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Einst größter deutscher Computer-Fachverlag

Was ist eigentlich aus Data Becker geworden?

Data Becker Logo an Hauswand
Data Becker galt einst als wahrer Titan der Branche Foto: picture alliance / dpa | Martin Gerten
Lars Lubienetzki
Freier Redakteur

09.03.2024, 16:46 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Eigentlich sagt man ja immer, dass es für den Erfolg reicht, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Nur reicht das nicht immer aus, um auch erfolgreich zu bleiben, wie etwa der Fall Data Becker zeigt.

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Mit dem Erfolg des C64 und dem aufkommenden Heimcomputer-Boom beginnt die Erfolgsgeschichte von Data Becker aus Düsseldorf. Im Grunde leitet diese Verbindung bereits gleichzeitig das Ende im Jahr 2014 ein. Denn die rasante Entwicklung auf dem PC-Markt, der Internet-Boom und Social Media scheinen an der Geschäftsführung von Data Becker komplett vorbeigelaufen zu sein. Eines steht außer Frage: In den 1980er-Jahren macht Data Becker den zahlreichen Computer-Neulingen das beste Angebot. Warum der einst wichtigste Computer-Fachverlag am Ende doch scheitert, möchten wir in diesem Artikel nacherzählen.

Geschäftstüchtiges Brüderpaar aus Düsseldorf

Die Gründer von Data Becker, die Brüder Achim und Harald Becker, stammen aus einer traditionellen Unternehmerfamilie. Ihr Vater beginnt kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs Autos aus zweiter Hand zu verkaufen. Daraus entwickelt sich in den nächsten Jahrzehnten „Auto Becker“ – der Inbegriff für qualitativ gute und günstige Gebrauchtwagen.

Achim und Harald Becker interessieren sich allerdings nicht für Autos, sondern beschäftigen sich lieber mit Computern. Daher eröffnen die beiden Brüder im Jahr 1981 ein Geschäft für Computer und Computerzubehör in der Düsseldorfer Merowinger Straße – auf dem Firmengelände von „Auto Becker“.

Data Becker bedient Computer-Anfänger

Ein Jahr später erobert der C64 die Welt. Plötzlich kaufen sich die Menschen in Deutschland erstmals einen Computer. Mit dem aufkeimenden Heimcomputer-Boom wächst auch die Anzahl der Personen, die völlige Laien in Sachen Computer sind.

Diesen Durst nach Informationen erkennen Achim und Harald Becker sofort. Sie holen sich Expertinnen und Experten in ihr Unternehmen, die Ahnung von den neuen Geräten haben und ihr Wissen auch noch verständlich zu Papier bringen können.

Innerhalb von nur zwei Jahren flutet Data Becker den Markt mit günstigen Computerbüchern. Der Titel „C64 intern“ gehört in den frühen 1980er-Jahren zu den Klassikern. Die Computer-Neulinge möchten lernen. Data Becker liefert die passende Lektüre.

Für alles gibt es eine Lösung

In den Anfängen erscheinen alle Data-Becker-Bücher im typischen rot-weißen Design. Fast jeder neue Titel findet reißenden Absatz. Im Jahr 1984 zählt Data Becker mit einem Umsatz von 39 Millionen D-Mark zu den einflussreichsten Computer-Fachverlagen in der BRD.

Die unzähligen im Umlauf befindlichen Raubkopien von beliebten Programmen befeuern zusätzlich den Buchvertrieb. Denn illegale erworbene Software verfügt über kein Handbuch. Die zahlreichen Fachbücher von Data Becker schließen die Wissenslücken. Die Publikationen aus dem Düsseldorfer Verlag kosten zwischen 30 und 50 D-Mark. Eine geringe Investition. Für Original-Software müssen Computer-Fans damals mehrere Hundert D-Mark oder noch mehr bezahlen.

Ab Mitte der 1980er-Jahre stellt sich Data Becker breiter auf, gibt Computer-Zeitschriften heraus und vertreibt kleinere, selbstprogrammierte Software. Echte C64-Fans tippen damals oft tagelang Basic-Listings ab, um ein kostenloses Programm oder Spiel auf dem Heimcomputer nutzen zu können. Für diese Zielgruppe bietet Data Becker kleine, günstige Anwendungsprogramme – ohne Abtippen von seitenlangen Listings.

