VG Wort
Direkt zum Inhalt wechseln
logo Mobiler Lifestyle, Streaming und Smart Finance
Nach den USA und UK

Schaffen Supermärkte die Selbstbedienungskassen wieder ab?

Selbstbedienungskassen in einem Supermarkt
Selbstbedienungskassen sind schon lange keine Seltenheit mehr in deutschen Supermärkten Foto: Getty Images
Marlene Polywka Techbook
Redakteurin

12.02.2024, 09:04 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Vielerorts findet man in Supermärkten inzwischen zahlreiche Selbstbedienungskassen. Zum Start als technologische Innovation gefeiert, bauen manche Anbieter sie mittlerweile jedoch wieder ab – vor allem im Ausland. TECHBOOK erläutert die Hintergründe und klärt, wie die Lage in Deutschland aktuell ist.

Artikel teilen

Sogenannte Self-Checkouts (SCO) kommen vor allem in Supermärkten in Großstädten zum Einsatz. Die Idee: Statt sich bei einem Kassierer an einer gängigen Kasse anzustellen, können die Kunden an den Terminals selbst ihre Ware scannen und zahlen. Die großen Supermärkte in Deutschland verfügen alle flächendeckend über entsprechende Stationen. Es gibt allerdings auch Kritik an den Kassen, vor allem im Ausland. Woran liegt das und hat es Auswirkungen auf die Selbstbedienungskassen in Supermärkten hierzulande?

Selbstbedienungskassen in Supermärkten bringen Vorteile

Schlangen an Supermarktkassen gehören für viele zum Alltag. Gerade zu Stoßzeiten ballt es sich in den Märkten mitunter enorm. Schnell werden Rufe nach einer weiteren geöffneten Kasse laut – wenn das mal reicht. Einen Lösungsansatz dafür bieten die erwähnten Self-Checkouts.

Diese sollen nicht nur den Flaschenhals Kasse etwas verbreitern, sondern vor allem auch das Personal entlasten. Viele Supermärkte, aber auch Drogerien, Baumärkte und diverse andere Einzelhandelsunternehmen haben deshalb in den vergangenen Jahren Selbstbedienungskassen eingeführt. Oft wird dabei ein zweigleisiges Konzept gefahren. Neben den SCO gibt es auch noch reguläre Kassen. So können die Kunden selbst entscheiden, wo sie sich gerne anstellen möchten.

Auch im Ausland wurden die selbst zu bedienenden Terminals stark ausgebaut. Allerdings häufen sich aktuell die Berichte, dass zahlreiche Unternehmen wieder zum gängigen Kassenbetrieb zurückkehren.

Große Läden in den USA und UK berichten von Problemen

Die BBC (British Broadcasting Corporation) berichtet aktuell, dass Wallmart, Dollar General und Booths einige Stationen wieder abbauen. Das Ganze läuft unter dem Titel: „Das spektakuläre Scheitern der Self-Checkout-Technologie“. Das klingt nach einer ziemlichen Katastrophe. Doch was steckt dahinter?

In erster Linie wohl enttäuschte Erwartungen. Oft funktionieren die Terminals nicht richtig oder sind nicht so intuitiv im Handling, wie gedacht. Viele Kunden bräuchten Hilfe bei der Bedienung, sodass das Personal am Ende nicht entlastet würde und eher höhere Kosten entstünden. Und es gibt ein weiteres Problem: Diebstahl.

Dem wollen Unternehmen wie Dollar General jetzt entgegensteuern. Ein Schritt ist, wieder mehr Personal für den Kassenbereich einzustellen und die Anzahl der Selbstbedienungskassen zu reduzieren. Eine weitere Überlegung ist, ein Limit für die Artikel-Anzahl an den SOC einzuführen oder – falls bereits vorhanden – zu reduzieren.

Auch interessant: Rewe testet neue digitale Einkaufswagen 

So geht es deutschen Supermärkten mit Selbstbedienungskassen

In Deutschland scheint es diese Probleme hingegen nicht zu geben. Wie eine Umfrage des Handelsforschungsinstituts EHI im Jahr 2020 ergab, hatten die SCO keine signifikanten Auswirkungen auf Inventurdifferenzen. Und während etwa in den USA und dem UK von einem Abbau der SB-Kassen die Rede ist, hört man hierzulande nichts davon. Im Gegenteil.

