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11880 und 11883

Das passiert, wenn man heute bei der Telefonauskunft anruft

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TECHBOOK Redaktion

10.07.2018, 16:15 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Die Telefonauskunft war einst für viele die erste Anlaufstelle bei der Suche nach Telefonnummern. Was ist in Zeiten von Smartphones daraus geworden? TECHBOOK hat bei Telefonistinnen der Auskunft nachgefragt.

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„11 Mann hat eine Fußballmannschaft, 88 ist meine Oma, und 0…“ – Es ist keine 15 Jahre her, da erklärte TV-Moderatorin Verona Pooth (damals noch Feldbusch) einleuchtend ihre Merkstrategie von Telefonnummern. Ebenso mit ihrem damals populären Werbespruch: „Da werden Sie geholfen.“ Auch der damalige FC-Bayern-Manager Uli Hoeneß taugte zur Werbe-Ikone. Im Auftrag der Deutschen Telekom rief er im Spot drei weiblichen Fans die Telefonnummern seiner Spieler Mehmet Scholl, Roque Santa Cruz und Michael Ballack zu: „Elf acht drei drei“.

Vor allem die jüngere Generation dürfte heute mit Pooth genauso wenig anzufangen wissen wie mit den beiden Auskunfts-Rufnummern. Die kostenpflichtigen Nummern scheinen in einer Zeit, in der nahezu jeder ein Smartphone besitzt und sämtliche Telefonnummern nur eine Google-Suche entfernt sind, unnötig. Wer einen Dachdeckermeister braucht, sucht mit seinem Handy im Internet und kann dort gleich sehen, wie zufrieden andere Nutzer mit dem Handwerker waren. Auf die Idee, für zwei Euro und mehr pro Minute am Telefon nach der Nummer zu fragen, käme heute wohl kaum noch jemand. Könnte man meinen. Daher mag es den einen oder anderen überraschen, aber die Nummern sind noch im Dienst.

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Die Auskunft gibt es nach wie vor und wird auch genutzt. „Auch heute rufen noch im Schnitt, je nach Monat, rund 10.000 bis 12.000 Menschen täglich bei 11880 an, um persönliche Hilfe zu bekommen“, teilt etwa das Unternehmen Telegate mit, das mit rund 40 Prozent Marktanteil nach der Telekom der zweitgrößte Auskunftsdienstleister ist. Gefragt werde nicht nur nach Telefonnummern, sondern auch nach Kinoprogrammen, Fahrplänen, Börsenkursen oder nach Ergebnissen wichtiger Fußballspiele.

Die meisten Auskunfts-Anrufe gab es zur Jahrtausendwende

Die Hochzeiten sind allerdings vorbei, um die Jahrtausendwende sollen täglich bis zu einer halben Million Menschen solche Nummern angerufen haben. „Das Gesamtvolumen des telefonischen Auskunftsmarktes sank pro Jahr um rund 20 Prozent“, heißt es. Das spürt auch die Telekom. Rund 10 Millionen Anfragen seien im vergangenen Jahr bei der Auskunftsrufnummer 11833 eingegangen. Vor zehn Jahren seien es noch rund 100 Millionen Anrufe gewesen, teilt ein Sprecher mit. Die Zahl der Mitarbeiter in der Abteilung wurde kräftig eingedampft.

„Die klassische Telefonauskunft wird eigentlich nur noch von sehr viel älteren Mitbürgern benutzt, oder von harten Technikverweigerern, Esoterikern etwa, die Angst vor Handystrahlung haben“, sagt der Kommunikationsforscher Uwe Pöhls, der in Düsseldorf das Institut für empirische Sozial- und Kommunikationsforschung leitet. „Das Smartphone hat in dieser Hinsicht die Welt verändert“, sagt er.

TECHBOOK ruft bei der Auskunft an

Aber wer nutzt die Auskunft-Hotlines tatsächlich noch und was wollen die Kunden wissen? Immerhin sind die Nummern mit bis zu 1,99 Euro pro Anruf nicht gerade günstig, teurer als eine Recherche im Internet in jedem Fall. TECHBOOK fragt bei den Menschen nach, die es am besten wissen müssen: den Telefonisten und Telefonistinnen der Auskunftsnummern. Die erste Nachfrage scheitert. „Ich habe keine Zeit für eine solche Umfrage“, sagt eine Mitarbeiterin von 11880 zu TECHBOOK. Erstaunlicherweise scheint sie also gerade sehr beschäftigt zu sein. Trotz Smartphone und fast überall Internetempfang rufen anscheinend immer noch viele Leute bei der Auskunft an.

