Viele Mieter und Mieterinnen in Deutschland zahlen mit ihren Nebenkosten auch den Anschluss fürs Kabelfernsehen. Die Kosten dafür belaufen sich monatlich auf rund 10 Euro. Doch damit ist bald Schluss, denn die Bundesregierung hat beschlossen, die Umlagefähigkeit der TV-Anschlussgebühren über die Nebenkosten abzuschaffen.
Seit den 1980er Jahren haben Vermieter die Möglichkeit, mit den Kabelprovidern einen Rahmenvertrag abzuschließen und Wohnungen mit Kabelfernsehen zu versorgen. Die dabei anfallenden monatlichen Kosten für den Kabelanschluss legen sie auf die Nebenkosten um, die jeder Mieter zu gleichen Anteilen zu zahlen hat – ob er den Anschluss nutzt, oder nicht. Doch eben diese Umlagefähigkeit hat die Bundesregierung im Rahmen der Modernisierung des Telekommunikationsrechts in Deutschland bereits im Frühjahr 2021 gekippt. Seither läuft eine Übergangsfrist.
Übersicht
Zum 30. Juni 2024 tritt die Reform dann schlussendlich in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt dürfen Vermieter die Kosten für den Kabel-TV-Anschluss nicht mehr auf ihre Mieter umlegen. Wer dann weiterhin über Kabel fernsehen möchte, muss sich selbst um einen Anschluss kümmern und die Kosten dafür tragen.
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Wer vom neuen Gesetz profitiert….
Bereits im Sommer 2020 gaben Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) entsprechende Pläne bekannt, die Kosten für den Kabelanschluss aus den Nebenkosten zu streichen. Nach mehreren Gesprächen stimmte der Bundestag dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Modernisierung des Telekommunikationsrechts in geänderter Fassung 2021 zu. Auch der Bundesrat hat die Änderung abgenickt.
Mit der Reform möchte die Bundesregierung Mietern die Möglichkeit geben, künftig selbst zu entscheiden, über welchen Weg sie ihr Fernsehprogramm empfangen. Statt auf Kabel greifen viele Nutzer beispielsweise auf DVB-T2 oder auch auf IPTV bzw. Streaming zurück. Sie zahlen dann unter Umständen doppelt – ihren gewählten TV-Zugang sowie die in den Nebenkosten enthaltene Gebühr für den Kabelanschluss.
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Mit dem Wegfall der „Zwangskosten“ entscheiden sich womöglich noch mehr Menschen für einen alternativen TV-Zugang. Für sie hat der Beschluss somit einige Vorteile, bringt er doch mehr Freiheit und verringert ihre monatlichen Kosten. Auch Anbieter wie die Deutsche Telekom oder 1&1 dürften sich über die Überarbeitung des Telekommunikationsrechts freuen. Die Unternehmen betreiben – anders als beispielsweise Vodafone – selbst kein TV-Kabelnetz, bieten aber Pakete für Fernsehen über das Internet an.
Schlussendlich profitieren auch diejenigen von der neuen Regelung, die gar nicht mehr auf lineares Fernsehen setzen. Ob sie stattdessen Abos bei einem oder mehreren Streaming-Diensten haben oder sogar komplett auf einen Fernseher verzichten – Extragebühren in Form von Nebenkosten fallen für sie nicht mehr an.
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… und für wen die Gesetzesänderung Nachteile bringt
Doch ist der Kabelanschluss nicht mehr in den Nebenkosten enthalten, bringt das auch Nachteile. Womöglich sogar für einen großen Anteil der Mieter in Deutschland. Noch immer schauen die meisten nämlich über Kabel fern – nicht nur, weil sie den Anschluss ohnehin zahlen, sondern auch, weil er bequem ist. Zudem bietet er die Grundlage für weitere Dienste. Möchten Kunden beispielsweise Sky buchen und das Programm von Sky Q nutzen, setzt dies für den vollen Umfang des Angebots einen Kabel- bzw. Satellitenanschluss voraus. Auch ältere Menschen scheuen sich womöglich, auf neuartige Anschlussmethoden wie Fernsehen über das Internet umzusteigen. Zudem ist die Abdeckung nicht in allen Regionen Deutschlands so gut, dass die Internetgeschwindigkeit zum Streamen ausreicht. Hier bleibt somit nur DVB-T2 oder Satellit.
