6. Juni 2025, 7:59 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Für viele gibt es eine Sache, die unabdingbar für ein gutes Videospiel ist: eine fesselnde Geschichte. Titel, die das voranstellen, bezeichnet man auch als Story-Spiele. Aber was macht sie aus und welche Story Games lohnen sich wirklich?
Die Zeiten, in denen Videospiele als erzählendes Medium nicht ernst genommen wurden, sind längst vorbei. Dafür gibt es einfach zu viele gute und erfolgreiche Spiele, die vor allem mit ihrer Handlung und ihrem Storytelling überzeugen können. Die TECHBOOK-Redaktion stellt ihre persönlichen Highlights im Bereich der Story-Spiele vor.
Wie definiert man Story-Spiele?
Eine allgemeingültige Zusammenfassung für das Genre Story Games zu liefern, ist gar nicht so einfach. Grob gesagt fallen darunter Spiele, die einen Schwerpunkt auf ihre Geschichte und das Storytelling legen. Da vieles daran allerdings Auslegungssache ist, handelt es sich eher um ein inoffizielles Genre. Bei vielen hat sich der Begriff Story-Spiele allerdings etabliert. Was genau macht diese Titel also im Detail aus?
In erster Linie sind damit Spiele gemeint, die ihren Fortschritt über das Weiterkommen in der Hauptgeschichte definieren. In der Wissenschaft wird dafür der Begriff „criterion of success“ verwendet. Das führt dazu, dass Story Games mit vielen anderen Genres gemixt werden können. Beliebt sind etwa Open-World- oder auch RPG-Story-Games.
Dabei zeichnen sich Spiele, die im Kern Story Games sind, oft durch ein hohes Maß an Linearität aus. In der Regel gibt es zudem gut ausgearbeitete Charaktere und ein gut durchorchestriertes Storytelling. Bei vielen großen Preisverleihungen im Videospielbereich ist es inzwischen üblich, auch mindestens eine Story-Kategorie zu haben – auch ein Beweis für das große Gewicht, das diesem Bereich eingeräumt wird.
The Last of Us (Part 1)
Für viele ist der erste Teil von „The Last of Us“ der Inbegriff eines gutes Story-Spiels. Nicht umsonst hat der Erfolgssender HBO eine Blockbuster-Serie aus dem Videospiel gemacht. Dabei wirkt die Handlung, also der Kern des Titels, auf dem Papier fast schon klischeehaft.
Das 2013 erschienene Spiel von Naughty Dog ist in einer postapokalyptischen Zukunft angesiedelt. Dort wurde ein Großteil der Menschheit von einem Pilz ausgerottet beziehungsweise in zombieähnliche Wesen verwandelt. Diese sind aber nicht die einzige Gefahr in der vom Militär kontrollierten Gesellschaft, in der die Menschen vor allem in Quarantänezonen leben. Innere Konflikte, ein hartes totalitäres Regime und rebellische Gruppierungen machen das Überleben zu einem echten Kampf.
Inmitten dieser Gemengelage soll der Schmuggler Joel die Teenagerin Ellie einmal quer durch Nordamerika begleiten. Denn das junge Mädchen scheint nach dem Biss eines Mutanten immun gegen die Pilzmutation zu sein. Ist sie möglicherweise die Chance auf ein flächendeckendes Heilmittel?
Während der Reise wachsen Joel und Ellie immer weiter zusammen, beide nagen dabei an ihren eigenen Traumata. „The Last of Us“ inszeniert diese Reise großartig und bindet seine Spieler emotional mit ein. Wie gesagt, klingt klischeehaft und ist es dann in der Umsetzung irgendwie so gar nicht. Die gut gesetzten Perspektivwechsel tun ein Übriges, um die Geschichte dieses Story-Spiels gut zu akzentuieren. Damit liefert der Titel außerdem ein perfektes Beispiel, wie Videospiele als erzählendes Medium hervorragend funktionieren können.