Systeme, bei denen die Kunden die Ware selbst scannen können, sind auf dem Vormarsch. Dabei gibt es drei wesentliche Varianten. Die klassischen Selbstbedienungskassen, wie man sie vielerorts schon sieht. Dazu kommen vermehrt Handscanner der Märkte oder sogar eigene Apps, sodass die Kunden die Ware über das Handy scannen können.

Wachsende Verbreitung und Kundenakzeptanz

Auch die generelle Kundenakzeptanz für Selbstbedienungskassen in Supermärkten und anderen Läden wächst. Parallel steigt die Anzahl an Läden, die ein entsprechendes System verbaut haben. Immer mehr setzen zusätzlich auf ein sogenanntes Self-Scanning-System. Dazu zählen Angebote wie der K-Scan bei Kaufland oder die Scan&Go-Funktion bei Rewe und Edeka. Dabei können Kunden ihren Einkauf per Handgerät direkt scannen, wenn sie das Produkt in den Wagen legen wollen. Teilweise verfügen die Wagen selbst über eine entsprechende Funktion.

Den positiven Eindruck bestätigen die Märkte auf Anfrage. So sagte Rewe-Sprecher Thomas Bonrath zu TECHBOOK: „In mehr als 850 Rewe-Märkten (von bundesweit 3800 Rewe-Märkten) gibt es mittlerweile Self-Checkout-Kassen. Die Installation erfolgt strikt standortspezifisch, wo diese Sinn macht. Vor allem in Stadt-Supermärkten gibt es diese standortspezifisch hohe Nachfrage der Kunden nach diesen Express-Kassen, um den Einkauf (in der Regel eine geringere Zahl an Artikeln) schneller bezahlen zu können und nicht in der Warteschlange zu stehen.“ Laut Bonrath gibt es Rewe-Supermärkte, in denen im Schnitt jeder Zweite seinen Einkauf über eine Selbstbedienungskasse erledigen würde. Das sei stark von Faktoren wie Kundenstruktur und Lage abhängig. Zur Diebstahlprävention setze man nach wie vor auf persönliche Betreuung der SCO-Kassen durch Mitarbeiter. Dazu kämen bei Rewe Kontrollroutinen und Exitgates.

Auch interessant: Welche Zahlungsart ist beim Online-Shopping die beste?

Scan-Systeme für Kunden als effiziente Lösung

Die standortgebundene Sinnhaftigkeit betonten auf Anfrage auch Edeka und Kaufland. Entscheidende Faktoren seien etwa Lage, Kundenstruktur und die baulichen Gegebenheiten vor Ort, erklärte Kaufland-Unternehmenssprecher Michael Strotthof gegenüber TECHBOOK.

Aufgrund der genossenschaftlichen Verbund-Struktur bei Edeka stehe es auch in diesem Unternehmen den regionalen Betreibern frei, ihre Märkte diesbezüglich eigenständig zu gestalten. Von einer Sprecherin des Unternehmens heißt es außerdem: „Wir setzen gezielt auf technologische Innovationen, um das Einkaufserlebnis für unsere Kund:innen immer weiter zu verbessern. Dazu gehören auch neue Lösungen für einen schnelleren Bezahlvorgang. In zahlreichen Edeka-Märkten sind bereits zahlreiche Selbstbedienungs- bzw. Self-Checkout (SCO)-Kassen im Einsatz, ebenso auch smarte Einkaufswagen und andere mobile Lösungen mit unserer Edeka-App.“

Kaufland signalisierte auf Nachfrage ähnlich positive Erfahrungen. Dort habe man bereits seit 2015 in ausgewählten Filialen, neben klassischen Bedienkassen, auf Selbstbedienungskassen gesetzt. Diese seien dementsprechend „ein zusätzlicher Service und bieten eine schnelle und zeitgemäße Alternative, vor allem für den kleinen Einkauf.“ Die Resonanz der Kunden darauf sei sehr positiv, betonte Strotthof gegenüber TECHBOOK. Deshalb baue man das Angebot sukzessive aus.

