6. November 2024, 13:58 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Viele Menschen nehmen für ihre Nachbarn Pakete an. Immerhin möchte man nett sein und dem Paketboten die Arbeit erleichtern. Doch genau diese Nettigkeit kann im Zweifelsfall zum Ärgernis werden, warnt die Polizei.
Jeder kennt die Situation: Paketboten möchten bestellte Waren ausliefern, treffen den Empfänger aber selbst nicht an. Daher klingeln sie beim Nachbarn. Jeder hat sicherlich schon jeder einmal ein Paket für seinen Nachbarn entgegengenommen oder irgendwo im Haus eine Sendung abgeholt, die jemand anders netterweise entgegengenommen hat. Allerdings nutzen Betrüger genau diese Freundlichkeit aus.
Mit der Warnung „Helfen Sie Ihrem Nachbarn, aber nicht dem Betrüger“ wendet sich das Landeskriminalamt Berlin daher regelmäßig an die Bürger. Grund für die Warnung ist eine Masche von Betrügern, die Nutzer am Ende teuer zu stehen kommen kann.
Übersicht
Vorsicht bei der Ausgabe der Pakete an Unbekannte
Wer seine Nachbarn gut kennt und weiß, wer zu wem gehört, kann auch weiterhin Pakete annehmen. Vorsicht ist allerdings geboten, wenn die Lieferung an einen eher unbekannten Namen geht oder das Paket von einer unbekannten Person abgeholt wird. Betrüger nutzen die Hilfsbereitschaft der Hausgemeinschaft nämlich nur allzu gern aus.
Die Masche klingt kompliziert, ist aber einfach: Die Betrüger beschriften ungenutzte Briefkästen mit dem jeweiligen Bestellnamen. In einem Fall (siehe unten) werden sogar die Identitäten von realen Nachbarn missbraucht. Im Internet bestellen sie daraufhin unter fremden Namen oder über gestohlene Identitäten und geben die zuvor vorbereitete Lieferanschrift an, unter der sie jedoch nicht wohnhaft sind.
Das Paket wird verschickt und landet beim Lieferdienst, dessen Mitarbeiter es ausliefern. Der Empfänger ist aufgrund der beschriebenen Gegebenheiten natürlich nicht an der Adresse anzutreffen. Die Betrüger setzen also darauf, dass ein netter Nachbar das Paket annimmt.
Über die erfolgreiche Zustellung werden sie vom Lieferdienst per App informiert. Sie müssen jetzt nur noch die Zustellkarte aus dem entsprechenden Briefkasten herausfischen und mit dieser das Paket abholen. Wie die Polizei mitteilt, klingeln in diesen Fällen meist junge Männer als „Abholer“ beim Nachbar und verlangen die Herausgabe des Pakets. Auf Nachfragen die Person betreffend seien die Argumente sehr fantasiereich. Etwa sei man „ein Verwandter des Abholers“, „der Besteller aktuell im Urlaub“ oder „frisch eingezogen“.
Was viele nicht wissen: Nimmt man ein Paket an, ist man dafür verantwortlich, dass es sicher an den Empfänger herausgegeben wird. Denn hat ein Zusteller das Paket abgegeben, haftet er nicht mehr dafür. Sollte eine Ware nicht beim Empfänger ankommen, sind Händler verpflichtet, den Kaufpreis für das Bestellte zu erstatten. Darauf weist die Verbraucherzentrale Niedersachsen hin. Der Händler wird sich dann an den Nachbarn wenden, bei dem das verschwundene Paket zuletzt registriert war. Im Mindestfall hat man somit zu tun, seine Unschuld zu beweisen und sich aus der Verantwortung zu nehmen.
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Sechs Paar Schuhe auf den Namen des Nachbarn
Zwei Beispiele von Lesern, die sich an TECHBOOK gewandt haben, zeigen das Vorgehen der Betrüger. Bernd S. aus Berlin bekam sechs hochwertige Markenschuhe von Boss zugeschickt. Bestellt wurde die Ware im Wert von rund 500 Euro auf Rechnung, allerdings nicht von ihm. Da S. zum Zeitpunkt der Lieferung nicht zu Hause war, nahm die Nachbarin das Paket an. Bevor die Betrüger zuschlagen konnten, hat Bernd S. jedoch seinen Briefkasten geleert. Die Zustellbenachrichtigung konnte er also abfangen, bevor die Betrüger sie ergattern konnten. Er holte die unbekannte Ware bei der Nachbarin ab und wendete so größeren Schaden ab. Die Nachfrage beim Händler ergab, dass sogar extra eine E-Mail-Adresse auf seinen Namen beim Mail-Dienst Web.de angelegt wurde. Er sendete die Schuhe zurück und das Unternehmen sah entsprechend von weiteren Maßnahmen ab.
Betrugsopfer Florian D. kam weniger glimpflich davon. Er bemerkte nichts von dem Betrug, bis ein Brief eines Inkasso-Büros bei ihm im Briefkasten landete. Anscheinend wurde eine Lieferung auf seinen Namen beim Nachbarn abgeholt – jedoch nicht von D. persönlich. Die zugehörige Rechnung wurde ebenfalls nicht beglichen, weshalb der Online-Händler das Inkasso-Unternehmen einschaltete. Florian D. brachte den Fall bei der Polizei zur Anzeige.
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Nachbar könnten für den Verlust haften
Größtes Problem bei der Masche: Der Online-Shop hat durch den Paketdienst die Unterschrift des Empfängers bzw. der annehmenden Person als Bestätigung erhalten. Für etwaige zivilrechtliche Ansprüche sind diese somit der letzte namentlich bekannte und nachvollziehbare Empfänger des Pakets. Online-Händler können den Schaden unter Umständen gegenüber diesen Personen geltend machen.
In den vergangenen Jahren ist es nach Angaben des Berliner LKA zu einem Anstieg dieser Betrugsmasche gekommen. Die Empfehlung der Polizei: „Bleiben Sie bei aller Nachbarschaftshilfe und Freundlichkeit misstrauisch, achten Sie auf zusätzlich angebrachte Namen an Hausbriefkästen oder leeren Wohnungen und informieren Sie bei Auffälligkeiten die Polizei oder Ihre Hausverwaltung.“
Ein guter Kontakt schützt
„Bei aller Vorsicht wäre es schade, wenn diese Betrugsmasche dazu führt, dass man Angst hat, Pakete für jemanden entgegenzunehmen. Denn umgekehrt hat sich jeder sicherlich schon darüber gefreut, nicht zur Poststelle zu müssen, sondern das Paket beim Nachbarn abholen zu können. Der beste Schutz vor derartigen Betrugsversuchen ist daher, seine Nachbarn zu kennen und Pakete nur an diese bekannten Personen herauszugeben.
Nehmen Sie jedoch keine Pakete für Personen an, die Sie nicht kennen! Und geben Sie die Pakete bei Fremden nur nach Vorzeigen eines amtlichen Lichtbildausweises heraus. Notieren Sie in diesem Fall die wichtigsten Daten (Adresse, Ausweisnummer, Zeit und Aussehen des Abholers), um später die Weitergabe beweisen zu können.“