31. Januar 2024, 9:43 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Nintendo und Sony haben seit Jahren ihre eigene Konsolensparte. Doch eine gemeinsame haben sie nie herausgebracht. Allerdings vor einigen Jahren gab es die Planung, eine Nintendo PlayStation zu releasen. Am Ende wurde aber daraus nichts.
Ende der 1980er-Jahre gehört Nintendo mit seinem Entertainment System – oder kurz: NES – zu den führenden Anbietern von Videospielkonsolen. Schon seit Jahren pflegt Nintendo eine technische Partnerschaft mit Sony. So nutzt Nintendo einen von Sony entwickelten Prozessor für die Wiedergabe von Sound und Musik auf seiner Konsole.
Doch plötzlich droht Ungemach. Denn der bis dahin völlig unbedeutende Anbieter NEC bringt 1988 die erste Spielekonsole mit einem CD-ROM-Laufwerk auf den Markt. Sony überzeugt Nintendo, ein ähnliches Gerät zu entwickeln. Die Nintendo PlayStation, so die spätere Bezeichnung, erblickt allerdings nie das Licht der Welt. Was ist da schiefgelaufen?
Übersicht
Eine SNES mit CD-ROM-Laufwerk
Hätte die Nintendo PlayStation die Geschichte der Spielkonsolen neu geschrieben? Das steht in den Sternen. Sämtliche Planungen enden bereits im Entwicklungsstadium. Dabei beginnt alles so vielversprechend. Der Plan: Nintendo möchte schon länger seine 1983 vorgestellte NES in ein Super Nintendo Entertainment System (SNES) verwandeln. Das bereits kurz vor der Veröffentlichung stehende SNES soll mit Sonys Hilfe um ein CD-ROM-Laufwerk erweitert werden.
Gleichzeitig darf Sony eine Art Multimedia-CD-ROM-Gerät entwickeln, Arbeitsname: Play Station – damals noch nicht zusammengeschrieben. Diese Play Station soll auch über ein Modul für SNES-Spiele verfügen.
Im Grunde planen Nintendo und Sony also zwei Geräte, die allerdings beide eng miteinander verkoppelt sein sollen. Beide Partner kündigen für den Jahresbeginn 1989 an, die Neuentwicklungen auf der weltweit führenden Branchenmesse vorzustellen, der Consumer Electronics Show in Las Vegas.
Erste Unstimmigkeiten
Allerdings ziehen im Hintergrund dunkle Wolken auf. Der Grund: In dem vereinbarten Vertrag zwischen Nintendo und Sony gibt es unausgesprochene lizenzrechtliche Unstimmigkeiten. Denn laut Vertrag bekäme Sony alle Rechte für vom Unternehmen entwickelte Spiele. Nintendo ginge leer aus und würde nur am Verkauf der Geräte verdienen.
Sony wird Jahre später behaupten, es habe gar kein Interesse gehabt, Videospiele für das CD-ROM-Format zu entwickeln. Das Unternehmen habe eher an digitale Enzyklopädien oder Karaoke-Software gedacht.
Da in der Entwicklungsphase der Nintendo PlayStation beide Partner grimmig schweigen, gerät die Veröffentlichung in weite Ferne. Gleichzeitig glauben die Nintendo-Bosse überhaupt nicht an die CD-ROM als massentaugliches Format für Videospiele. Ein teurer Fehler.
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Sony & Nintendo: Erst Partner, dann Gegner
Als Sony auf der Consumer Electronics Show 1991 seine Play Station vorstellt, handelt Nintendo kopflos. In einer Art Trotzreaktion verkündet Nintendo einen Tag nach der Vorstellung, auch mit Philips an der Entwicklung eines CD-ROM-Systems zu arbeiten. Wie sich später herausstellt, hat Nintendo beim Vertrag mit Philips großen Wert daraufgelegt, die Lizenzrechte an künftigen Spielen zu behalten.
