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Wegen neuer Richtlinie

Nintendo kann Ihre Switch unbrauchbar machen

Nintendo Switch mit Joycons
Nintendo könnte die Switch unbrauchbar machen bei bestimmten Verstößen Foto: Getty Images
Woon-Mo Sung
Redakteur

12. Mai 2025, 16:24 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Nintendo hat jüngst die eigenen AGB aktualisiert und dabei eine kontroverse Klausel eingeführt. Offenbar will man die Nintendo Switch unbrauchbar machen, falls nötig.

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Seit jeher müssen Unternehmen verschiedener Branchen gegen Piraterie der eigenen Produkte kämpfen. Das ist im Videospielsektor nicht anders, wo bereits seit Jahrzehnten Raubkopien auf realen oder digitalen Marktplätzen kursieren. Um dem Einhalt zu gebieten, denken sich Hersteller immer neue Maßnahmen aus – so auch Nintendo. Der Konzern hat nun jüngst die eigenen AGB und Datenschutzrichtlinien geändert. Eine neue Klausel für den internationalen Markt lässt dabei aufhorchen. Offenbar räumt man sich die Option ein, die Nintendo Switch unbrauchbar zu machen.

Nintendo will Switch unbrauchbar machen bei AGB-Verstoß

Im Gaming gibt es sowohl Raubkopien bekannter Spiele als auch sogenannte Mods. Bei Letzteren erstellen Fans eigene Abwandlungen oder Ergänzungen und stellen diese anderen zur Verfügung. Dies geschieht im Normalfall aus Liebe zum jeweiligen Titel – legal sind beide Phänomene aber nicht. Und die „Super Mario“-Macher sind seit jeher dafür berüchtigt, besonders hart dagegen vorzugehen.

Wie nun „Game File“ berichtet, hat Nintendo die eigenen AGB und Datenschutzrichtlinien vor Kurzem aktualisiert. Für die USA habe man mehr als 100 größere und kleinere Änderungen vorgenommen. Ein Punkt würde dabei besonders ins Auge stechen. Und zwar untersagt das Unternehmen unter anderem die Erstellung, Nutzung und Verbreitung „derivativer Arbeiten“. Außerdem sei es verboten, Funktionen oder Sicherheitsmaßnahmen der Nintendo-Account-Dienste zu umgehen, entschlüsseln oder zu modifizieren.

Bei Verstoß werde man den entsprechenden Dienst entweder teilweise oder in Gänze nutzlos machen. Das soll nicht nur für Online-Angebote oder die Software gelten, sondern auch für das entsprechende „Nintendo-Gerät“. Das heißt: Im schlimmsten Fall könnte man auch die Nintendo Switch unbrauchbar machen.

Abweichende Formulierung etwa in UK

Die obigen Angaben entstammen den neuen Nintendo-AGB für die USA. Wie „Eurogamer“ ausführt, gibt es diese für das Vereinigte Königreich nicht. Dort beschränkt sich Nintendo vor allem darauf, dass das „digitale Produkt“ unbrauchbar werden könnte – von der Hardware ist da keine Rede.

Vor diesem Hintergrund ist es durchaus wahrscheinlich, dass in anderen Ländern jeweils angepasste Veränderungen der AGB zum Tragen kommen. Unter Umständen könnten diese sogar gänzlich ohne die Hardware-Klausel auskommen.

Auch interessant: 12 Fragen, die nur echte Nintendo-Fans lösen können

Auch in Deutschland scheint die Situation nach aktuellem Kenntnisstand anders zu sein. So hat der Autor dieser Zeilen eine Info-Mail von Nintendo erhalten, worin man ihn über die Änderungen informiert. Die dazugehörige Übersicht fällt schlank aus – von 100 Aktualisierungen ist man hierzulande weit entfernt. Eine neue Angabe zum obigen Verbot gibt es demnach auch nicht.

Nintendo Switch unbrauchbar auch in Deutschland?

