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Dreist!

Diese Daten greift WhatsApp von Ihrem Handy ab

WhatsApp auf dem Smartphone
Whatsapp ohne SIM-Karte? Mit ein paar Kniffen funktioniert das problemlos. Foto: Getty Image

10.04.2020, 13:55 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

WhatsApp selbst sagt über sich: „Schutz der Privatsphäre und Sicherheit ist in unseren Genen“. Doch wie ernst kann man diese Aussagen mittlerweile nehmen? TECHBOOK erklärt, welche Daten WhatsApp tatsächlich über Sie sammelt.

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WhatsApp ist trotz der negativen Schlagzeilen und Klagen über mangelhaften Datenschutz immer noch der am meisten genutzte Messenger. Nach einer herben Niederlage vor dem Landgericht Berlin wurden die Nutzungsbedingungen des Unternehmens in weiten Teilen für unzulässig erklärt. Jetzt nutzt das Unternehmen jedoch eine Lücke in der neuen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), um das Verbot zu umgehen. TECHBOOK hat nachgeforscht und herausgefunden, was das Unternehmen alles über Sie weiß und wofür die Daten genutzt werden.

Welche Daten erfasst WhatsApp?

WhatsApp sammelt generell alle Daten, die von den Nutzern selbst angegeben werden, wie etwa den Anzeigenamen, Geburtstag, Telefonnummer, Status und Profilbild. Normalerweise werden Nachrichten nicht auf den Servern gespeichert. Nur wenn die Nachricht noch nicht empfangen wurde, wird sie für 30 Tage zwischengespeichert und danach automatisch gelöscht. Wenn Sie Nachrichten aus Versehen löschen und wiederherstellen, wird eine Sicherheitskopie (Backup) benutzt, die lokal auf dem Smartphone gespeichert wird und nicht auf den WhatsApp-Servern. Sobald Nutzer das Backup jedoch in der Cloud speichern, sind die Daten angreifbar.

Fotos etwa werden für einen kurzen Zeitraum zwischengespeichert, dann aber laut WhatsApp entfernt und unlesbar gemacht. Der Dienst liest zudem alle Kontakte aus dem Adressbuch aus und speichert sie, um sie regelmäßig abzugleichen.

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Das war aber noch längst nicht alles: Nicht nur kann der Messenger den Standort über GPS, mobile Daten und WLAN bestimmen, sondern auch verfolgen, wenn Nutzer einen Anruf tätigen und in diesem Zusammenhang Telefonnummer und Gerätenummer herausfinden. Zwar weiß WhatsApp nicht, was der Inhalt des Gesprächs ist und kann bei aktiver Ende-zu-Ende-Verschlüsselung auch keine Nachrichten lesen – aber darum geht es auch gar nicht. Der Dienst ist vielmehr an Metadaten – also Informationen über die Daten selbst – interessiert und verfolgt daher Sender und Empfänger sowie den Ort und Zeitpunkt, an dem die Nachricht geschickt wurde. Mit diesen Infos ergibt sich ein umfangreiches Bild über die Person – ein Vorgang, der Profiling genannt wird.

Worauf kann Facebook zugreifen?

Seit der Übernahme im Jahr 2014 durch Facebook hat WhatsApp seine Datenschutzregelung geändert und angefangen, verknüpfte Telefonnummern und andere Account-Informationen mit dem sozialen Netzwerk zu teilen. Als ob Profiling durch WhatsApp selbst nicht schon bedenklich genug wäre, kann Facebook die geteilten Daten dazu benutzen, die eigenen Benutzer-Profile um fehlende Informationen zu ergänzen.

Zwar bietet WhatsApp an, innerhalb der ersten 30 Tage nach Installation die Freigabe von Daten an Facebook zu unterbinden. Jedoch ist dies laut TechCrunch.com nur ein unvollständiger Schutz, der nur verhindert, dass Facebook die Daten für gezielte Werbung und ähnliches verwenden kann. Denn in den Rechtlichen Hinweisen von WhatsApp steht über mit WhatsApp verbundene Unternehmen (wie Facebook):

„sie können mithilfe der Informationen, die wir mit ihnen teilen, unsere Dienste sowie ihre Angebote betreiben, bereitstellen, verbessern, verstehen, individualisieren, unterstützen und vermarkten“

und:

„wir können deine Informationen an jedwedes unserer verbundenen Unternehmen oder Nachfolgeunternehmen bzw. jeden neuen Eigentümer übertragen“

Das bedeutet, dass Facebook unvollständige Profile ohne Telefonnummer mit den Accountinformationen von WhatsApp kombinieren und so ein vollständigeres Bild schaffen kann, ohne dass der Nutzer dem gesondert zugestimmt hätte.

Stellen Sie sich vor, sie haben ein privates Facebook-Profil, auf dem die Telefonnummer nicht angegeben ist. Wenn Sie WhatsApp beruflich nutzen, können Ihre Business-Partner nun auf einmal die Telefonnummer in Ihrem Facebook-Profil entdecken. Klingt nach einem Datenschutz- Albtraum? Nutzer im Forum der Seite iMore.com berichten, dass Sie plötzlich auf Facebook Nachrichten von Leuten bekamen, mit denen sie vorher nie Kontakt hatten – außer über die mit WhatsApp verknüpfte Nummer.

Laut WhatsApp-FAQ dient die Weitergabe von Daten an andere Facebook-Unternehmen, um „WhatsApp kontinuierlich zu verbessern und für Schutz und Sicherheit bei WhatsApp und den anderen Facebook-Unternehmen zu sorgen“.