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Wird der TV-Kabelanschluss teurer?
Kunden können nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes zwar beim Kabelfernsehen bleiben. Doch werden die Anschlüsse dann womöglich teurer. Aktuell liegen die monatlichen Kosten für einen Kabelanschluss in den Nebenkosten zumeist zwischen 8 bis 10 Euro – relativ niedrig, vor allem, wenn man sich die TV-Kosten in anderen europäischen Ländern anschaut. Möglich ist eine solch geringe Gebühr durch die Masse an Nutzern. Kabelprovider können den Wohnungsbaugesellschaften kostengünstige Verträge anbieten, da sie durch die Vielzahl der so gewonnen Anschlüsse dennoch ordentlich Geld einnehmen, gleichzeitig aber einen vergleichsweise geringen Verwaltungsaufwand haben. Kunden und Anbieter profitieren.
Doch mit der ab 2024 in Kraft tretenden Gesetzesänderung müssen Mieter dann Einzelverträge bei den Netzbetreibern abschließen. Und nicht alle werden dies tun, so die Befürchtung der Kabelanbieter. In den Fällen, wo sie es doch tun, wächst durch die Einzelbetreuung gleichzeitig der Aufwand, was mit höheren Verwaltungskosten verbunden ist. Diese legen die Anbieter dann wohl auf die Kunden um – wie schon bei den aktuellen Kosten von einzeln abgeschlossenen Kabelverträgen zu sehen ist. So kostet ein einzelner Kabel-TV-Anschluss bei Vodafone beispielsweise etwa 18 Euro im Monat – etwa doppelt so viel wie beim Vertrag über den Vermieter.
Ganz so teuer wird es laut den Verbraucherschützern dann aber wohl nicht. Zumindest zeigen das erste Erfahrungen bei gekündigten Mehrnutzerverträgen. Die Verbraucherzentrale rechnet durch den Abschluss von Einzelverträgen demnach mit einer Erhöhung der monatlichen TV-Kabelgebühr um etwa 2 bis 3 Euro.
Übrigens: Für Besitzer einer Eigentumswohnung gilt, was die Eigentümergemeinschaft beschließt. Sie kann entscheiden, ob sie den Mehrnutzungsvertrag weiterlaufen lässt. Im Rahmen der Gesetzesnovelle besteht ein Sonderkündigungsrecht zum 31. Juni 2024. Wird dieses nicht genutzt, läuft der alte Vertrag wie gewohnt weiter und das Nebenkostenprivileg bleibt bestehen.
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Probleme für ALG-II-Empfänger
Auch Empfänger von staatlichen Zahlungen sind von der Änderung mitunter hart getroffen. Empfängern von ALG-II zahlt beispielsweise häufig das Amt die Nebenkosten, und somit auch die Kosten für den Kabelanschluss. Einen selbst beauftragten Anschluss müssten sie hingegen selbst zahlen, was einigen wohl nur schwer möglich sein dürfte. Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbands der Wohnungswirtschaft GdW, sieht die Reform daher kritisch. „Belastet werden mit dieser neuen Regelung ausgerechnet geringverdienende Haushalte: Für sie werden ab Mitte 2024 die TV-Kosten dann auch nicht mehr als Kosten der Unterkunft von der Kommune übernommen.“
Andere Stimmen wiederum sehen mehr Gleichberechtigung in der Reform. Denn nicht alle ALG-II Empfänger können ihren TV-Anschluss über die Nebenkosten abrechnen und müssen ihn bereits selbst zahlen. Sie sind gegenüber der anderen Gruppe somit benachteiligt.