20. Juli 2018, 16:20 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten
Carsharing ist mittlerweile eine echte Alternative zum eigenen Privatauto. Was Sie vor dem Umstieg wissen müssen, welche Anbieter es gibt und wer im Schadenfall haften muss, erfahren Sie in unserer großen Übersicht.
Carsharing wird vielerorts als Zukunft der Mobilität angesehen. Die modernen Autos sind auf Abruf bereit und stehen an fast jeder Straßenecke zum sofortigen Losfahren bereit. TECHBOOK hat für Sie zusammengefasst, was vor Antritt einer Mitgliedschaft wichtig ist.
Welche Vorteile bietet Carsharing?
Carsharing bringt eine ganze Reihe von Vorteilen mit sich. Allem voran bietet es den Vorzug eines privaten Autos ohne die Kosten und Verantwortungen, die der Besitz eines Autos erfordert. Anstatt ein oder mehrere Autos die meiste Zeit vor der Haustür zu parken, können Carsharing-Autos genau dann in Anspruch genommen, wenn sie benötigt werden. Im Prinzip handelt es sich um eine Kurzzeit-Autovermietung, die jedoch im Vergleich zu einer richtigen Vermietung nicht durch Öffnungszeiten beschränkt ist und bei der Sie für Reservierung, Abholung und Abgabe selbst verantwortlich sind. Trotzdem müssen Sie sich wie bei einem Mietauto üblich nicht um laufende Kosten wie Versicherung, Plaketten und vor allem Wartung kümmern.
Darüber hinaus sind auch die Spritkosten, die bei einem normalen Mietauto zusätzlich entstehen, inbegriffen. Das heißt, dass beim Carsharing auch wirklich nur für die Zeit oder Strecke gezahlt wird, die man tatsächlich unterwegs ist. Dadurch dass der Preis direkt nach der Fahrt in einer Mail oder über die App einsehbar sind, muss der Fahrer sich keine Sorgen über versteckte Kosten machen. Die einzigen Zusatzkosten entfallen auf die Anmeldegebühr, die in Deutschland je nach Anbieter zwischen 9-29 Euro beträgt. Oft gibt es aber Aktionen, bei welchen die Anmeldekosten reduziert werden oder der Gegenwert der Gebühr als Freifahrtminuten gutgeschrieben wird.
Sind Carsharing-Fahrten teuer als ein eigenes Auto?
Ob Carsharing für Sie persönlich sinnvoll ist, hängt davon ab, was für ein Fahrverhalten Sie haben. Wenn Sie Vielfahrer oder Berufspendler mit über 20.000 Kilometern pro Jahr sind, lohnt sich eher ein eigenes Auto. Wenn Sie weniger fahren, kann sich Carsharing je nachdem, welchen Anbieter sie wählen, bereits lohnen. Unter 10.000 Kilometern pro Jahr ist Carsharing auf jeden Fall eine gangbare Alternative zum eigenen Auto.
Laut der Wirtschaftswoche fährt nur die Hälfte der Bundesbürger mehr als 10.000 Kilometer im Jahr und nur 28 Prozent mehr als 150.000 Kilometer. Je weniger Sie fahren, desto rentabler ist es, auf Carsharing zu setzen, da laufende Kosten wegfallen. Man sollte jedoch vor Augen haben, dass Carsharing bislang nur in Großstädten verfügbar ist. Auf dem Land ist das eigene Auto daher immer noch unersetzlich.
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Wo finde ich Carsharing-Autos?
Das hängt davon ab, ob Sie einen stationsgebundenen oder stationsungebundenen Anbieter wählen. Stationsgebundene Anbieter wie Flinkster stellen die Carsharing-Fahrzeuge nur an festen Stationen zur Verfügung, an welchen die Fahrt startet und auch wieder beendet werden muss. Einen Stationsfinder bietet Flinkster praktischerweise auf dieser Seite an. Mit stationsungebundenen oder „Free-Floating“ Anbietern wie DriveNow und Car2go sind Sie bei der Abholung und Abgabe nur auf das jeweilige Geschäftsgebiet der Stadt beschränkt, in der die Buchung stattfinden soll. Das bedeutet, dass Sie über einen Stadtplan in der App einsehen können, wo welches Fahrzeug geparkt ist. Aktivieren Sie die GPS-Ortung, zeigt die App an, welches Fahrzeug am nächsten ist und sie können eine Reservierung starten. Nachdem die Fahrt beendet wurde, können Sie das Auto einfach irgendwo innerhalb des Geschäftsgebiets wieder abstellen und die Buchung beenden. Das Geschäftsgebiet ist bei den Free-Floating-Autos im Navigationssystem auf der Karte eingezeichnet, zudem erhalten Sie eine Meldung im Display, sollten Sie das Gebiet einmal verlassen. Die Buchung kann immer nur in dem Geschäftsgebiet beendet werden, in dem sie auch gestartet wurde.
