Direkt zum Inhalt wechseln
logo Mobiler Lifestyle, Streaming und Smart Finance
Per Sprachbot mit Verstorbenen sprechen

App ermöglicht Gespräche mit Toten

Frau spricht mit Smartphone
Spezielle KI-Apps ermöglichen die Kommunikation mit der Stimme von Verstorbenen. Foto: Getty Images
Lars Lubienetzki
Freier Redakteur

14.11.2022, 10:45 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Ein lang gehegter Menschheitstraum scheint mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) Wirklichkeit zu werden: Mit lieben Menschen auch nach dem Tod sprechen zu können. Zumindest gibt es inzwischen KI-Apps, die genau das versprechen.

Artikel teilen

Sprachbots kennen wir alle inzwischen unter Namen wie Siri oder Alexa. Wäre es nicht wunderbar, wenn ein Sprachbot mit der Stimme der verstorbenen Eltern zu Ihnen spricht? Zugegeben: Die Vorstellung wirkt etwas befremdlich. Ein geliebter Mensch ist schon lange verstorben, lebt allerdings zumindest per Stimme ewig weiter. Die App HereAfter kann das. Mithilfe von KI sind Freunde oder Angehörige in der Lage, mit den Verstorbenen zu kommunizieren.

Allerdings handelt es sich selbstverständlich um eine sehr simple Form der Kommunikation. Der KI-Sprachbot spricht zwar wie Oma oder Opa. Die App gibt allerdings nur vorab aufgezeichnete Gespräche des verstorbenen Menschen zu einem bestimmten Thema wieder.

Sprachbot antwortet mit Stimme von Verstorbenen

Wie Siri oder Alexa reagiert HereAfter auf Fragen. Die App nutzt zwar KI, kann allerdings keine eigenen Antworten formulieren. Bei den Antworten handelt es sich um vorab aufgezeichnete Sprachdateien, die der Verstorbene im Laufe seines Lebens eingesprochen hat.

Das können Erinnerungen an wichtige Lebensereignisse sein, beispielsweise die erste Liebe, die Heirat, ein unvergesslicher Urlaub oder die Geburt der Kinder. Wer die App danach befragt, bekommt dann eine entsprechende Antwort, erzählt von der verstorbenen Person.

Damit die Illusion eines Gespräches entsteht, werden sämtliche Aufzeichnungen auch noch von Menschen bearbeitet. Die so vorab zusammengeschnittenen Sätze werden dann per KI sinnvoll zusammengefügt. So hört es sich tatsächlich so an, als würden Oma oder Opa auf eine gestellte Frage antworten.

Um ein nahezu perfektes Gespräch zu simulieren, müssen vorab auch bestimmte Floskeln eingesprochen werden, beispielsweise „Klar!“, „Okay!“, „Ich liebe dich auch!“, „Wie geht es dir?“, „Alles bestens.“.

HereAfter möchte mithilfe von KI den Hinterbliebenen eine Art stimmliches Vermächtnis schenken. So können beispielsweise Enkelkinder erfahren, wie Oma oder Opa über bestimmte Themen gedacht haben oder überhaupt deren Stimmen hören, falls die Großeltern bereits vor der Geburt der Enkel verstorben sein sollten.

Mehr geht allerdings nicht. Auf Fragen wie: „Wie soll ich mich jetzt entscheiden?“, Was würdest du mir raten?“ liefert die App keine Antworten. Noch nicht.

Bots als Video-Zeitzeugen

In eine ähnliche Richtung gehen die Macher von Storyfile. Hier gibt es zu der Stimme noch ein Video. Hier antworten echte Menschen auf Fragen. Auf der Startseite befindet sich beispielsweise ein Video des Schauspielers William Shatner, besser bekannt als Captain Kirk aus der TV-Serie „Raumschiff Enterprise“.

Shatner blickt erwartungsvoll in die Kamera und wartet auf Fragen. Die lassen sich per Knopfdruck über das Computermikrofon stellen, natürlich auf Englisch. Die hinterlegte KI reagiert dann auf bestimmte Schlagworte. Plötzlich spricht der Schauspieler und beantwortet die gerade gestellte Frage. Bei manchen Fragen antwortet der virtuelle Shatner auch: „Das habe ich nicht verstanden.“ – genau wie Siri oder Alexa.

Ein Gespräch mit Captain Kirk mag belanglos klingen. Die Idee hinter Storyfile ist allerdings viel größer. Ursprünglich ging es darum, die Erinnerungen von Überlebenden des Holocaust wach zu halten. Um nachfolgende Generationen an die Ermordung von Millionen jüdischer Menschen im Zweiten Weltkrieg zu erinnern, haben die Storyfile-Macher Videos aufgenommen. Diese Zeitzeugen schildern auf Nachfrage ihre schrecklichen Erlebnisse.

Auf Storyfile finden sich weitere Videos mit Menschen, die als Ersthelfer am 11. September 2001 bei den Anschlägen in New York vor Ort gewesen sind. Sie antworten auf Fragen und schildern, was sie damals erlebt haben. Für den Betrachter fühlt es sich an, als handele es sich um ein echtes Gespräch. Ähnlich wie bei HereAfter erschafft allerdings die KI nur eine Illusion. Denken und somit auf Fragen frei antworten kann heutzutage noch keine KI.

Lesen Sie auch: Künstler zeigt mithilfe von KI, wie tote Prominente heute aussehen könnten

Mehr zum Thema

Intelligente Sprachbots ethisch vertretbar?

Auch wenn KI heutzutage noch nicht selbstständig Denken kann, die Entwicklung geht in diese Richtung. Daher sorgen vor allem Sprachbots, die mit Stimmen von verstorbenen Menschen arbeiten, für Kritik.

Aus ethischer Sicht müssten die Hersteller solcher Apps deutlich herausstellen, es handele sich dabei um keine Kommunikation im menschlichen Sinne. Das sei besonders wichtig, wenn KI irgendwann in der Lage sein sollte, im Namen und mit der Stimme einer anderen Person zu antworten. Wenn das der Fall sein sollte, müsse die App dann darauf hinweisen.

Bis dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg. Derzeit können Alexa und Siri Fragen zum Wetter beantworten oder die Uhrzeit ansagen. Damit Sprachbots irgendwann auch einmal auf komplexere Fragen eigenständige Antworten liefern können, müssen Maschinen erst das Denken lernen.

Themen Künstliche Intelligenz
Deine Datensicherheit bei der Nutzung der Teilen-Funktion
Um diesen Artikel oder andere Inhalte über Soziale-Netzwerke zu teilen, brauchen wir deine Zustimmung für
Sie haben erfolgreich Ihre Einwilligung in die Nutzung dieser Webseite mit Tracking und Cookies widerrufen. Sie können sich jetzt erneut zwischen dem Pur-Abo und der Nutzung mit personalisierter Werbung, Cookies und Tracking entscheiden.