
4. Juli 2025, 13:54 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Eine aktuelle Untersuchung des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) hat massive Defizite bei der Umsetzung des Digital Services Act aufgedeckt. Demnach fehlen auf allen überprüften Produktseiten großer Online-Marktplätze gesetzlich vorgeschriebene Händlerangaben. Für Kunden bringt das mitunter Probleme.
Ob Amazon, Temu oder Kaufland – auf keiner der insgesamt 30 exemplarisch untersuchten Produktseiten waren laut der Analyse des vzbv alle Pflichtinformationen zu Händlern vollständig vorhanden. Vor allem die fehlenden Kontaktangaben und Sicherheitskennzeichnungen erschweren Verbrauchern die Durchsetzung ihrer Rechte. Sie stellen daher ein gravierendes Umsetzungsdefizit beim Digital Services Act (DSA) dar. Gleichzeitig zeigt ein Bericht des Transatlantic Consumer Dialogue (TACD), dass unsichere Produkte in Online-Shops weiter zunehmen – vor allem bei Elektronik und Kinderspielzeug.
vzbv stößt auf massive Mängel in Online-Shops
Der Verbraucherzentrale Bundesverband hat vom 20. März bis 7. April 2025 mehrere große Online-Marktplätze überprüft, darunter AliExpress, Amazon, Ebay, Kaufland, Media Markt, Otto, Shein, Temu, Wish und Zalando. In einer Webseiten-Analyse wurden insgesamt 30 exemplarische Produktseiten aus den Bereichen Kinderspielzeug, Elektronik und Kleidung untersucht.
Laut der Analyse erfüllte kein einziger der geprüften Online-Marktplätze die Anforderungen an gesetzlich vorgeschriebene Informationspflichten. Auf sämtlichen Produktseiten fehlten grundlegende Angaben wie Name, Adresse, Telefonnummer oder E-Mail des jeweiligen Händlers. Auch Hinweise zu verantwortlichen Wirtschaftsakteuren in der EU blieben oft aus oder waren für Kunden nicht verständlich. All diese Angaben sind laut DSA jedoch verpflichtend, damit Verbraucher im Problemfall einen Ansprechpartner finden.
Sicherheitskennzeichnungen oft lückenhaft
Neben Kontaktdaten fehlten laut vzbv oftmals auch vorgeschriebene Sicherheits- und Warnhinweise. In mehreren Fällen waren Handelsregisterdaten demnach nicht auffindbar oder widersprüchlich. Die Untersuchung legt offen, dass Verbraucher sich nicht auf die bereitgestellten Produktinformationen verlassen können – ein gravierendes Problem bei potenziell gefährlichen Waren.
„Online-Marktplätze boomen – aber mit dem Wachstum steigt auch die Zahl unsicherer Produkte. Bei Problemen ist oft unklar, wer haftet. Immer wieder fehlen Infos über Händler oder Hersteller“, kommentiert Ramona Pop vom vzbv das Ergebnis.
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Unsichere Produkte gelangen über Umwege in die Shops
Auch der Transatlantic Consumer Dialogue (TACD) schlägt Alarm. Der Zusammenschluss europäischer und US-amerikanischer Verbraucherschützer hat eine Vielzahl von Berichten, Tests und Rückrufen ausgewertet. Das Ergebnis: In vielen Fällen gelangen unsichere Produkte trotz Verbots weiterhin über internationale Händler auf europäische Plattformen.
Insbesondere Elektronikgeräte und Kinderspielzeug weisen demnach oft erhebliche Mängel auf – von Stromschlagrisiken über unzureichende CE-Kennzeichnungen bis hin zu fehlenden Sicherheitshinweisen.
In den USA hat Amazon aufgrund unsicherer Produkte sogar Klage eingereicht, aber nicht aus dem Grund, den man vielleicht vermutet. Die Klage richtet sich gegen die Consumer Product Safety Commission (CPSC), die entschieden hatte, dass Amazon als Händler für unsichere Produkte haftbar sei, die über seine Plattform verkauft werden – inklusive Rückrufpflichten. Amazon bestreitet diese Zuständigkeit und stellt zudem die Verfassungsmäßigkeit der Verbraucherschutzbehörde grundsätzlich infrage. Der Konzern argumentiert, lediglich als Logistikdienstleister zu agieren, ähnlich wie UPS oder FedEx.

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vzbv fordert konsequentes Durchgreifen bei Verstößen
Aufgrund der genannten Mängel in den Online-Shops fordert der vzbv ein konsequentes Eingreifen der Politik. Zu TECHBOOK sagte Peter Gerlicher, Referent im Team Marktbeobachtung Digitales des Verbraucherzentrale Bundesverbands und Mitwirkender an der Analyse:
„Wenn es bei Einkäufen auf Online-Marktplätzen zu Problemen kommt, ist es für Verbraucher:innen wichtig, einen Ansprechpartner zu haben, der auch wirklich erreichbar und greifbar ist. Fehlen diese Angaben, können Verbraucher:innen ihre Rechte bei Problemen nicht durchsetzen und werden hängen gelassen. Der vzbv wird die Ergebnisse seiner Untersuchung den zuständigen Stellen für die Durchsetzung des Digital Services Acts zur Verfügung stellen und behält sich die Einleitung von Rechtsverfahren im Rahmen des kollektiven Rechtsschutzes vor.“
Die Forderung ist also eindeutig. Plattformen müssen für Verstöße haftbar gemacht werden. Gleichzeitig müssen Behörden mit ausreichenden Mitteln ausgestattet sein, um entsprechende Untersuchungen durchführen und Verstöße ahnden zu können. Der Verbraucherschutz dürfe in der digitalen Welt nicht länger hinterherhinken, so der vzbv.
Die Sanktionen für diejenigen Plattformen, die gegen den Digital Services Act (DSA) verstoßen, wurden im Gesetz bereits klar definiert. Betroffene Unternehmen müssen bis zu 6 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes im vorangegangenen Geschäftsjahr fürchten. Ebenso können Behörden zusätzlich Zwangsgelder von bis zu 5 Prozent des durchschnittlichen weltweiten Tagesumsatzes verhängen, um die Durchsetzung bestimmter Maßnahmen zu erzwingen. Nutzer haben hingegen das Recht, bei Verstößen des Anbieters gegen nutzerbezogene DSA-Vorgaben Schadensersatz nach nationalem Recht geltend zu machen.