In den aktuellen AGB werden zudem alle Information, die mit Facebook geteilt werden, genannt. Dazu zählen neben Telefonnummer, Geräteinformationen wie Modellnummer, Betriebssystemversion, App-Version auch die Ländervorwahl, der Netzwerkcode, die Nutzungsinformationen wie Registrierungsdatum und Art sowie Häufigkeit der Nutzung. Diese Informationen werden laut FAQ nur innerhalb der Facebook-Unternehmen geteilt und sind nicht für Drittunternehmen oder für andere Facebook- und WhatsApp-Nutzer sichtbar.

Was kann ich tun, um meine Daten zu schützen?

Wie berichtet konnten Nutzer, die vor dem Update im August 2016 WhatsApp-Mitglied waren, innerhalb von 30 Tagen nach Installation des Updates Facebook das Teilen von Account-Informationen zum Zwecke der Verbesserung von Facebook-Produkten und personalisierter Werbung auf Facebook untersagen. Nun gibt das Unternehmen zu, dass selbst bei Deaktivierung dieser Funktion Nutzerinformationen für andere Zwecke von Facebook bei WhatsApp abgegriffen wurden. Nutzer, die erst nach dem August-Update WhatsApp-Mitglied geworden sind, haben die Option zur Deaktivierung der Datenweitergabe gar nicht erst bekommen, da WhatsApp zu diesem Zeitpunkt bereits Teil der Facebook-Unternehmen war.

Zum Schutz des Inhalts Ihrer WhatsApp-Nachrichten bietet der Messenger Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, wodurch niemand bis auf Sender und Empfänger selbst die Nachrichten lesen können. Die Verschlüsselung ist jedoch nur aktiv, wenn auf beiden Enden des Chats die aktuellste Version von WhatsApp benutzt wird. Sie sollten WhatsApp daher immer auf dem neuesten Stand halten, um Ende-zu-Ende-Verschlüsselung zu gewährleisten und auch sonstige Sicherheitslücken zu schließen.

Sie können verhindern, dass WhatsApp auf Ihre Kontakte zugreift, indem sie der App in den Einstellungen Ihres Smartphones den Zugriff darauf verbieten. Dadurch werden allerdings keine Namen mehr angezeigt, sondern nur noch die Telefonnummern selbst. Die Benutzung wird daher erheblich erschwert, weshalb dieser Schritt generell nicht zu empfehlen ist.

Als letztes und wohl drastischstes Mittel können Sie WhatsApp deinstallieren und einen anderen, sichereren Messenger installieren. Eine hervorragende Alternative ist Telegram, das ebenfalls Ende-zu-Ende-Verschlüsselung bietet und im Gegensatz zu WhatsApp keine Daten über die Benutzer abschöpft. Der Dienst erfreut sich in den vergangenen Jahren einer stetig wachsenden Community, kommt jedoch nicht an die Nutzerzahlen von WhatsApp heran.

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So finden Sie heraus, was WhatsApp über Sie weiß

Wer neugierig ist, welche Daten WhatsApp über das eigene Nutzungsverhalten gespeichert hat, kann das mit wenigen Klicks herausfinden. Hier kommt Nutzern die Informationspflicht zu Gute, die die DSGVO mit sich bringt. Um an den Bericht zu kommen, gehen Sie wie folgt vor.

  1. Öffnen Sie WhatsApp und Klicken sie im Menü auf den Punkt „Einstellungen“
  2. Gehen Sie nun zum Punkt „Account“ und dort zu „Account-Info anfordern“

Hier können Sie nun einen Bericht über die von WhatsApp gespeicherten Daten anfordern, wobei sich der Messenger eine Bearbeitungszeit von etwa drei Tagen vorbehält. Steht der Bericht zur Verfügung, sollte er schnellstmöglich heruntergeladen werden, da WhatsApp den Link zum Download nach spätesten 30 Tagen deaktiviert. Details zu den versendeten Nachrichten sind im Bericht jedoch nicht enthalten.

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Facebook umgeht Verbot der Datenweitergabe in Deutschland

Allem Anschein nach gibt es für WhatsApp-Nutzer keine brauchbare Möglichkeit, sich vor der Weitergabe der Daten an Facebook zu schützen. Und das, obwohl Facebook vor deutschen Gerichten mehrere Niederlagen kassierte und die Nutzungsbedingungen vor allem in Hinblick auf den Schutz der Privatsphäre als unzulässig erklärt wurden. Facebook nutzt jedoch geschickt eine Lücke in der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) aus, um Datenschutzbedenken hierzulande zu umgehen. Laut DSGVO ist nun das EU-Mitglied für den Datenschutz zuständig, in dem ein Unternehmen seine europäische Niederlassung hat. Im Falle der Facebook-Unternehmen ist das Irland.

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Doch damit nicht genug: Das Teilen von Daten zwischen Facebook und WhatsApp ist wahrscheinlich auch aus Sicht irischer Datenschützer bedenklich. Aber hier bedient sich Facebook ebenfalls eines Schlupflochs in der DSGVO. Dieses erlaubt zwei Unternehmen die Weitergabe von Daten, wenn diese einem berechtigten Interesse dienen, das den Schutz der Daten überwiegt. Facebook gibt den Schutz vor falschen Accounts und Spam sowie Fake News als berechtigtes Interesse an.

Nun können WhatsApp-Nutzer nur noch darauf hoffen, dass die Europäischen Datenschutzbeauftragten eine Lösung für das Datenschutzdebakel finden, das auch den Bedenken deutscher Datenschützer zumindest teilweise gerecht wird. Für diejenigen, die nicht länger hoffen wollen, haben die WhatsApp-FAQ einen heißen Tipp parat: „du [kannst] zu jeder Zeit die Nutzung unserer Dienste einstellen und deinen Account über die Funktion Deinen Account löschen in der App löschen“.

Themen: Datenschutz Messenger Sicherheit WhatsApp
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