Wie öffne ich das Fahrzeug – muss ich vorher einen Schlüssel abholen?
Je nach Anbieter und Mietart unterscheidet sich der Weg, auf welchem der Autoschlüssel zu Ihnen gelangt. Bei Carsharing-Autos ohne festen Stellplatz brauchen Sie Ihre Mitgliedskarte oder Ihr Smartphone, um die Türen zu öffnen. Entweder wird die Karte auf den Scanner in der Windschutzscheibe gelegt oder der Code, der vom Auto angezeigt wird, ins Smartphone eingetippt. Danach entsperrt das Auto und Sie können einsteigen. Bei einigen Anbietern wie etwa Drive Now müssen Sie nun Ihre PIN in das Display eingeben und können das Auto dann mit der Start-Stopp-Taste rechts neben dem Lenkrad an- und ausschalten. Andere Anbieter wie Car2go verstauen den Schlüssel in einer Halterung, die sich oft im Handschuhfach befindet. Nach der Nutzung muss der Schlüssel wieder in die Halterung zurückgelegt werden, damit die Buchung beendet wird.
Bei einigen Carsharing-Anbietern mit feste Stationen, an welchen die Autos abgeholt und abgeliefert werden müssen, finden Sie den Autoschlüssel in einem Safe, der per Code oder Extraschlüssel geöffnet wird.
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Darf ich mit dem Carsharing-Auto ins Ausland fahren?
Die Antwort ist: Jein. Mit stationsungebundenen Autos von Anbietern wie DriveNow und car2go dürfen Sie nur in den Ländern unterwegs sein, in welchen die Buchung abgeschlossen wird. Fahren Sie dennoch mit einem Auto dieser Anbieter ins Ausland, erhalten Sie eine Geldstrafe. Zwar dürfen die Autos für Überlandfahrten in andere Städte innerhalb desselben Landes benutzt werden, müssen aber auch dann immer wieder in der Ursprungsstadt wieder geparkt werden. Das heißt, dass für das Parken in einer anderen Stadt oder Ort der Parktarif fällig wird, da die Buchung nicht beendet werden kann. Das gilt übrigens für alle Länder, in welchen DriveNow und Car2go zur Verfügung stehen.
Anders sieht die Situation mit stationsgebundenen Fahrzeugen aus. Anbieter wie Flinkster bieten explizit Fahrten ins europäische Ausland an, die jedoch vorher mit der Servicezentrale abgesprochen werden müssen.
Was ist, wenn ich Schäden am Auto entdecke?
In den Geschäftsbedingungen der Carsharing-Anbieter sind fast immer Paragraphen vorhanden, die die Mitglieder dazu verpflichten, die Fahrzeuge vor Inbetriebnahme auf Mängel zu untersuchen. Sie sollten also in jedem Fall vor Fahrteintritt einmal um das Auto herumlaufen und nach oberflächlichen Schäden schauen. Wenn Sie etwas entdecken, sollten Sie unbedingt sofort mit dem Kundenservice des jeweiligen Anbieters in Kontakt treten, um den Schaden zu melden. Tun Sie dies nicht und treten die Fahrt an, gilt das Fahrzeug als schadensfrei, abgesehen natürlich von den Schäden, die bereits gemeldet wurden. Sollte nun dem Anbieter oder einem anderen Mieter der Schaden auffallen und gemeldet werden, können Sie in Haftung genommen werden, wenn Sie nicht Ihre Unschuld beweisen können. Gehen Sie daher vor dem Losfahren lieber auf Nummer sicher und kontrollieren Sie das Auto schnell.
