Nach einem Gerichtsurteil haben die chinesischen Hersteller Oppo und OnePlus den Verkauf ihrer Smartphones über ihre Online-Shops vorerst eingestellt. TECHBOOK verrät, wie es zu dem Verkaufsstopp in Deutschland gekommen ist.
Auf der Webseite von Oppo werden aktuell keine Smartphones zum Verkauf angeboten. Hier heißt es nur, dass momentan keine Produktinformationen verfügbar seien. Alle Produkte ließen sich aber weiterhin uneingeschränkt nutzen. Ähnliches zeigt sich im Shop von OnePlus, in dem ebenfalls keine Handys mehr zu finden sind. Schuld an dem Verkaufsstopp der Oppo- und OnePlus-Smartphones ist eine Klage von Nokia.
Übersicht
Nokia erwirkt vor Gericht Verkaufsstopp gegen Oppo und OnePlus
Die Netzwerksparte von Nokia hält viele Lizenzen, die essenziell für den Betrieb von aktuellen Smartphones sind. Wer die patentierten Technologien nutzen möchte, muss eine Lizenzgebühr zahlen. Im Falle von Oppo und OnePlus, die beide der BBK-Electronics-Gruppe angehören, nutzen die Hersteller allerdings ohne Einverständnis von Nokia geschützte 5G-Technologien. Nokia hatte daher bereits vor Jahren Klage eingereicht. In Deutschland ist der Patentstreit im Juli neu aufgeflammt. Grund war ein Urteil des Mannheimer Landgerichts, das Nokia recht gab und den Smartphone-Herstellern mit einem Verkaufsverbot drohte, wenn sie sich nicht mit Nokia einig werden.
Oppo wehrte sich gegen das damalige Urteil – ohne Erfolg. Der Patentstreit landete erneut vor Gericht und wieder wurde zugunsten von Nokia geurteilt. Wie die Wirtschaftswoche in einem exklusiven Bericht schreibt, verhängte das Landgericht München 1 am Freitagnachmittag einen Verkaufsstopp gegen Oppo und OnePlus. Beide Hersteller reagierten bereits am Wochenende darauf und haben ihre Smartphones aus ihren Online-Shops genommen.
In diversen anderen Online-Shops, darunter auch Amazon, finden sich die Smartphones von Oppo und OnePlus allerdings noch. Denn laut des Urteils dürfen Reseller ihre noch vorhandenen Bestände weiterhin verkaufen. Sind diese jedoch aufgebraucht, könnte es mit dem Nachschub schwierig werden.
Wir brauchen Ihre Mithilfe. Nehmen Sie sich 1 Minute Zeit und beantworten Sie bitte folgende vier Fragen:
Lesen Sie auch: Was Sie über den Smartphone-Hersteller Oppo wissen sollten
Was bedeutet das Urteil für Oppo und OnePlus?
Um den Verkaufsstopp in Deutschland rückgängig zu machen, müssten Oppo und OnePlus eine weltweite Lizenz für die genutzten 5G-Technologien erwirken. Diese würde laut Bericht mit 2,50 Euro pro verkauftem Gerät zu Buche schlagen. Zu viel für Oppo, dessen Verkaufsanteil in Deutschland bei gerade einmal einem Prozent liegt. Den Großteil seiner Smartphones verkauft der Hersteller vielmehr in Ländern, in denen die Menschen wenig verdienen, etwa Asien, Afrika und Lateinamerika. Die Margen sind hier daher gering, die wirtschaftlichen Folgen durch die Lizenzgebühren kaum tragbar.
Bislang ist außerdem nur Deutschland von dem Verkaufsstopp der Oppo- und OnePlus-Smartphones betroffen. Der „Schaden“ für die Hersteller bleibt somit überschaubar. Das könnte sich allerdings ändern, da Nokia auch in anderen Ländern wie Frankreich, Spanien, Großbritannien, den Niederlanden, Finnland und Schweden gegen die beiden Hersteller klagt. Entscheiden die dortigen Gerichte wie in Deutschland, müssten sich Oppo und OnePlus nahezu vollständig aus Europa zurückziehen.
