
18. Mai 2025, 8:32 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Einst war die Sanyo Electric Co. Ltd. einer der wichtigsten japanischen Anbieter gerade auch für Consumer Electronics. Heute bleibt von dem Big Player nur noch der Name.
Vor allem etwas ältere Leser dürften sich an Sanyo-Plattenspieler, -Receiver oder -Stereo-Rekorder erinnern, die in den 1970er-Jahren zur Crème de la Crème im Hi-Fi-Bereich zählten. Und auch bei Batterie- und Akku-Technik gehörte Sanyo zu den führenden Anbietern. Später aber folgte der tiefe Fall. Höhere Gewalt, aber auch falsche Entscheidungen des Managements führten schließlich gar zur Zerschlagung des Konzerns.
Mit Fahrradglühlampen begann der Aufstieg
Gegründet wurde die Sanyo 1947 von dem Japaner Toshio Iue in Moriguchi in der Präfektur Osaka. Iues Karriere aber hatte schon Jahre zuvor in der Elektrofabrik von Konosuke Matsushita begonnen, die Fahrradglühlampen produzierte. Dessen Unternehmen, Matsushita Electric Industrial Co. Ltd., sollte in den kommenden Jahrzehnten zum Weltkonzern aufsteigen und firmiert seit 2008 unter dem (in Deutschland bekannterem) Namen Panasonic.
Konosuke, der mit einer Schwester Iues verheiratet war, bot dem Schwager zunächst eine Stelle als Verkäufer in seiner Firma an. Später heiratete Iue seinerseits eine Schwester Matsushitas, was die Familienbande noch festigte. Und als Iue sich 1947 entschied, mit einer eigenen Produktion von Fahrradlampen auf den Markt zu gehen, unterstützte ihn der Schwager. Zudem stellte er eine seiner leer stehenden Elektrofabriken zur Verfügung. Ob dies tatsächlich aus reinem Familiensinn geschah, ist heute allerdings nicht mehr zu klären. Möglich wäre auch, dass die US-Behörden Druck auf Matsushita ausgeübt hatten, um dessen steilen Aufstieg zu einem der größten Wirtschaftsführer Japans zu bremsen. Die USA hielten Japan bis 1951 besetzt.
Große Pläne für das neue Unternehmen
Wie zuvor schon Matsushita brachten die Fahrradlampen auch Iue Erfolg, sodass er 1950 die Sanyo Electric Co. Ltd. gründete. Bereits der Name zeigt, dass er von Anfang an groß dachte. Sanyo, das bedeutet „drei Ozeane“. Iue wollte so zum Ausdruck bringen, dass er seine Produkte später einmal in alle Himmelsrichtungen und alle Länder der Welt exportieren würde. Zunächst aber brachte er 1952 das erste japanische Radio mit einem Kunststoffgehäuse auf den Markt. Kurz darauf folgte die erste Waschmaschine, bei der das Wasser und das Waschmittel in Form von Sprühstrahlen auf die Wäsche gelangen.
Diese Technik spart Wasser und Energie und reinigt die Wäsche schonend. Und zu Beginn der 1960er-Jahre leistete Sanyo Pionierarbeit bei der Entwicklung von Nickel-Cadmium-Batterien, wie sie eine immer modernere Gesellschaft zunehmend benötigte.