Die AGB der drei größten Carsharing-Anbieter finden Sie hier:
https://www.car2go.com/media/data/germany/legal-documents/de-de-terms-and-conditions.pdf
Darf eine andere Person mit dem Auto fahren?
Auch in diesem Punkt unterscheiden sich stationsgebundene und stationsungebundene Anbieter. Bei Flinkster dürfen sie beispielsweise eine andere Person fahren lassen, wenn Sie sich vergewissert haben, dass diese über einen gültigen Führerschein verfügt und fahrtüchtig ist. Bei DriveNow und Car2go ist es verboten, jemand anderen fahren zu lassen, selbst wenn dieser selbst über eine Mitgliedschaft beim jeweiligen Anbieter verfügen sollte. In den AGB von DriveNow steht sogar explizit, dass sich Fahrer, die kein Kunde sind und unerlaubt fahren, wegen Diebstahls haftbar gemacht werden können. Laut einer Anfrage der Stiftung Wartentest erlaubt DriveNow jedoch, dass andere Personen in Notfällen, wie beispielsweise bei Übelkeit des Fahrers, das Steuer übernehmen dürfen.
Wer haftet bei einem Unfall?
Als Mitglied eines gewerblichen Carsharing-Clubs ist man normalerweise über das Unternehmen versichert. Die Versicherung umfasst Haftpflicht, Teilkasko und Vollkasko und stellt sicher, dass durch Unfälle entstandene Schäden übernommen werden. Dabei ist wichtig, dass der Versicherungsschutz bei den meisten Anbietern nur für den Inhaber der Carsharing-Mitgliedschaft gilt, der die Buchung durchgeführt hat. Eine Ausnahme ist z.B. Flinkster, bei dem auch eine Zweitperson fahren darf.
Es gibt jedoch bei allen Anbietern standardmäßig eine Selbstbeteiligung, deren Höhe in einigen Fällen nicht unerheblich ist:
Selbstbeteiligung bei den drei größten deutschen Carsharing-Anbietern (Stand: 20. Juli 2018):
Car2go: 500 Euro für Smarts, 1000 Euro für Mercedes
DriveNow: 350 Euro
Flinkster: 500 Euro
Bei grob fahrlässigem Fahrverhalten, das zu einem Unfall führt, kann die Selbstbeteiligung jedoch auch die in den AGB festgelegten Beträge überschreiten.
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Was bringt ein Carsharing-Fahrzeug ökologisch?
Carsharing hat im Vergleich zum Privatauto eine Reihe von ökologischen Vorteilen. Nicht nur kann ein einzelnes Carsharing-Fahrzeug zwischen vier bis acht Privatautos ersetzen, wodurch eine Menge Parkplätze frei werden und weniger Autos hergestellt werden müssen. Sie sind auch wesentlich häufiger in Benutzung, während das eigene Auto die meiste Zeit vor der Haustür geparkt ist. Wird das eigene Auto zugunsten einer Carsharing-Mitgliedschaft aufgegeben, haben Menschen, die sonst weniger wichtige Fahrten mit dem Auto gemacht hätten, zudem mehr Anreiz auf andere Verkehrsmittel wie Fahrrad oder ÖPNV auszuweichen. Denn bei einem Carsharing-Auto hat man im Gegensatz zum PKW nie das Gefühl, dass es auch mal gefahren werden müsse, damit sich die Fixkosten lohnen.
Letztendlich entstehen durch weniger Autos auf den Straßen weniger Staus und durch mehr freie Stellplätze wird die Parkplatzsuche deutlich einfacher und schneller. Doch das ist noch nicht alles. Die überwiegende Mehrzahl der in Privatbesitz befindlichen Fahrzeuge ist um einiges älter als die immer auf recht neuem Stand gehaltenen Carsharing-Flotten. Der CO2-Ausstoss bei den neueren Carsharing-Fahrzeugen ist laut Bundesverband CarSharing um 16 Prozent niedriger als bei privaten Autos. Hinzu kommt, dass über Carsharing auch Elektroautos gefahren werden können, die durch ihre bislang restriktiven Preise den meisten Menschen noch zu teuer in der Anschaffung sind.