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Meilenstein im Mobilfunk

Über 30 Jahre SMS – die Geschichte hinter der Kurzmitteilung 

SMS auf dem Smartphone
Jeder kennt die SMS. Doch wie ist sie eigentlich entstanden? Foto: Getty Images
Lars Lubienetzki
Freier Redakteur

09.03.2023, 18:58 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Jeder kennt sie, nahezu alle haben sie schon einmal verschickt oder empfangen – die SMS. Seit mittlerweile über 30 Jahren ist sie eine der beliebtesten Möglichkeiten der Kontaktaufnahme. Doch wie ist die SMS eigentlich entstanden?

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Der Aufstieg der SMS beginnt im Dezember 1992. Es ist ein historischer Weihnachtsgruß, der sich damals auf den Weg macht. Der Absender ist der britische Programmierer Neil Papworth. Die weihnachtlichen Grüße landen auf einem Orbitel TPU 901, einem über zwei Kilogramm schweren Mobiltelefon. Das gehört Richard Jarvis, damals Manager beim Telekommunikationsunternehmen Vodafone. Der freut sich riesig, weniger über den Weihnachtsgruß, viel mehr über die erste SMS, die er als Empfänger erhalten hat. Der Weg bis dorthin hat eine Weile gedauert.

Eine Idee aus den 80ern

Seit Mitte der 1980er-Jahre tüfteln IT-Fachleute an einem Mobilfunknetz-Standard, der europaweit funktioniert. Angeblich sei es Matti Makkonen gewesen, der im Jahr 1984 das erste Mal von der Idee eines Short-Message-Dienstes gesprochen habe. Er entwickelt bei der finnischen Post an dem geplanten Mobilfunk-Standard mit. Der Finne träumt davon, über ein mobiles Netz nicht nur Sprache, sondern auch Textnachrichten zu versenden.

Seine Idee bleibt zunächst noch Zukunftsmusik. Ein europäisches Mobilfunknetz nimmt allerdings immer konkretere Formen an. Die Entwicklung treiben vor allem die Schweiz und die Deutsche Bundespost voran, das Vorläuferunternehmen der Deutschen Telekom.

GSM ermöglicht SMS

Anfang der 1990er-Jahre starten die ersten Versuche, ein mobiles Netz in Europa zu etablieren. Das Global System for Mobile Communications – kurz: GSM – wird vorgestellt, der erste europaweit gültige Mobilfunk-Standard. Da es regional schon Netzstandards gegeben hat, sprechen Fachleute vom Mobilfunk-Standard der zweiten Generation – später auch unter „2G“ bekannt.

Damit Sprache über GSM übertragen werden kann, muss das Netz über eine ausreichende Kapazität verfügen. Es stellt sich heraus: Die vorhandene Kapazität ist viel größer als notwendig. Diese Erkenntnis führt dazu, die Kapazitätsreserve für die Übermittlung von Textnachrichten zu nutzen. Die SMS ist damit ein technischer Zufallsfund.

Wie bei allen technischen Neuerungen gibt es auch bei der SMS noch viele Fragen zu klären, beispielsweise wie lang eine Kurznachricht denn sein soll. Da prescht vor allem die Deutsche Bundespost vor, damals noch ein staatliches Unternehmen. Nicht länger als 160 Zeichen, heißt es von dort. Die Länge ist nicht willkürlich gewählt.

Damals macht die Post ein ordentliches Geschäft mit dem Versand von Fernschreiben und Telegrammen, die allerdings meist weniger als 160 Zeichen aufweisen. Aus gutem Grund: Denn bei einem Telegramm kostet jedes Wort bares Geld. Das Unternehmen wittert daher böse Konkurrenz. Denn die SMS ist anfangs für Mobilfunkkunden kostenlos gewesen.

Übrigens: Die Deutsche Post hat bis Ende 2022 noch einen Telegramm-Service angeboten. Wegen der nicht mehr vorhandenen Nachfrage ist dieser allerdings endgültig beerdigt worden.