Die zweite Telefonistin ist deutlich gesprächsbereiter. Querbeet würden die Menschen aus allen Altersgruppen anrufen. „Sogar Kinder rufen an – einige machen ihre Späße mit uns“, weiß die Dame am anderen Ende der Leitung. Faulheit, Unwissenheit oder gar nicht die Möglichkeit zu haben, im Internet nach der entsprechenden Antwort zu suchen, seien die Hauptgründe, warum Menschen bei ihr anrufen würden. Vor allem situationsbedingt, wie etwa im Auto, seien die Anrufe. Telefonnummern sind dabei nur ein Teil dessen, was die Telefonauskunft anbietet: Wetter, Fahrplanauskunft, Informationen für Menschen, die sich gerade im Ausland befinden, Zeitansagen, Eventplanung sowie sämtliche Informationen zum Verkehr mit dem Auto, Flugzeug oder der Bahn – wer bei der Auskunft anruft, bekommt darauf eine Antwort.

Wird der Weckruf denn auch noch genutzt? „Und wie, kann ich Ihnen sagen“, erklärt die Telefonistin gegenüber TECHBOOK. Vor allem wie stark dieser Service frequentiert sei, wurdere sie selbst: „Es gibt ja so viele Alternativen“.

Wir wollen es genau wissen und wählen die 11883. „Hauptsächlich Menschen, die keinen Zugriff auf das Internet haben, aufgrund ihrer aktuellen Situation oder weil sie grundsätzlich das Internet nicht verwenden, rufen bei uns an“, erklärt eine Frau uns. Auch wenn sämtliche Personen bei ihr anrufen würden, hätte es schon etwas mehr ältere Anrufer in der Leitung. Am meisten würden sich die Anrufer für Telefonnummern von Ärzten, Firmen, Behörden oder Privatpersonen interessieren. „Viele fragen auch nach Mobilnummern. Aber diese sind in der Regel nicht eingetragen“, weiß die Frau.

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Kommt das Ende der klassischen Telefonauskunft?

Früher, als das Telefon häufig noch die einzige Möglichkeit war, an Informationen zu kommen, war die Auskunft beinahe die einzige Anlaufstelle. Heute ist das anders, aber die Telekom ist als sogenannter Universaldienstleister nach wie vor gesetzlich dazu verpflichtet, eine solche Telefonauskunft anzubieten. Schon seit mehreren Jahren prüft die Europäische Union, ob das angesichts der Digitalisierung noch zeitgemäß ist. In einem Vorschlag der EU-Kommission aus dem Jahr 2016 sieht die Behörde vor, bestimmte Dienste, wie Telefonzellen und Auskunftsdienste von den Universaldienstregelungen auszunehmen. Doch umgesetzt ist das bislang nicht.

„Die Politik hat sich viel zu spät Gedanken darüber gemacht, was man mit diesem alten Kanal machen könnte, so dass er den Bedürfnissen der Bürger wieder entspricht“, sagt Kommunikationsforscher Pöhls. Ein guter Ansatz war aus seiner Sicht die Einrichtung der Behördenrufnummer 115, mit der Bürger einen direkten Draht zu den Kommunen haben und vor allem Verwaltungsfragen zu Reisepass, Wohnung oder Auto stellen können. Doch am Ende sei auch diese Maßnahme angesichts der rasant fortschreitenden Digitalisierung zu spät. „Die Nutzungsdaten sind lächerlich“, sagt Pöhls, „und die Nummer ist gar nicht flächendeckend in allen Ländern eingerichtet“.

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Und haben die beiden Frauen von der Auskunft , denn keine Angst, dass ihr Job in der Zukunft überflüssig wird? „Die Menschen verlassen sich seit jeher auf die Auskunft. Das wird sich nicht ändern“, sagt die Telefonistin der 11880. Und auch die Dame der 11883 hat da keinerlei Bedenken: „Außerdem ist in der heutigen Zeit kaum noch ein Job sicher.“

Auch die Telekom hat nach Möglichkeiten gesucht, um die Auskunft wieder attraktiver zu machen. „Es wurden diverse neue Angebote wie Hotel-, Mietwagen- oder Gastankstellensuchen getestet, die sich aber wirtschaftlich nicht abbilden ließen“, heißt es. Die klassische Telefonauskunft wird den Menschen trotzdem noch eine Weile erhalten bleiben. Wenn Sie also künftig mal unterwegs sind, dringend etwas suchen, aber leider kein Internet empfangen – die Telefonauskunft kann Ihnen in der Not weiterhelfen.

Themen: Telefonieren
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