In Nordkorea funktioniert Technik oft anders als im Rest der Welt. Der kurioseste Fall sind wohl USB-Sticks, die aufgrund beschränkten Zugriffs auf Computer zu Mode-Artikel umfunktioniert wurden.
Nordkorea ist wohl das am meisten abgeschottete und mysteriöseste Land dieser Welt. Da kaum Ausländer in das Land gelassen werden und nur wenigen Deserteuren die gefährliche Flucht gelingt, ist nicht viel über die verschlossene Gesellschaft bekannt. Dass Nordkorea aufgrund seiner Isolation technologisch rückständig ist, war bereits bekannt. Doch der russische Nordkorea-Experte Andrei Lankov hat herausgefunden, dass USB-Sticks dort einen etwas anderen Zweck erfüllen als im Rest der Welt – sie werden als Fashion-Accessoire getragen. Was hinter dieser Geschichte steckt, hat TECHBOOK für Sie herausgefunden.
Zugang zu Computern extrem eingeschränkt
In seinem 2013 erschienenen Buch „The Real North Korea“ schreibt Andrei Lankov, es hätten so wenige Menschen in Nordkorea Zugriff auf Computer, dass PC-Zubehör zweckentfremdet wird. Junge Leute, die in der Hauptstadt Pyongyang leben, würden deshalb USB-Sticks, die in Nordkorea legal erhältlich sind, oft als modisches Accessoire tragen, anstatt darauf Daten abzuspeichern.
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USB-Sticks als „Analog Hack“ ins Land geschmuggelt
Doch warum sind USB-Sticks dort überhaupt so verbreitet? Nordkoreaner, denen die Flucht aus dem Land gelungen ist, treiben seit einigen Jahren die Verbreitung von Sticks mit Medien, die vom Regime verboten wurden, voran. Ursprünglich hat das von Geflüchteten gegründete North Korea Strategy Center in Eigenregie die Sticks über den Grenzfluss Tumen von China nach Nordkorea geschmuggelt. Seit kurzem werden auch Ballons und Drohnen benutzt, um die Schmuggler vor Kontakt mit den Grenzwachen zu schützen.
In Nordkorea hat kaum jemand Zugriff auf das stark eingeschränkte und überwachte Internet. Die meisten Menschen kennen nur die staatlichen gesteuerten Massenmedien Fernsehen, Radio und Zeitungen. Der einzige Weg, Inhalte von außen ins Land zu bringen, ist also analog – weshalb die Aktion auch „Analog Hack“ bezeichnet wird.
Warum der klassische USB-Anschluss bald verschwinden könnte
Auf den USB-Sticks seien etwa koreanische Wikipedia-Artikel, aber vor allem Entertainment-Medien wie westliche Filme wie „The Interview“, südkoreanische Seifenopern, Dramas und Dokus sowie Popmusik. Manchmal sind auch einfach Bilder von Familienmitgliedern, die durch die Teilung Koreas getrennt wurden, auf dem Speicher abgelegt.
Die 2016 von der Non-Profit-Organisation Forum 280 und der Human Rights Foundation (HRF) gegründete Organisation Flash Drives for Freedom unterstützt das North Korea Strategy Center, indem es eine weltweite Plattform bietet, auf der USB-Sticks gespendet werden können. Stand Ende 2017 wurden insgesamt 60.000 USB-Sticks nach Nordkorea geschmuggelt, 60.000 weitere stehen bereits in den Startlöchern.
So sieht es aus, wenn man in Nordkorea einen Computer nutzt
Mittlerweile sind USB-Sticks mehr als nur Mode-Accessoire
Alle PCs in Nordkorea werden überwacht und laufen mit einer vom Regime selbst entwickelten Linux-Distribution, mit der alle Dateien nachverfolgt werden. Das Anschauen von Inhalten, die über die Grenze geschmuggelt werden, ist deshalb nicht ungefährlich. Es gibt jedoch einen etablierten Schwarzmarkt, auf dem Mini DVD-Player für etwa 50$ erhältlich sind und an die USB-Sticks und SD-Karten angeschlossen werden können. Diese in Nordkorea als „Notel“ (Kofferwort aus Notebook und Television) bezeichneten Abspielgeräte wurden mittlerweile vom Regime legalisiert und sind daher den breiten Massen zugänglich. Es ist zwar weiterhin gefährlich, nichtstaatliche Medien in Nordkorea anzusehen, aber immerhin haben die Einwohner nun die Möglichkeit, einen Einblick in die Außenwelt zu erhalten.