What Remains of Edith Finch
Das Tolle an Story-Spielen ist, dass auf Bestenlisten oft auch kleinere Titel von Indie-Studios zu finden sind. Denn es braucht kein Monster-Budget, um gute Geschichten zu erzählen. Und ein hervorragendes Beispiel dafür ist das 2017 erschienene Spiel „What Remains of Edith Finch“ von Giant Sparrow.
Die Titelheldin Edith kehrt dabei nach Jahren auf den Sitz ihrer Familie zurück, nachdem alle anderen Familienmitglieder verstorben sind. Als Edith erkundet der Spieler dann auch das Haus, ein abgelegenes, mysteriöses Anwesen. Raum für freie Erkundung bleibt zwar wenig, dafür ist das Leveldesign anhand der einzelnen Zimmer des Hauses zu durchorchestriert. Dadurch kann das Storytelling aber auch seine volle Wirkung entfalten.
Denn in jedem Zimmer wartet nicht nur ein individuelles liebevolles Design. Man erfährt auch auf sehr unterschiedliche Art und Weise, wie der jeweilige Bewohner ums Leben gekommen ist. So entstehen verschiedenste Szenarien, einige davon realistisch, andere gleichen eher einer Traumsequenz. So bleibt mitunter eine Menge Interpretationsspielraum, wie die Mitglieder der Familie tatsächlich ums Leben gekommen sind.
Da gibt es etwa eine fantasievolle Passage im Zimmer der mit zehn Jahren verstorbenen Molly oder eine kleine Spurensuche im Kellerbunker ihres mit 53 Jahren verstorbenen Bruders Walter. Barbaras Comic-Szenen bleiben dabei genauso unvergesslich, wie Miltons gemalte Welt. Dabei steht stets die These im Raum, dass die Finches mit einem Fluch belegt sind. Am Ende entsteht ein vielseitiges kreatives Abenteuer, in dem wirklich jedes Detail des Spiels auf die Story ausgerichtet ist.
Dragon Quest 11: Streiter des Schicksals
„Dragon Quest“ ist eine der großen JRPG-Reihen der vergangenen Jahrzehnte. JRPG steht für „Japanese Role-Playing Game“, Rollenspiele aus Japan. In diesem Fall kommt das Spiel von Square Enix, dem Studio, das auch hinter Franchises wie „Final Fantasy“ und „Kingdom Hearts“ steht.
2017 erschien der elfte Hauptteil der Reihe, der den Titel „Streiter des Schicksals“ trägt. Spieler erleben dabei vor allem im ersten Teil des Spiels eine klassische Heldenreise. Der Protagonist entdeckt, dass er der wiedergeborene Lichtbringer ist und im Rahmen seiner Bestimmung den Weltenbaum Yggdrasil vor dem Bösen retten muss. Das Motiv des Weltenbaums ist im Übrigen in nahezu jedem Teil der Reihe zentral. Und nicht nur das: Der verschwundene Sohn eines untergegangenen Königreiches ist er natürlich auch noch!
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Nur blöd, dass das irgendwie niemand erkennen will. Stattdessen wird er als Spross der Finsternis angeklagt und muss fliehen. Dabei schart er auf seiner Reise eine kleine Gruppe interessanter Charaktere um sich, mit der er den Gang zum Weltenbaum antritt. Und dann – und das macht den Titel aus unserer Sicht zu einem der besten Story-Spiele überhaupt – ist plötzlich alles anders. Nicht nur, dass die Geschichte selbst einige gemeine Wendungen enthält. Auch das Endgame ist eines der umfang- und abwechslungsreichsten überhaupt.
Pentiment
Kaum ein Spiel bietet schon auf dem Papier eine so spannende Mischung wie „Pentiment“. Das Spiel von Obsidian Entertainment ist ein 2D-Adventure, das in der Optik mittelalterlicher Illustrationen daherkommt. Und das passt inhaltlich hervorragend, immerhin ist die Handlung im Bayern des 16. Jahrhunderts angesiedelt.