TECHBOOK hat bei Nintendo Deutschland angefragt und wollte wissen, wie der offizielle Stand in hiesigen Gefilden ist und ob eine solche Klausel überhaupt denkbar wäre. Obgleich Nintendo in Deutschland keine entsprechende Änderung in Bezug auf die Hardware vorgenommen hat, gibt es doch Klauseln, die eher denen im Vereinigten Königreich ähneln. So steht etwa im „Vertrag zum Nintendo-Account“, dass die „unbefugte Nutzung eines digitalen Produkts“ dazu führen kann, dass es nicht mehr verwendet werden kann.

In den Richtlinien zum geistigen Eigentum sowie zu „Nintendo-Spielinhalten auf Internetportalen zur Veröffentlichung von Bildern und Videos“ steht ebenso: „Wir behalten uns das Recht vor, bei Verstößen die Verwendung von Nintendo-Spielinhalten nicht mehr zu gestatten“ und „Nintendo behält sich weiterhin vor, nach eigenem Ermessen die Nutzung von Nintendo-Produkten und -Services einzuschränken und/oder die Konten derjenigen Nutzer zu sperren, bei denen Nintendo davon ausgeht, dass sie die Rechte am geistigen Eigentum Anderer verletzen.“ Dass die Nintendo Switch selbst unbrauchbar wird, müssen Spieler in Deutschland also vorerst nicht befürchten.

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Das sagt ein Anwalt zur Nintendo-Klausel

Ebenso haben wir nach der Rechtslage in Deutschland bei einer Anwaltskanzlei gefragt. Folgende Antwort hat TECHBOOK erhalten:

„Die Vorstellung, dass ein Hersteller wie Nintendo eine bereits verkaufte und bezahlte Spielekonsole aus der Ferne unbrauchbar machen darf, weil der Nutzer möglicherweise gegen Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) verstoßen hat, ist aus Sicht des deutschen Rechts höchst problematisch und eine solche Klausel wäre hierzulande mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit unwirksam.

Nach deutschem Recht unterliegen AGB einer strengen Inhaltskontrolle. Eine Klausel, die dem Hersteller das Recht einräumt, die Nintendo Switch, die Eigentum des Kunden ist, dauerhaft zu deaktivieren, stellt einen massiven Eingriff dar. Sie würde Verbraucher unangemessen benachteiligen, da sie das vertragliche Gleichgewicht erheblich stört und das grundrechtlich geschützte Eigentum des Nutzers fundamental beeinträchtigt. Es handelt sich hierbei nicht nur um die Sperrung einer Softwarelizenz, sondern um die faktische Zerstörung des Werts der gekauften Hardware.

Zudem müssen bereits seit 2022 digitale Produkte und Waren mit digitalen Elementen besonderen Anforderungen genügen. Insbesondere besteht nun eine gesetzliche Pflicht des Verkäufers bzw. Herstellers, die Funktionsfähigkeit und Sicherheit der digitalen Elemente durch Updates über einen angemessenen Zeitraum hinweg zu gewährleisten (sog. Aktualisierungspflicht). Eine Maßnahme, die das Gerät stattdessen aktiv und dauerhaft stilllegt, stünde dieser gesetzlichen Erhaltungspflicht völlig entgegen.

Selbst wenn ein Nutzer also gegen Vertragsbedingungen verstößt, müssen Reaktionen des Anbieters stets verhältnismäßig sein. Eine Fernabschaltung der gesamten Hardware als Sanktion wäre eine Sanktion, die faktisch einer digitalen Selbstjustiz gleichkommen- und im klaren Widerspruch sowohl zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als auch zu den genannten gesetzlichen Pflichten zur Funktionserhaltung stehen würde.

Für solch drastische Maßnahmen wie die dauerhafte Deaktivierung von Eigentum wäre in Deutschland grundsätzlich eine gerichtliche Entscheidung erforderlich. Eine rein AGB-basierte Klausel, die dies dem Hersteller einseitig erlaubt, wäre nach meiner Einschätzung gegenüber Verbrauchern bei uns in Deutschland nicht durchsetzbar.“

WBS.Legal

Themen Konsolen News Nintendo Switch Videospiele

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