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Die Marke mit dem Hund

Was ist eigentlich aus der Suchmaschine Lycos geworden?

Lycos Logo mit Labrador auf Website
Lycos stand einst an der Spitze der Suchmaschinen Foto: picture-alliance/ dpa | Franz-Peter Tschauner
Lars Lubienetzki
Freier Redakteur

01.08.2023, 12:44 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Heute ist Google das Maß aller Dinge, wenn es um Suchmaschinen geht. Das war allerdings nicht immer so. Wer erinnert sich etwa noch an Lycos? TECHBOOK ist in die Geschichte der einst größten Suchmaschine eingetaucht.

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Tiere oder im speziellen Hunde haben als Markenbotschafter schon immer eine gute Figur abgegeben. Kennen Sie beispielsweise den Hund, der lauschend vor einem Grammofon hockt? Nipper heißt die Terrier-Mischung. Das ikonische Bild dazu trägt den Titel „His Master‘s Voice“ und prangt lange Zeit auf Veröffentlichungen der Plattenfirma EMI. Der Hund, um den es in dieser Geschichte geht, trägt keinen Namen. Es handelt sich um einen schwarzen Labrador. Dieser Vierbeiner dient als Markenzeichen von Lycos, im Jahr 1999 die größte Suchmaschine der Welt.

Lycos: Ein Name – zwei Bedeutungen

Was der Name Lycos bedeutet? Dazu existieren zwei Versionen. Nummer 1: Der Name sei angelehnt an den griechischen Begriff „lycos“ – im Deutschen: Wolf – und den wissenschaftlichen Namen für Wolfspinne, Lycosidae.

Als Lycos im Jahr 1994 seine Suchmaschine präsentiert, nutzt das Unternehmen einen neuartigen Webcrawler namens World Wide Web Wanderer. Crawler durchsuchen spinnenartig das Internet nach relevanten Begriffen. Je häufiger dem Crawler bestimmte Begriffe auf einer Website begegnen, desto höher tauchen Webseiten im Ranking auf – einfach erklärt. Insofern scheint die Namenserklärung und die Verbindung zur Wolfspinne schlüssig.

Die zweite Version ist etwas profaner. Lycos sei eine umgangssprachliche Variante des englischen Ausdrucks „like us“.

Werbung macht Lycos zum Hotspot im Netz

Wie auch immer, Lycos und vor allem der schwarze Labrador tauchen immer häufiger in Zeitschriften oder Werbespots auf. Darin übergibt der Hund Antworten auf Suchanfragen in rasender Geschwindigkeit an die suchende Person. Lycos ist damals eines der wenigen Internet-Unternehmen, das auch durch aufwendig produzierte TV-Spots in der analogen Welt auf sich aufmerksam macht. Diese offensive Werbestrategie erklärt einen Teil des raschen Erfolgs.

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Die Website von Lycos entwickelt sich zur wichtigsten Anlaufstelle im Internet. Denn quasi täglich kommen unzählige Websites hinzu. Um den Überblick zu behalten, braucht es Suchmaschinen. Dank der fortschrittlichen Suchtechnologie lässt Lycos die damalige Konkurrenz von Yahoo oder Altavista hinter sich.

Google spielt noch gar keine Rolle zu diesem Zeitpunkt. Der heutige Suchmaschinenriese taucht erst 1998 auf. Wie Lycos setzt Google dann auf moderne Webcrawler. Gleichzeitig kommt bei Google ein ausgeklügelter Suchalgorithmus zum Einsatz, um das Ranking der Websites so genau wie möglich zu gestalten und die beste Antwort zur gestellten Suchanfrage zu liefern.

Lycos fährt eine andere Strategie – wie sich rasch herausstellt, leider eine völlig falsche. Im Jahr 1999 ist Lycos jedoch noch die meistbesuchte und -genutzte Website auf dem Globus. Das Unternehmen verfügt zu diesem Zeitpunkt über Niederlassungen in 40 verschiedenen Ländern.

Vom Gipfel ohne Fallschirm nach unten

In Deutschland kommt es sogar zur Zusammenarbeit mit der Bertelsmann-Gruppe. Gemeinsam mit dem spanischen Telekommunikationsunternehmen Telefónica gründet der deutsche Medienriese das Internetportal Lycos Europe. Denn dazu ist Lycos Ende der 1990er-Jahre mutiert: zu einem Gemischtwarenladen aus Suchmaschine, Webverzeichnis, Mail- und Chatservice, Webseite-Hosting und Online-Community.

Dieses breite Geschäftsfeld macht Lycos als Unternehmen schwerfällig und verwandelt den rasenden Hund in eine lahme Ente. Inzwischen fehlt der Firma die klare Linie. Im Bereich der Suchmaschinen setzt Google ab Anfang der 2000er-Jahre neue Standards. Bei den anderen Services, in denen Lycos versucht, Fuß zu fassen, gibt es inzwischen genügend bessere Spezialanbieter.

Lycos bemüht sich lange Zeit, seine Suchnase noch mit den eigenen Entwicklungen Fireball und Paperball über Wasser zu halten. Fireball, so lautet der Name der Lycos-eigenen Suchmaschine. Mit Paperball hat das Unternehmen eine eigene Nachrichtensuche entwickelt, noch bevor Google News auch in diesem Bereich alle anderen Wettbewerber vom Spielfeld kegelt. Doch beide Systeme können Mitte der 2000er-Jahre mit der rasant voranschreitenden technischen Entwicklung nicht mehr mithalten.

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Lycos landet auf dem Internet-Friedhof

Das Ende von Lycos und den schwarzen Labrador rückt unvermeidlich näher. Der einstige Internet-Gigant hat in seinen Spitzenzeiten einen Marktwert von 12 Milliarden US-Dollar. Im Jahr 2008 bleibt davon nur eine blasse Erinnerung. Nach diversen Umstrukturierungen gibt das Unternehmen im November 2008 schließlich sein Ende bekannt. Heute existieren in einigen Ländern noch Lycos-Dienste, die mit der ursprünglichen Firma allerdings nichts mehr zu tun haben.

Die kurze Geschichte zeigt auch, wie zügig die Evolution des World Wide Web in der Anfangsphase voranschreitet. Deswegen hat der schwarze Labrador von Lycos, einst die schnellste Spürnase im Internet, bereits nach wenigen Jahren ausgeschnüffelt.

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