Wie die Bücher bedienen die Zeitschriften-Titel von Data Becker ebenfalls einen Kundenkreis, der sich noch nicht so gut oder gar nicht mit Computern auskennt. Mit seinen unzähligen Publikationen hilft der Düsseldorfer Verlag den Menschen in der BRD, die neuen Geräte besser kennenzulernen und zu lieben.

Sprung auf höhere Ebene verpasst

In der Folge wissen immer mehr Menschen immer mehr über Computer. Data Becker versucht daher, neue Zielgruppen zu erschließen. Das funktioniert auch zunächst mit Buchveröffentlichungen für Atari- oder Amiga-Fans.

Mit Beginn der 1990er-Jahre tauchen erste massentaugliche PCs auf und beenden den Heimcomputer-Boom schlagartig. Zudem erfahren die Menschen, was das Internet ist und was online sein bedeutet. Auch diese neue Welle reitet Data Becker mit seinen Büchern am Anfang mit. Damalige Aussagen der Becker-Brüder deuten allerdings darauf hin: Beide haben nicht verstanden, was für eine Entwicklung gerade auf sie zurollt.

Vor allem gelingt dem Verlag nicht der Sprung auf eine höhere fachliche Ebene. Denn inzwischen wissen die meisten Menschen, wie ein Computer funktioniert. Dazu tragen auch die PC-Hersteller bei. Sie normen viele Komponenten und Schnittstellen. Einen Computer zu bedienen, bedeutet kein Hexenwerk mehr. Die Folge: Einsteigerbücher verstauben in den Verkaufsregalen.

Höhepunkt Mitte der 1990er-Jahre

Data Becker versucht mit der „Goldenen Serie“ PC-Fans mit kleinen Serviceprogrammen glücklich zu machen. Die serviceorientierten Anwendungen – heute würde man Apps dazu sagen –  tragen Titel wie „Visitenkarten-Druckerei“, „3D-Hausplaner“, „Mein Gedächtnistrainer“ oder „Der Ahnenforscher“.

Mit der „PC Praxis“ veröffentlicht Data Becker seit dem Jahr 1994 eine erfolgreiche Computerzeitschrift. Das monatlich erscheinende Magazin erreicht zeitweilig eine Auflage von knapp 260.000.

Viele Bücher erscheinen inzwischen auch international, werden in 28 Sprachen übersetzt. Auf dem unternehmerischen Höhepunkt im Jahr 1996 liegt der Umsatz von Data Becker bei über 100 Millionen D-Mark.

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Interesse an Data-Becker-Publikationen sinkt

Danach beginnt der langsame Abstieg. Die Hilflosigkeit der Geschäftsführung auf die Umwälzungen im IT-Bereich zu reagieren, zeigt ein Beispiel aus dem Jahr 1999. Der Internet-Boom nimmt gerade Fahrt auf. Data Becker versucht das Internet zu ordnen und veröffentlicht eine Art Adressbuch für das World Wide Web.

Leider treffen auch spätere Neuerscheinungen immer seltener auf Interesse bei der Leserschaft. Die Data-Becker-Bücher mutieren zu Ladenhütern. Der Verlag tut das, was er schon immer getan hat, im Zeitalter von Internet und Social Media allerdings nicht mehr funktioniert. Die Becker-Brüder schmeißen immer neue Titel auf den Markt.

Da die Verkäufe allerdings massiv zurückgehen, entscheidet Data Becker im Jahr 2013 den Verlag zu schließen. Am 31. März 2014 beendet der einst größte Computer-Fachverlag in der BRD seine Geschäftstätigkeit. Das Firmengebäude an der Merowinger Straße steht nicht mehr, fällt im Jahr 2015 der Abrissbirne zum Opfer.

Übrigens: Bereits im Jahr 2002 geht „Auto Becker“ in Konkurs, das Geschäft des Vaters von Achim und Harald Becker. So bleibt am Ende von der Becker-Dynastie nichts mehr übrig.

Stimmt nicht ganz: Die Bedeutung von Data Becker bleibt über das Ende hinaus für immer bestehen. Ohne den Düsseldorfer Verlag hätten viele Computer-Neulinge in den frühen 1980er-Jahren ziemlich ratlos vor ihren Geräten gesessen. Damit hat Data Becker auf seine Weise die Basis für den späteren PC- und Internet-Boom in Deutschland bereitet.

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