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System zur Videoaufnahme

Was ist eigentlich aus Showview geworden?

Showview Aufnahme Rekorder schwarz vor weißem Hintergrund
Showview steht auch für einen gewissen Nostalgiefaktor Foto: picture alliance / dpa Themendienst | Andrea Warnecke
Lars Lubienetzki
Freier Redakteur

23.04.2023, 08:58 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Wer in den 90er-Jahren die Lieblingsquizshow oder den Tatort nach der Ausstrahlung im TV nochmal sehen wollte, konnte den Inhalt aufzeichnen. Eine beliebte Lösung dafür war Showview.

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Jede technische Innovation löst Probleme, schafft allerdings meist neue. So ist das auch, als die ersten Videorekorder Ende der 1970er-Jahre in immer mehr Wohnstuben einziehen. Nie wieder die Lieblingssendung verpassen. Jetzt lässt sich schließlich alles einfach per Videorekorder aufzeichnen. Allerdings erweist sich das in der Praxis als gar nicht so einfach. Oft herrscht großer Frust, weil das Gerät die Aufnahme verweigert hat. Anfang der 1990er-Jahre verspricht Showview eine Lösung per Zahlencode, die das Programmieren zum Kinderspiel machen soll.

VPS arbeitet per Fernsehsignal

Es sind tatsächlich die TV-Anstalten, die damals versuchen, eine technische Lösung für das Aufnahme-Problem anzubieten. Ein erster Versuch startet in der ARD im Jahr 1985 mit dem Video Programming System (VPS). VPS macht es möglich, eine TV-Sendung über eine spezielle VPS-Zeit aufzuzeichnen. Der Name klingt nach großer Technik. Allerdings ist die VPS-Zeit in der Regel gleichbedeutend mit der eigentlichen Sendezeit, die in der Programm-Zeitschrift steht.

Um die Vorteile von VPS nutzen zu können, reicht es aus, die VPS-Zeit als Start- und Endzeitpunkt in den Videorekorder einzugeben. Ältere Zeitgenossen fragen jetzt berechtigterweise: Wo liegt denn der Vorteil von VPS zum bisherigen Verfahren? Denn eine Start- und Endzeit für die Aufnahme ist auch vorher und ohne VPS notwendig gewesen. Genau daran sind zahlreiche Menschen gescheitert.

VPS bringt einen entscheidenden Vorteil, wenn die Zeiten tatsächlich ordnungsgemäß einprogrammiert worden sind: Eine TV-Sendung wird komplett aufgezeichnet, vom Anfang bis zum Ende. Das ist damals bei Live-Sendungen ein Problem gewesen. Stellen Sie sich vor, das Fußball-Spiel steuert auf den finalen Höhepunkt zu. Die Aufzeichnung endet allerdings pünktlich nach 90 Minuten. Den entscheidenden Treffer in die Nachspielzeit für Ihr Lieblingsteam kennen Sie dann nur aus Erzählungen. Eine Vollkatastrophe.

Dank VPS ist der Treffer tatsächlich auf dem Videoband. Denn die TV-Sender strahlen ein Fernsehsignal aus, ähnlich wie das Funksignal im Radio bei den Verkehrsnachrichten. Entsprechende Videorekorder empfangen das Signal und erkennen, ob die Sendung gestartet ist. Erst dann beginnt die Aufnahme. Diese endet nicht nach einer vorher bestimmten Zeit, sondern erst, wenn das entsprechende Signal nicht mehr ausgestrahlt wird.

Ein Zahlencode bringt den Durchbruch

VPS bedeutet daher zwar eine wesentliche Verbesserung in Sachen Programm-Aufzeichnung. Richtig nutzerfreundlich ist VPS allerdings noch nicht. Daher bringt der deutsche Hersteller Blaupunkt Ende der 1980er-Jahre einen Videorekorder mit einem Lesestift in die Läden. Damit lässt sich der Videorekorder per Strichcode programmieren. Das System scheitert allerdings an technischen Macken und verschwindet ganz schnell wieder aus den Regalen.

Für mächtig Aufregung in der Technikwelt sorgt zu Beginn der 1990er Jahre ein neuartiges System des US-amerikanischen Unternehmens Gemstar. Das zunächst als VCRPlus vermarktete System soll deutlich einfacher funktionieren als VPS. Der Testbetrieb startet zunächst in den USA.

VCRPlus arbeitet mit Zahlencodes. Diese sind in der Regel neunstellig. Um eine TV-Sendung aufzuzeichnen, müssen nur noch neun Zahlen fehlerfrei in einen speziell entwickelten Videorekorder eingetippt werden. Im Inneren befindet sich ein technisches Gerät, welches die in dem Code enthaltenen Informationen dekodiert und die Aufzeichnung zum richtigen Zeitpunkt automatisch startet.

VCRPlus heißt in Deutschland ShowView

In Deutschland taucht das System 1993 unter dem Namen Showview auf. Dank einer ausgefeilten Marketing-Strategie etabliert sich Showview rasend schnell in vielen Wohnzimmern.

Schon bald drucken beliebte TV-Zeitungen wie Hörzu, Gong oder TV Movie die Show-View-Zahlencodes ab. Zudem finden sich die neun Zahlen auch auf den Programmtafeln der Fernsehsender im Videotext.

Showview ist damit neben VPS die zweite technische Lösung, um das Aufzeichnen von TV-Sendungen per Videorekorder zu vereinfachen. Gegenüber VPS hat Showview allerdings einen Nachteil: Programmverschiebungen erkennt das System nicht. Daher scheitert die Aufnahme, wenn aufgrund von aktuellen Ereignissen, eine Sendung auf einen anderen Termin geschoben wird.

Die Kundinnen und Kunden lieben Showview allerdings. Daher setzen die Hersteller von Videorekordern auf das Zahlencode-System. Später findet sich die Technik auch in DVD-Rekordern.

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EPG verhilft Showview in die digitale Welt

Das Internet etabliert dank wachsender Datenautobahnen ganz neue Möglichkeiten, um verpasste Sendungen anzuschauen. Die TV-Sender bauen beispielsweise die eigenen Mediatheken aus. Daher müssen Sendungen nicht mehr aufgezeichnet oder angeschaut werden, wenn es die Programmzeitschrift vorgibt. Per Stream flimmert die Lieblingsserie über den Bildschirm, wenn es zeitlich gerade passt.

Viele TV-Geräte verfügen inzwischen über einen sogenannten Electronic Program Guide (EPG), eine Art digitale Weiterentwicklung von Showview. Damit lassen sich Sendungen wie in einer Programmzeitschrift auswählen und zu einem beliebigen Zeitpunkt anschauen. Einige TV-Hersteller bieten sogar tatsächlich noch die Möglichkeit, ein Programm nach manueller Einstellung aufzuzeichnen, um es später anzuschauen. Die Programmierung funktioniert allerdings inzwischen ganz einfach per Knopfdruck und ohne Frust.

Themen #zolar Geschichte TV
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