Expansion auf andere Märkte
Gleichzeitig begann auch die Diversifizierung des Unternehmens, das sich zunehmend international aufstellte und Produktionsstätten weltweit etablierte. Auch der lukrative nordamerikanische Markt wurde nun in Angriff genommen und folgerichtig mit Howard Ladd ein US-Amerikaner zum Executive Vice President der Sanyo Corporation ernannt. Ladd führte das Unternehmen mit seiner Strategie, primär auf die Produktion von Consumer Electronics zu setzen. Darunter waren Fernseher, Kameras, Hi-Fi-Geräte, Autoradios, Radiorekorder, Digitalarmbanduhren mit Taschenrechner etc.). Das führte nicht nur auf dem US-, sondern auch auf dem europäischen Markt zum Erfolg.
1975 verantwortete er auch den Zukauf von Fisher Electronics. Die alteingesessene US-Marke stieg als Sanyo-Tochter (Fisher Corporation under Sanyo) mit Produkten wie der Fisher PH-492 Boombox und ihren Nachfolgemodellen alsbald zum Marktführer der Consumer-Electronics-Sparte auf. All das hatte eine enorme Umsatzsteigerung zur Folge. Lag der Umsatz von Sanyo 1972 noch bei rund 71 Millionen US-Dollar, so stieg er bis 1978 auf 855 Millionen USD. Ladd selbst war bereits ein Jahr zuvor, 1977, zum Präsidenten und CEO der Sanyo/Fisher Corporation ernannt worden.
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Die 3S Japans: Sanyo auf Augenhöhe mit Sony und Sharp
Ebenfalls vertreten war Sanyo bei der neuen Video-Technik. Mit V-Cord positionierte man zunächst gar ein eigenes Format gegen die Konkurrenz von Sony mit Betamax und JVC/Matsushita (seit 2008 Panasonic) mit VHS. Als sich aber abzeichnete, dass der sogenannte „Video-Format-Krieg“ um den Goldstandard in der Video-Technik zwischen VHS und Betamax entschieden werden würde, gab Sanyo V-Cord auf. Und auch bei der stetig wachsenden Computer-Euphorie war Sanyo zur Stelle. Mit dem Desktop-Modell MBC-550 stellte man 1983 den, nach eigenen Worten „günstigsten IBM-kompatiblen Personal-Computer“ vor. Tatsächlich aber war es mit der IBM-Kompatibilität der Sanyo-PCs nicht allzu weit her, sodass sich das Unternehmen bereits 1986 wieder aus dem PC-Markt zurückzog.
In den 1990er Jahren sorgte der „Sanyo Style“ für Aufsehen. Um die Sanyo-Unternehmenskultur von Anfang an zu verinnerlichen, lebten neue Mitarbeiter rund um die Uhr zusammen, und das gleich für fünf Monate. Dabei spielten neben den Job-spezifischen Anforderungen auch soziale Aspekte, wie persönliche Pflege und angemessene Kleidung für den Umgang mit Kollegen und Vorgesetzten, eine wichtige Rolle. Der Erfolg schien dem Unternehmen recht zu geben, das in den 1990er Jahren die weltweit erste hybride Solarzelle entwickelte und 2002 mit 42 Prozent den größten Anteil am Markt der Lithium-Ionen-Akkus hielt. Damit zählte Sanyo nun zu den sogenannten „3S Japans“, den damals größten Elektronik-Anbietern des Landes, also Sony, Sharp und eben Sanyo selbst.

Ein Erdbeben bringt Sanyo in Schieflage
So hoch man in den vergangenen Jahrzehnten aber gestiegen war, so tief sollte man schon bald fallen. Ein Sturz, der 2004 durch das verheerende Chuetsu-Erdbeben ausgelöst wurde, das wichtige Teile der Produktionsanlagen buchstäblich dem Erdboden gleichmachte. Dass zudem keine Versicherung für den Schaden aufkam, führte zu enormen Gewinneinbrüchen für 2004 und 2005. Um der Krise Herr zu werden, startete man jetzt das „Sanyo Evolution Project“. Dieser Restrukturierungsplan sah vor, Sanyo in ein Unternehmen umzuwandeln, das mit der Produktion von Batterien, Solarzellen, Akkus für frühe Hybrid-Autos, wie Honda Insight und Ford Escape Hybrid, Antworten auf die Fragen der Zeit geben konnte. Zudem sollte der Ausbau der Consumer Electronics-Sparte (jetzt auch Mobile Phones, Tablets, Digitalkameras, Projektoren etc.) helfen, den Turnaround zu schaffen.

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Übernahme durch Panasonic
Obwohl Sanyo die Marktführerschaft bei Lithium-Batterien, die man mittlerweile innehatte, halten konnte, musste man Ende 2006 weitere große Verluste und auch einen massiven Stellenabbau bekannt geben. In der Folge verkaufte man 2008 zunächst die Mobiltelefon-Sparte an den japanischen Konkurrenten Kyocera. Und Ende 2008 bestätigten die Verantwortlichen von Sanyo und Panasonic in einer gemeinsamen Verlautbarung die Übernahme durch Panasonic. Der Kauf von 50,2 Prozent der Sanyo-Aktien Anfang 2009 besiegelte dies, und nur ein Jahr später übernahm Panasonic schließlich auch die noch verbliebenen Anteile. Damit war der Untergang des Unternehmens, das in gewisser aus Panasonic hervorgegangen war, nahezu besiegelt. Denn in den folgenden Jahren verkaufte Panasonic weitere Sparten von Sanyo, wie die Consumer-Electronics-Sparte, die von der chinesischen Haier-Gruppe, einem multinationalen Konzern, übernommen wurde.

Heute existiert Sanyo als Unternehmen, wie man es kannte, nicht mehr. Lediglich als Label, das den Qualitätsanspruch, für den Sanyo einst stand, transportieren soll, wird der Name noch genutzt. In einem Bereich ist Sanyo aber nach wie vor ein Begriff. Die 1927 gegründete, eigenständige Sanyo Denki Co. Ltd. zählt zu den führenden Herstellern von elektrischen und elektronischen Komponenten für Lüfter, Motoren und Antriebssysteme. Seit 2005 ist man als Sanyo Denki Germany GmbH auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz vertreten.