Dabei lasse sich auch keine Verlagerung mehr bei den Altersgruppen erkennen. „Wir stellen vermehrt fest, dass auch ältere Menschen gerne SB-Kassen nutzen. Dort können sie im eigenen Tempo ihre Einkäufe einpacken und haben keine Kunden direkt hinter sich stehen. Dazu können sie an den SB-Kassen auch mit Bargeld bezahlen, was ihnen wichtig ist.“ Nach aktuellem Stand gibt es deutschlandweit in mehr als 170 Kaufland-Supermärkten Selbstbedienungskassen. In den entsprechenden Filialen nutzen, laut Strotthof, circa 40 Prozent der Kunden die SCO. In rund 70 Filialen komme zudem noch der bereits erwähnte K-Scan hinzu, der an die Nutzung von SB-Kassen angeschlossen ist. „Unsere Erfahrungen bisher: Wer K-Scan einmal ausprobiert hat, der bleibt in der Regel auch dabei. Die Wiedernutzungs-Quote ist sehr hoch, vor allem bei großen Wocheneinkäufen“, so der Unternehmenssprecher.

Mehr zum Thema

Haben die aktuellen Entwicklungen Auswirkungen auf Deutschland?

Schaut man auf die vor allem aus den USA berichteten Probleme, dann fällt Folgendes auf: Viele davon gelten für Deutschland nicht. Dadurch, dass die Selbstbedienungskassen dort schon viel länger in Supermärkten zum Einsatz kommen, hat ein ganz anderer Gewöhnungseffekt eingesetzt. Unter anderem deshalb wurde Personal abgebaut, das nun fehlt. Todd Vasos, Vorstandsvorsitzender von Dollar General, resümierte deshalb selbst: „Wir sind zu abhängig von den Selbstbedienungs-Checkouts in unseren Läden geworden“. Statt die SCO-Terminals primär zu nutzen, sollten sie laut Vasos eher eine Ausweichmöglichkeit sein. Das entspricht genau dem Kurs, den viele Unternehmen hierzulande fahren.

Dort sind die SB-Kassen eher eine Ergänzung für Kunden mit kleineren Einkäufen, die es eilig haben. In komplizierten Fällen, bei denen es um Großeinkäufe oder das Einlösen von Coupons oder Retouren geht, setzen die Kunden hingegen meist von allein eher auf die besetzten Kassen. Alternativ ist in den meisten Supermärkten genug Personal vorhanden, um eventuelle Probleme an den Selbstbedienungskassen zu beheben. Klagen über erhöhte Diebstahl-Quoten hört man in diesem Kontext hierzulande ebenfalls kaum.

Es ist deshalb nicht zu erwarten, dass sich in Deutschland an der aktuellen Strategie etwas ändert; im Gegenteil. Man kann eher noch mit einem Anstieg der Anzahl an Selbstbedienungskassen in Supermärkten rechnen. Auf den Personalbedarf soll das hingegen keinen Einfluss haben. So sagte etwa Thomas Bonrath von Rewe zu TECHBOOK: „Wie jede Branche steht der Lebensmitteleinzelhandel vor der Herausforderung des Fachkräftemangels (…). Kundenakzeptanz vorausgesetzt, kann die Digitalisierung in diesem Zusammenhang einfache bis eintönige Tätigkeiten im Supermarkt übernehmen, sodass sich Mitarbeitende um anspruchsvollere, komplexere und kundenorientiertere Aufgaben kümmern können.“

Themen #amex
Deine Datensicherheit bei der Nutzung der Teilen-Funktion
Um diesen Artikel oder andere Inhalte über Soziale-Netzwerke zu teilen, brauchen wir deine Zustimmung für
Sie haben erfolgreich Ihre Einwilligung in die Nutzung dieser Webseite mit Tracking und Cookies widerrufen. Sie können sich jetzt erneut zwischen dem Pur-Abo und der Nutzung mit personalisierter Werbung, Cookies und Tracking entscheiden.