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Neuauflage

Früher war doch nicht alles besser: Das Nokia 3310 im Test

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TECHBOOK Redaktion

05.06.2017, 09:40 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Das Nokia 3310 war eines der beliebtesten Telefone seiner Zeit und verkaufte sich blendend. 17 Jahre nach dem Verkaufsstart bringt HMD Global eine Neuauflage des Klassikers mit leicht modernisierter Technik. Braucht man das oder kann das weg? Ein Test.

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Es ist das Jahr 2000. Im Kino läuft „American Pie“, im Radio vermisst Zlatko Jürgen wie die Hölle, über die Mode schweigen wir mal dezent. Beim Thema Handy – damals ein völlig normales Wort – galt für viele: Siemens oder Nokia.

Das änderte sich, als Ende des Jahres mit dem Nokia 3310 ein Nachfolger des schon extrem erfolgreichen Nokia 3210 kam und gerade bei jüngeren Nutzern den Kampf entschied. Aus heutiger Sicht konnte das Gerät nicht viel: Telefonieren, SMS verschicken, Vibrationsalarm und natürlich den beliebten Zeittotschläger „Snake“. Damals sensationell: Man konnte eigene Klingeltöne komponieren, das Plastikgehäuse ersetzen und acht Kontakte per Sprachwahl anrufen.

„It has a Snake“, sagte HMD-Chef Arto Nummela bei der Vorstellung des Nokia 3310. So richtig viel Spaß macht die Neuauflage des Mobilspiel-Klassikers aber nicht. Foto: dpa

17 Jahre später bringt HMD Global, Inhaber der Marke Nokia, ein neues 3310 auf den Markt. Rein äußerlich weist es eine gewisse Ähnlichkeit zum Original auf. Doch Retro-Freunde sollten nicht zu früh frohlocken. Obwohl im Inneren neuere Hardware steckt, auch ein Farbdisplay und eine Kamera an Bord sind: Noch immer kann das Nokia 3310 aus heutiger Sicht nicht viel. Wer von ihm enttäuscht ist, geht allerdings mit den falschen Erwartungen an die Sache heran.

Ganz ehrlich: Wer braucht im Jahr 2017 ein Telefon mit einem krümeligen Farbdisplay, Tastenbedienung, einer 2-Megapixel-Kamera und keinen zeitgemäßen Funkverbindungen? Das Nokia 3310 lässt bei der Hardwareausstattung alles liegen, was in den vergangenen Jahren zum Standard wurde.

Mit angeschlossenen Kopfhörern wird das Nokia 3310 zu einem brauchbaren UKW-Radioempfänger für unterwegs. Mit Speicherkarte kann Musik im MP3-Format abgespielt werden. Foto: dpa

3310-Nutzer müssen also auf so ziemlich alles verzichten. Zum Beispiel auf Apps. Bahnfahrkarten oder Boardingpässe auf dem Telefon? Nicht mit dem 3310. Navigation per Karten-App? Fehlanzeige. Ein schneller Schnappschuss mit der 2-Megapixel-Kamera scheitert auch regelmäßig. Zum Beispiel am Licht, am Autofokus oder am extrem verzögert reagierenden Auslöser. Ohne zusätzliche Speicherkarte lassen sich auch nur wenige Fotos abspeichern. Und Messenger-Apps? Keine Chance. Fotos lassen sich höchstens per MMS verschicken. Aber nutzt die überhaupt noch jemand?

Unter der glänzenden Kunststoffschale des Nokia 3310 stecken ein austauschbarer Akku sowie Steckplätze für zwei SIM-Karten und eine SD-Speicherkarte im Micro-Format. Foto: dpa

Während die Texterkennung über das Nummertastenfeld mit T9 im Jahr 2000 noch eine echte Innovation war, nervt das Getippe beim Verfassen einer SMS im Jahr 2017 nur noch. Wer gute Bildschirmkeyboards wie SwiftKey oder Apples iPhone-Keyboard kennt, weiß: Früher war eben doch nicht alles besser.

Internet gibt es über einen Mobilbrowser von Opera, der dank der 2G-Verbindung extrem simple Versionen mobiler Webseiten mit extrem langsamer Geschwindigkeit aufruft. Wer Facebook schon immer einmal auf einem Mini-Display ohne Touch-Erkennung im Schneckentempo durchklicken wollte, hat hier seine Chance. Apropos 2G-Verbindung: Die verwendeten Funkfrequenzen im 900- und 1800-Megahertz-Band sind in vielen Ländern schon auf dem Weg in den Ruhestand – oder bereits dort angekommen. Wer mit dem 3310 verreisen will, sollte vorher prüfen, ob es vor Ort überhaupt noch funktioniert.

Zeiten ändern sich. Mit seinem klassischen Feature-Phone-Design wirkt das Nokia 3310 neben modernen Smartphones etwas aus der Zeit gefallen. Foto: dpa

Die vielleicht größte Enttäuschung mit dem Nokia 3310 ist „Snake“. Denn auch der Klassiker unter den mobilen Spielen wurde renoviert und das nicht sehr vorteilhaft. Statt auf festem Schlangenraster und mit einer Taste für jede Richtung wird die pixelige Schlange nun mit den Tasten 4 und 6 durch bunte Spielwelten gesteuert. Alles in allem ist das nicht schlecht, kann aber bei weitem nicht an die simple Genialität des alten „Snake“ und „Snake 2“ heranreichen.

Kleiner, leichter, flacher und mit Kamera: Das Nokia 3310 ist in einer Neuauflage zurück. Foto: dpa

Doch genug der Klage. Denn das Nokia 3310 hat durchaus auch Stärken. Man kann damit zum Beispiel sehr gut telefonieren. Sprachqualität und Empfang sind gut. Die Ausdauer des Akkus ist im Vergleich zu modernen Smartphones geradezu sensationell. Bis zu einen Monat verspricht Nokia und nach knapp zehn Tagen intensiven Gebrauchs zeigte der Akku immer noch die halbe Ladung an. Da könnte also etwas dran sein.

Wer viel Zeit und keine hohen Ansprüche hat, kann mit dem Nokia 3310 auch sein Facebook-Konto aufrufen. Foto: dpa

Auf die Speicherkarte lässt sich auch prima Musik im MP3-Format speichern und unterwegs lang anhören, mit angeschlossenem Headset wird das 3310 zum UKW-Empfänger. Und selbst der für die Kamera irgendwie nutzlose LED-Blitz taugt nachts noch als Taschenlampe. Je nach Ausführung lässt sich im 3310 auch noch eine zweite SIM-Karte unterbringen und im Dual-SIM-Modus betreiben. Ziemlich viel Leistung für 50, respektive 60 Euro für das Dual-SIM-Modell.

Ein bisschen Internet ist mit dem Nokia 3310 möglich – wenn man viel Zeit hat und seinen Standort in die Oberfläche der etwas rudimentären Wetter-App einhackt. Foto: dpa

Hier liegt allerdings auch eine weitere Schwäche des Nokia 3310: Für knapp den halben Preis gibt es mit dem Nokia 150 ein Gerät mit annähernd den gleichen Leistungsdaten in modernerem Design. Dann muss man allerdings auch auf das vage Erinnerungsgefühl an eine längst vergangene Zeit verzichten. Damals eben, als vielleicht nicht alles besser, aber beim Thema Handy noch vieles simpler war.

Es ist wieder da: Nokia-Markeninhaber HMD Global hat eine Neuauflage des Klassikers Nokia 3310 an den Start gebracht. Foto: dpa
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