10.04.2023, 10:20 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Mit der Warnung „Helfen Sie Ihrem Nachbarn, aber nicht dem Betrüger“ wendet sich das Landeskriminalamt Berlin immer mal wieder an die Bürger. Grund für die Warnung ist eine Masche von Betrügern, die Sie am Ende teuer zu stehen kommen kann.
Jeder kennt die Situation: Rund ums Jahr, vermehrt auch um Feiertage herum, versuchen Postboten, bestellte Waren auszuliefern. Nicht immer treffen sie den Empfänger aber selbst an. Daher hat sicherlich schon jeder einmal ein Paket für seinen Nachbarn entgegengenommen oder irgendwo im Haus eine Sendung abgeholt, die jemand anders netterweise entgegengenommen hat. Die Annahme sollte jedoch gut überlegt sein, wie eine Betrugsmasche nahelegt.
Ausgabe der Pakete an Unbekannte
Wenn Ihnen der Nachbar, für den das Paket bestimmt ist, persönlich bekannt ist, wird er sich über Ihre Hilfsbereitschaft freuen und Ihnen dankbar sein, dass Sie sein Paket stellvertretend entgegengenommen haben. Doch nutzen Betrüger diese Freundlichkeit auch gern aus. Dabei gehen sie wie folgt vor:
- Die Betrüger beschriften ungenutzte Briefkästen mit dem jeweiligen Bestellnamen. In einem Fall (siehe unten) werden sogar die Identitäten von realen Nachbarn missbraucht.
- Die Straftäter bestellen im Internet unter fremden oder geklauten Namen und geben eine Lieferanschrift an, unter der sie nicht wohnhaft sind.
- Jetzt kommen Sie als Nachbar ins Spiel und nehmen die Pakete für den Empfänger an.
- Die Betrüger „fischen“ nun die Zustellkarte aus dem entsprechenden Briefkasten heraus.
- Meist klingeln junge Männer als „Abholer“ bei Ihnen an der Tür und verlangen die Herausgabe des Pakets. Dabei sind die Argumente sehr fantasiereich. Die Polizei berichtet von verschiedenen Ausreden. Etwa sei man „ein Verwandter des Abholers“, „der Besteller aktuell im Urlaub“ oder „frisch eingezogen“.
Da Sie das Paket angenommen haben, sind Sie auch für den Inhalt verantwortlich. Und bezahlen die Betrüger das Bestellte nicht, was Teil der Masche ist, so müssen Sie im Zweifel für den Schaden aufkommen.
Auch interessant: Achtung vor gefälschten Paket-Benachrichtigungen!
Empfehlung von TECHBOOK
Nehmen Sie keine Pakete für Personen an, die Sie nicht kennen! Und geben Sie die Pakete bei Fremden nur nach Vorzeigen eines amtlichen Lichtbildausweises heraus. Notieren Sie die wichtigsten Daten (Adresse, Ausweisnummer, Zeit und Aussehen des Abholers), um später die Weitergabe beweisen zu können.
Sechs Paar Schuhe auf den Namen des Nachbarn
Zwei Beispiele von Lesern, die sich an TECHBOOK gewandt haben, zeigen das Vorgehen der Betrüger. Bernd S. aus Berlin bekam sechs hochwertige Markenschuhe von Boss zugeschickt. Bestellt wurde die Ware im Wert von rund 500 Euro auf Rechnung. Da S. zum Zeitpunkt der Lieferung nicht zu Hause war, nahm die Nachbarin das Paket an. Bevor die Betrüger zuschlagen konnten, hat Bernd S. jedoch seinen Briefkasten geleert. Die Zustellbenachrichtigung konnte er also abfangen, bevor die Betrüger sie ergattern konnten. Er holte die unbekannte Ware bei der Nachbarin ab und wendete so größeren Schaden ab. Die Nachfrage beim Händler ergab, dass sogar extra eine E-Mail-Adresse auf seinen Namen beim Mail-Dienst Web.de angelegt wurde. Er sendete die Schuhe zurück und das Unternehmen sah entsprechend von weiteren Maßnahmen ab.
Betrugsopfer Florian D. kam weniger glimpflich davon. Er bemerkte nichts von dem Betrug, bis ein Brief eines Inkasso-Büros bei ihm im Briefkasten landete. Anscheinend wurde eine Lieferung auf seinen Namen beim Nachbarn abgeholt – jedoch nicht von D. persönlich. Die zugehörige Rechnung wurde ebenfalls nicht beglichen, weshalb der Online-Händler das Inkasso-Unternehmen einschaltete. Florian D. brachte den Fall bei der Polizei zur Anzeige.
Sie als Nachbar könnten für den Verlust haften
Größtes Problem bei der Masche: Der Online-Shop hat durch den Paketdienst Ihre Unterschrift als Empfangsbestätigung erhalten. Für etwaige zivilrechtliche Ansprüche sind Sie der letzte namentlich bekannte und nachvollziehbare Empfänger des Pakets. Eventuell kann der Online-Händler den Schaden Ihnen gegenüber geltend machen.
In den vergangenen Jahren ist es nach Angaben des Berliner LKA zu einem Anstieg dieser Betrugsmasche gekommen. Die Empfehlung der Polizei: „Bleiben Sie bei aller Nachbarschaftshilfe und Freundlichkeit misstrauisch, achten Sie auf zusätzlich angebrachte Namen an Hausbriefkästen oder leeren Wohnungen und informieren Sie bei Auffälligkeiten die Polizei oder Ihre Hausverwaltung.“