Lesen Sie auch: Nach Verkaufsstopp – Nokia holt Smartphones in Online-Shop zurück
Hersteller kritisieren hohe Lizenzgebühr
Unklar ist, wie die beiden Hersteller dann reagieren würden. Oppo äußerte sich auf unsere Nachfrage wie folgt zu den Ereignissen.
Als Inhaber vieler 5G-Patente respektiert Oppo den Wert des geistigen Eigentums bei Innovationen in besonders hohem Maß. Wir haben in der Vergangenheit Cross-Licensing-Vereinbarungen mit vielen führenden Unternehmen abgeschlossen und setzen uns für die Förderung eines gesunden Ökosystems für geistiges Eigentum ein. Am Tag nach dem Auslaufen des 4G-Vertrags zwischen Oppo und Nokia ist Nokia sofort vor Gericht gegangen. Zuvor haben sie eine unangemessen hohe Vertragsverlängerungsgebühr gefordert.
Unser langfristiges Engagement auf dem deutschen Markt bleibt unverändert und wir arbeiten proaktiv mit den relevanten Parteien zusammen, um die laufende Angelegenheit zu klären. Abgesehen davon, dass der Verkauf und die Vermarktung bestimmter Produkte über die offiziellen Kanäle von Oppo Deutschland ausgesetzt wurde, wird Oppo den Betrieb in Deutschland weiterführen. In der Zwischenzeit können die Nutzer weiterhin Oppo-Produkte nutzen, unseren Kundendienst in Anspruch nehmen und zukünftige Betriebssystem-Updates erhalten.
Offizielles Statement von Oppo
Das Unternehmen plant also keinen freiwilligen Rückzug aus Europa, sondern hofft hingegen auf eine baldige Lösung des Rechtsstreits. Somit relativiert es die Headline der Wirtschaftswoche, die damit titelte: „Oppo verlässt deutschen Markt“. Man setze alles daran, die Angelegenheit schnellstmöglich zu klären. Wie genau das passieren soll, ist aber offen. Denn die von Nokia geforderte Lizenzgebühr hält Oppo für zu hoch.
OnePlus äußert sich ähnlich wie Oppo. Gegenüber TECHBOOK gab der Hersteller an, derzeit an einer Lösung zu arbeiten und plädiert für einen „fairen Zugang zu wichtigen Patenten“. Gleichzeitig kritisiert man allerdings auch hier deren „unangemessen hohe Gebühr“. Im Detail heißt es von OnePlus:
OnePlus hält sich gewissenhaft an die Gesetze und Vorschriften in allen Märkten, in denen wir tätig sind. Als führende Technologiemarke erkennen wir die Bedeutung des geistigen Eigentums für die Förderung von Innovationen an und legen großen Wert auf einen fairen Zugang zu wichtigen Patenten. Die Forderung von Nokia nach einer unangemessen hohen Gebühr ist diesem Effekt abträglich.
Wir arbeiten aktiv mit den betroffenen Parteien zusammen, um die laufende Rechtsangelegenheit zu lösen. Während der Verkauf und die Vermarktung der betroffenen Produkte auf Eis gelegt sind, bleibt OnePlus dem deutschen Markt verpflichtet und wird seine Geschäftstätigkeit fortsetzen. In der Zwischenzeit können OnePlus-Nutzer in Deutschland weiterhin unsere Produkte und die damit verbundenen Dienstleistungen wie regelmäßige Software-Updates und unseren Kundendienst in Anspruch nehmen wie bisher.
Offizielles Statement von OnePlus
In der Vergangenheit haben teure Lizenzen und Patentstreitigkeiten schon des Öfteren zu Verkaufsverboten geführt. In Deutschland gab es einen solch umfangreichen Stopp bislang allerdings noch nicht. Und er könnte noch größer werden, da zur BBK-Electronics-Gruppe auch die Marken Vivo und Realme gehören. Auch gegen sie geht Nokia vor.