Mehr dazu lesen Sie hier: Deutsche Post stellt historischen Dienst für immer ein

SMS: Schreiben mit Schwierigkeiten

Der Siegeszug der SMS schreitet zunächst stotternd voran. Inzwischen sind zwar alle offenen Fragen geklärt. Es fehlen allerdings noch die passenden Endgeräte. Es dauert bis Mitte der 1990er-Jahre, ehe auch die breite Masse endlich kurze Textnachrichten versenden kann.

Der Versand gestaltet sich schwierig. Die Handys von damals verfügen nur über einen Ziffernblock. Darüber lassen sich zwar auch Buchstaben eintippen. Für den Buchstaben „L“ muss allerdings dreimal die Zifferntaste „5“ gedrückt werden – bei 160 Zeichen eine mühselige Fingerübung. Außerdem sorgt die Zeichenbegrenzung für Abkürzungsorgien, die sich teilweise bis in das WhatsApp-Zeitalter hartnäckig halten. Der SMS verdanken wir daher Kürzel wie „LOL“, „N8“, „HDL“ oder „CU“.

Mit der Verbreitung von Mobiltelefonen steigt auch die Anzahl der versendeten Textnachrichten per SMS. Diese Entwicklung erkennen auch die Netzbetreiber und möchten damit Geld verdienen. In Deutschland kostet eine SMS vor der Euro-Umstellung 39 Pfennig. Mit dem Währungswechsel setzt sich ein Standard von 19 Cent durch. Trotz der saftigen Preise simsen die Deutschen, was das Zeug hält.

Im Jahr 1998 sind das erste Mal eine Milliarde SMS verschickt worden, ein wirklich erträgliches Geschäft für die Netzbetreiber. Und es wird noch besser. Der Höhepunkt ist im Jahr 2012 erreicht. Damals wechseln etwa 60 Milliarden SMS vom Sender zum Empfänger.

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Hat die SMS eine Zukunft?

Wenn es nach den Fachleuten geht, müsste die SMS zu diesem Zeitpunkt schon längst tot sein. Schließlich haben mobile Menschen seit dem Jahr 2009 WhatsApp für sich entdeckt. Dort gibt es keine Zeichenbegrenzung und neben Text können noch andere Medien in Sekundenschnelle verschickt werden, und das völlig kostenlos.

Die SMS hat allerdings gegenüber allen anderen Messaging-Diensten einen entscheidenden Vorteil: Sie funktioniert standardisiert und ohne großes technisches Vorwissen auf jedem Mobilgerät oder Smartphone. Deswegen ist das Ende der SMS schon öfters vorhergesagt worden, allerdings bis heute noch nicht eingetreten.

Nach nun mehr als 30 Jahren deutet weiterhin nichts auf einen schnellen Tod hin. Im Gegenteil: Im Jahr 2021 hat sich die Zahl der verschickten SMS in Deutschland von 7 Milliarden im Vorjahr auf 7,8 Milliarden erhöht, der erste Anstieg seit dem Rekordjahr 2012. Der Grund für den Zuwachs hat allerdings nichts mit der wiederentdeckten Liebe der Deutschen für die SMS zu tun. Verantwortlich sei eher die stärkere Verbreitung der sogenannten Zwei-Faktor-Authentifizierung, vermuten Branchenkenner. Viele Dienstleister wie Paypal verwenden diese Methode aus Sicherheitsgründen. Die Identifizierung von Benutzern per SMS ist dabei immer noch der sicherste Weg.

Und mit Sicherheit werden auch zukünftig noch zahlreiche weihnachtliche SMS-Grüße um den Globus wandern. Wobei die meisten SMS tatsächlich immer noch jedes Jahr am 1. Januar um kurz nach Mitternacht auf die Reise geschickt werden. Ein Hoch auf liebgewonnene Rituale.

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