Nintendos Ankündigung wiederum bringt Sony auf die Palme. Auf einen Schlag beendet das Unternehmen die jahrelange Zusammenarbeit. Partner sind plötzlich erbitterte Gegner. Die Folge: Sony geht in die Offensive und steigt selbst in den Markt für Videospielkonsolen ein. Das Ergebnis ist bekannt. Im Jahr 1994 erscheint die Sony PlayStation – nun zusammengeschrieben – und beendet damit die jahrelange Dominanz von Nintendo.
Die mehrfach angekündigte CD-ROM-Erweiterung für das SNES kommt nie. Super Nintendo ist zwar bereits seit dem Jahr 1990 auf dem Markt, setzt allerdings auch vier Jahre später immer noch auf ein Flash-Modul. Diese Technologie hat Sony mit der eigenen PlayStation quasi beerdigt.
Ein Prototyp für 75 US-Dollar
Die ganze Geschichte hat noch ein lukratives Nachspiel für zwei US-Amerikaner. Zu Testzwecken soll Sony von der sagenumwobenen Nintendo PlayStation 200 Geräte angefertigt haben. Nach Angaben des Unternehmens seien diese allerdings wegen des Streits mit Nintendo nach der Consumer Electronics Show 1991 alle vernichtet worden – bis auf einen Prototyp.
Den findet im Jahr 2015 Dan Diebold in einer verstaubten Kiste auf dem Dachboden seines Vaters Terry. Die Kiste stammt aus dem Nachlass des insolventen US-amerikanischen Finanzunternehmens Advanta Corporation. Terry Diebold hat lange Zeit dort gearbeitet. Die Kiste bekommt er vom Insolvenzverwalter für 75 US-Dollar.
Wie der Prototyp der Nintendo PlayStation dort hineingeraten ist? Das lässt sich später rekonstruieren. Ein ehemaliger Sony-Mitarbeiter namens Ólafur Jóhann Ólaffson leitet für kurze Zeit die Geschäfte der Advanta Corporation. Er muss in seiner Sony-Zeit eines der 200 Geräte beiseitegeschafft haben. Irgendwann in seiner leitenden Funktion bei Advanta landet der Prototyp in den Geschäftsräumen seines neuen Unternehmens – und gerät in Vergessenheit.
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Super Nintendo mit Sony-Label
Bis zu jenem Tag im Jahr 2015, an dem Dan Diebold alte Kisten bei seinem Vater durchstöbert. Sehr schnell wird klar, welchen Schatz der junge Mann in seinen Händen hält.
Das Teil trägt den Schriftzug Sony und PlayStation. Weiter hinten befindet sich die SNES-Schnittstelle für das Flash-Modul von Nintendo. Als weiteres untrügliches Zeichen verfügt das Gerät über SNES-Controller, nur mit Sony-Label.
Und der Prototyp funktioniert einwandfrei. SNES-Games lassen sich auf der Nintendo PlayStation zocken. Über das CD-ROM-Laufwerk geht das nicht, weil es verständlicherweise keine Software für den Prototyp gibt. Allerdings lassen sich damit Audio-CDs abspielen.
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Nintendo PlayStation wechselt den Besitzer
Vater und Sohn entscheiden sich dafür, das seltene Exemplar einer Nintendo PlayStation samt dazugehörigem Controller zu verkaufen. Beide träumen von einem Verkaufserlös in Millionenhöhe. Tatsächlich gibt es Interessenten, die den beiden über eine Million US-Dollar anbieten.
In der Hoffnung eine noch größere Geldsumme durch den Verkauf zu erzielen, entscheiden sich Dan und Terry Diebold im Jahr 2020 für eine Auktion über die Plattform Heritage Auctions. Am Ende wechselt die einzige Nintendo PlayStation für 360.000 US-Dollar den Besitzer. Für die beiden Entdecker bleiben nach Abzug aller Gebühren knapp 300.000 US-Dollar übrig. Weniger als gedacht, aber immerhin.
Den Prototyp besitzt nun Greg McLemore. Er ist zu Beginn des Internet-Booms Anfang der 2000er-Jahre mit den Plattformen pets.com und toys.com ein reicher Mann geworden. Nun gehört ihm mit der Nintendo PlayStation die Spielekonsole, die nur im Entwicklungslabor gelebt hat.