen.
Dieser Fall facht eine Debatte an, die ohnehin schon seit Jahren zunehmend hitzig geführt wird. Ist es in Ordnung, tote Schauspieler mit Technologie für Film- und Fernsehen wiederzubeleben? Dazu gehen die Meinungen klar auseinander. Bei den eingangs erwähnten Beispielen war es so, dass die Darsteller während der Dreharbeiten verstarben. Andererseits war der Aufschrei groß, als 2019 bekannt wurde, dass ein Film mit dem Titel „Finding Jack“ entstehen soll. Besonders brisant hierbei: eine wichtige Rolle in dem kommenden Kriegsfilm soll James Dean übernehmen. Die Schauspielikone verstarb 1955 im Alter von nur 24 Jahren. Zwar gab Deans Familie ihr Einverständnis zur Nutzung seiner Bilder, dennoch war die Kritik groß. Schließlich könne Dean nicht mehr selbst entscheiden, ob er an dem Film mitwirken wolle oder nicht.
Auch namhafte Schauspieler wie Chris Evans („Captain America: The First Avenger“, „Knives Out“) äußerte sich öffentlich zu diesem Beispiel. Auf der damals noch als Twitter bekannten Plattform X schrieb er: „Vielleicht können wir einen Computer besorgen, der uns einen neuen Picasso malt. Oder er schreibt ein paar neue John-Lennon-Songs. Der völlige Mangel an Verständnis dabei ist beschämend.“
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KI-Boom sorgt für neue Proteste
Das vergangene Jahr war zudem geprägt von den großen Streiks in Hollywood. Dort protestierten erst die Autoren, dann auch die Schauspieler. Einer der großen Streitpunkte war der Einsatz von KI. Die streikenden Parteien forderten unter anderem eine bessere KI-Regelung und vor allem Schutz davor, von der Technologie ersetzt zu werden. Immerhin würden im Zweifel die Studios Geld mit Ideen und Bildern verdienen, ohne die eigentlichen Schöpfer zu beteiligen. Das betreffe sowohl große als auch kleine Namen der Industrie.
Während manche den aktuellen KI-Boom in der Filmindustrie, speziell mit Blick auf die geschilderte Problematik, für einen Trend halten, der in ein paar Jahren wieder verschwinden wird, warnen auch viele davor. Gerade in einer Branche, die von Kreativität lebe, müssten auch die Persönlichkeitsrechte der in ihr Arbeitenden gewahrt werden. Und das gilt auch für die Rechte am eigenen Bild über den Tod hinaus.