Dort spielt man den angehenden Künstler Andreas Maler, der im Kloster des beschaulichen Ortes Tessing an seinem Meisterstück arbeitet. Dabei wird er nicht nur in Intrigen innerhalb der Klostermauern verwickelt, sondern soll am Ende gleich zwei Morde untersuchen. Das Spiel ist in drei Akte gegliedert. Im dritten übernimmt man dann die Steuerung der jungen Druckerin Magdalene. Jahre nach den bisherigen Geschehnissen beginnt sie, die Geschichte des Ortes und seine Geheimnisse aufzurollen.
Was „Pentiment“ zu einem der besten Story-Spiele macht, ist die Kombination aus ungewöhnlicher Grafik und wirklich überraschendem Storytelling. Denn erst Andreas und dann Magdalene können mit ihren Entscheidungen maßgeblich Einfluss auf das Geschehen nehmen. Das ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil wirklich alles miteinander in Verbindung steht, über Spiel-Akte und erzählte Jahrzehnte hinweg.
Baldur’s Gate 3
Larian Studios hat mit dem 2023 veröffentlichten „Baldur’s Gate 3“ ein kleines Erdbeben ausgelöst. Dieses betraf sowohl den Rollenspielsektor als auch den Bereich der Story-Spiele. Wie schon seine Vorgänger basiert das Spiel auf dem Pen-and-Paper-Spiel „Dungeons & Dragons“. Und der Kern solcher Spiele sind bekanntlich ihre Geschichten – genauso ist es auch bei diesem Titel.
Die Handlung ist einmal mehr in der Spielwelt Faerûn angesiedelt, an der Schwertküste. Der Spieler startet als Gefangener der Gedankenschinder, düsteren Wesen mit jeder Menge Tentakeln. Diese haben der Hauptfigur, genauso wie den anderen Gefangenen an Bord, Parasiten in den Kopf gepflanzt. Diese verleihen zwar besondere Kräfte, scheinen aber auch tickende Zeitbomben zu sein und ihre Wirte schließlich in Gedankenschinder zu verwanden.
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Ausgangspunkt der Reise ist also der verständliche Wunsch, den Parasiten zu entfernen. Dafür kann der Spieler Rollenspiel-typisch weitere Charaktere rekrutieren: den geheimnisvollen Astarion, den Magier Gale, die blutrünstige Lae’zel, die kämpferische Karlach, die Halbelfin Schattenherz und den Hexenmeister Wyll. Das Besondere an „Baldur’s Gate 3“ ist, dass Spieler eine unglaubliche Bandbreite an Entscheidungsmöglichkeiten haben, deren konkreter Ausgang vom Zufall abhängt. Denn wie bei „Dungeons & Dragons“ wird in vielen Situationen gewürfelt. Das Ergebnis entscheidet, ob etwa ein Überredungsversuch gelingt oder nicht, wobei Spieler die Möglichkeit haben, Fähigkeiten aufzuleveln und so auch bestimmte Würfe zu verbessern.
Dadurch ergibt sich auch innerhalb der Haupthandlung ein breites Spektrum an möglichen Spielerfahrungen. Die Stärke von „Baldur’s Gate 3“ ist, dass sich dennoch alles in stimmiger Art und Weise zusammenfindet. Dabei ergeben sich aber jede Menge großartiger Geschichten. Jede noch so klein scheinende Nebenquest kann zu einem echten Abenteuer werden. Das Versprechen, das hinter jeder Ecke die nächste fantasievolle Geschichte warten könnte, macht den Titel zu einem der vielseitigsten und besten Story-Spiele überhaupt.
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It’s all about the story
So viele Videospiele lohnen sich vor allem wegen ihrer Geschichten. Man hätte in diesem Artikel noch so viel mehr Titel auflisten können: „Horizon: Zero Dawn“, „God of War“, „Bioshock“, „Plague Tale: Innocence“, „Life Is Strange“, „It Takes Two“ oder auch „Clair Obscur: Expedition 33“. Gerade bei diesem inoffiziellen Genre liegt zudem vieles einfach im Auge des Betrachters.
Was ist eine gute Geschichte und was macht sie aus? An welche Storys erinnert man sich auch nach Jahren noch? Und welche Spiele spielt man deshalb immer wieder – oder vielleicht bewusst auch nur ein einziges Mal?